Lebensqualität erhöhen: Verkehrsberuhigte Wohnstraßen und leistungsfähige Hauptverkehrsachsen (Antrag der SPD-, CDU- und FDP-Fraktion)
Hamburg-Mitte ist der zentrale Bezirk von Hamburg: Hier befinden sich die meisten Unternehmen und Arbeitsplätze der Stadt. Dies führt selbstredend zu großen Herausforderungen im Bereich der Mobilität, die hier bewältigt werden müssen.
In unserem Bezirk wohnen rund 300.000 Menschen, gleichzeitig sind hier nur etwa 75.000 private Fahrzeuge zugelassen. Der Großteil des Verkehrsaufkommens in Hamburg-Mitte entspringt also nicht aus den Privathaushalten unseres Bezirks. Vielmehr zeigt sich deutlich, dass der Großteil des Verkehrsaufkommens von Wirtschaftsverkehr geprägt ist und von Verkehr durch Pendlerinnen und Pendler, der seinen Ursprung nicht in unserem Bezirk hat. Das liegt insbesondere an der Lage unseres Bezirks: Auch wenn man von Altona nach Bergedorf möchte, fährt man durch Hamburg-Mitte.
Der Ausbau von Strecken mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h wird gesellschaftlich seit jeher ausführlich diskutiert. Im Grundsatz geht der Gesetzgeber innerorts von einer Regelgeschwindigkeit von 50 km/h aus. Dennoch zeigt sich deutlich, dass sog. Tempo-30-Strecken und -Zonen an vielen Stellen zu einer Verbesserung der verkehrlichen Situation führen können, gerade in Wohngebieten. Nicht nur aufgrund der dadurch steigenden Verkehrssicherheit ist eine solche Begrenzung in den Wohnquartieren sinnvoll. Entscheidend ist jedoch auch die steigende Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner unserer Wohnquartiere: Tempo-30-Zonen führen nachweislich zu einer steigenden Lebensqualität in unseren Stadtteilen, da hierdurch Emissionen wie Lärm oder auch Belastungen der Luft verringert werden können.
Eine Entspannung in den Wohnquartieren erreichen wir jedoch nur, wenn die Hauptverkehrsachsen und Vorbehaltsstraßen in Hamburg-Mitte leistungsfähig bleiben. Hamburg wächst seit Jahren – und auch zukünftig ist von einem weiteren Wachstum auszugehen: So werden jedes Jahr 10.000 neue Wohnungen gebaut und viele neue Jobs geschaffen. All dies braucht neben einem massiven Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und innovativen Mobilitätskonzepten einen schnell abfließenden Verkehr auf unseren Straßen.
Daher setzen wir uns dafür ein, Anwohnende in den Wohnquartieren weiter zu entlasten und abseits der Hauptverkehrs- und Vorbehaltsstraßen Tempo 30 auszubauen. Gleichzeitig müssen die Hauptverkehrsachsen leistungsfähig bleiben, um so auch Ausweichverkehre in die Quartiere zu verhindern und die Verkehrsströme zu bündeln.
Die rechtliche Handhabe ist dabei bislang zu eingeschränkt: Möglichkeiten zur Einrichtung von Tempo-30-Strecken ergeben sich nach der Novellierung der StVO gemäß § 45 Abs. 9 StVO insbesondere vor sozialen Einrichtungen, wie etwa vor Kitas, Pflegeheimen oder Krankenhäusern. Laut der von der Behörde für Inneres und Sport erlassenen „Hamburger Richtlinie zur Anordnung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen“ ist von der Anordnung von Tempo 30 regelmäßig abzusehen, sofern in der Straße zwischen sieben und acht Uhr morgens sechs oder mehr Busse pro Richtung fahren. Diese Einschränkung in der Richtlinie ist allerdings zu starr: Sie verhindert die Anordnung von sinnvollen Tempo-30-Strecken, obwohl eine Einschränkung des ÖPNV nicht zu erwarten ist. Das wollen und müssen wir ändern.
Die neue Anordnung von Tempo-30-Strecken und -Zonen soll schließlich auch nicht dazu führen, dass Fußgängerüberwege – sogenannte Zebrastreifen – pauschal entfernt werden: Zur Erhöhung der Verkehrssicherheit ist es im Einzelfall auch in solchen Bereichen sinnvoll, Fußgängerüberwege beizubehalten.
Daher setzen wir uns für eine einfache und klare Regelung, die auf die Bedürfnisse der Menschen in den Wohnquartieren Rücksicht nimmt, ein. Wir wollen die Lebensqualität für die Anwohnerinnen und Anwohner – aber auch für die Pendlerinnen und Pendler, die durch unseren Bezirk fahren – spürbar erhöhen.
Vor diesem Hintergrund möge die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte beschließen:
1. Die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte spricht sich für einen Ausbau von Tempo-30-Zonen und -Strecken abseits der Hauptverkehrsachsen im Bezirk Hamburg-Mitte aus. Das Bezirksamt wird im Rahmen ihrer Zuständigkeit gebeten, in Wohnstraßen und auf anderen Bezirksstraßen Tempo 30 anzuordnen.
2. Gleichzeitig spricht sich die Bezirksversammlung neben der Priorisierung des öffentlichen Nahverkehrs auch für einen schnell abfließenden Verkehr aus und setzt sich für Tempo 50 tagsüber auf allen Hauptverkehrsstraßen ein. Die Einrichtung von Abschnitten mit Tempo 30 in den Nachtstunden zum Zwecke der Lärmreduktion bleibt davon unberührt.
3. Das Bezirksamt wird ferner gebeten sich bei den zuständigen Stellen dafür einzusetzen, dass die rechtlichen Voraussetzungen zur Anordnung von Tempo 30 in den Wohnquartieren und vor sozialen Einrichtungen wie Kitas, Schulen und Pflegeheimen vereinfacht werden. Dazu ist etwa die „Hamburger Richtlinie zur Anordnung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen“ so zu ändern, dass die Anordnung von Tempo-30-Strecken und Zonen vor den genannten Einrichtungen trotz verstärkten Busverkehrs in der Regel möglich wird.
4. Zudem wird das Bezirksamt gebeten sich dafür einzusetzen, dass die Anordnung von Fußgängerüberwegen („Zebrastreifen“) auch im Bereich von Tempo-30-Strecken und -Zonen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit möglich bleibt und nicht pauschal abgelehnt wird. Es ist von den zuständigen Stellen stets im Einzelfall zu prüfen, ob ein Fußgängerüberweg trotz einer etwaigen niedrigeren Geschwindigkeitsanordnung nicht weiterhin sinnvoll ist. Insoweit ist von der Regelausnahme in den einschlägigen Vorschriften Gebrauch zu machen.
5. Ferner werden die zuständigen Stellen – das Bezirksamt, die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation sowie die Behörde für Inneres und Sport – gebeten, den Ausschuss für Mobilität und/oder die Regionalausschüsse bei der Prüfung neu anzuordnender Bereiche mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 30 im Bezirk Hamburg-Mitte frühzeitig einzubinden und gerade im Hinblick auf Vorschläge zu konkreten Strecken rechtzeitig anzuhören.