Kein Abriss bezahlbaren Wohnraums für 100 Prozent Eigentumswohnungen ohne Sozialausgleich! (Antrag der SPD-Fraktion)
Letzte Beratung: 06.08.2019 Hauptausschuss Ö 8.3
Die Freie und Hansestadt Hamburg hat seit 2011 gemeinsam mit seinen sieben Bezirken ein in der Bundesrepublik Deutschland beispielloses Engagement für bezahlbaren Wohnraum aufgebracht. Der Vertrag für Hamburg ist ein Erfolgsmodell: Stadt und Private verpflichten sich gegenseitig zum Bau von mehr bezahlbaren und durch Drittelmix durchmischten Wohnraum in der Stadt. Neben der Zusage von effizienter sowie unterstützender Bearbeitung von Bauanträgen und Bebauungsplanverfahren seitens der Stadt, nehmen private Vorhabenträger eine stärkere soziale Verantwortung in den Quartieren bei Bauprojekten wahr. Zu dieser Verantwortung gehört insbesondere auch der angemessene, faire und anständige Umgang mit ihren Mieterinnen und Mietern.
Die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte nimmt jedoch mit großem Bedauern zur Kenntnis, dass es, trotz des stadtgesellschaftlichen Konsenses zum Wohnungsneubau in Hamburg, immer wieder Eigentümern gibt, die sich hierbei jeglicher Verantwortung für Ihre Bestandsmieterinnen und -mieter entledigen und Profitmaximierung zum Leitgedanken ihres Handelns machen. Die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte hat in mehreren Fällen stets auf einen Interessensausgleich gesetzt, sowie auf die Einbindung in eine Quartiersentwicklung und einen angemessenen, fairen und anständigen Umgang mit Mieterinnen und Mietern bestanden. Wir wollen für die Menschen in unserem Bezirk eine gute Sozialraumentwicklung gestalten, für einen lebens- und liebenswerten Bezirk Hamburg-Mitte. Wir lehnen Bauprojekte ohne soziale Verantwortung ab. Wir stehen für den Schutz von Mieterinnen und Mietern und lehnen Vorhaben, die bewusst Verdrängung fördern, im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten ab.
Nicht nur Szene-Stadtteile, die heute bereits durch soziale Erhaltensverordnungen weitgehend geschützt werden können, sind von solchen Szenarien betroffen, sondern zunehmend auch andere Wohn-Stadtteile wie Hamm. Bei dem Bauvorhaben in der Eiffestraße 606A haben wir ein ähnliches Szenario. Hier wollen private Eigentümer bezahlbare Mietwohnungen abreißen und hochpreisigen Eigentumswohnungsbau (ab ca. 5.000€ den Quadratmeter) realisieren - für die Bestandsmieterinnen und -mieter ohne Umzugshilfen, ohne Ausgleich mit bezahlbaren Ersatzwohnraum, ohne Rückkehrrecht und ohne angemessenen finanziellen Ausgleich. Die Wahrnehmung von Verantwortung sieht anders aus! Ein angemessener Umgang und faire Angebote sehen anders aus!
Vermittlungsgespräche seitens der Bezirkspolitik sind seit mehr als einem Jahr zu keinem Ergebnis gekommen. Mündlich geäußerte Zusagen fanden sich in schriftlichen Angeboten nicht wieder. Statt wie vereinbart gemeinsame Gespräche über den Sommer weiterzuführen, ergehen nun einseitige Kündigungsschreiben. Statt eines Interessenausgleichs werden die verbliebenen Mietparteien unter Druck gesetzt, indem sich weniger um das Objekt gekümmert wird, vorzeitig Garagen abgerissen werden, Küchen- und Badeinrichtungen, Bodenbeläge und Wohnungsdecken teilweise beschädigt oder entfernt und Gutachter beauftragt wurden, das Objekt als vermeintlich baufällig zu betiteln, um einen Abriss und Kündigungen besser rechtfertigen zu können.
In den Kündigungsschreiben an die Mietparteien ist die Rede davon, dass „nunmehr auch die Abbruchgenehmigung für das alte Gebäude“ vorliege. Dies ist insofern sachlich falsch, als dass der Abriss unter Rechtswirksamkeitsvorbehalt steht.
Die Botschaft an die Mietparteien könnte jedoch klarer nicht sein: Man will sie nicht hier. Hier soll „entmietet“ werden.
Die Zerstörung von bezahlbarem Wohnraum für langjährige Bestandsmieterinnen und -mieter in der Eiffestraße 606A und die Schaffung von Eigentumswohnungen ab ca. 5.000€ den Quadratmeter erhöht weiter den Druck auf unsere Wohn-Quartiere und führt zur Verdrängung von Anwohnerinnen und Anwohnern. Das öffentliche Interesse am Erhalt von bewohnbarem und bezahlbarem Wohnraum steht über den Verwertungsinteressen von Privateigentümern. Aus diesem Grund müssen sämtliche zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel geprüft und angewendet werden, die zum Schutz der Bewohner geeignet sind – beispielsweise die Regelungen des Hamburger Wohnraumschutzgesetzes.
Eine soziale Erhaltensverordnung, die die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen verhindern würde, liegt derzeit in Hamm nicht vor. Die Bezirksversammlung hatte die Verwaltung bereits in 2015 zur Prüfung der Umsetzung dieses Instruments beauftragt. Das zweijährige Monitoring wies bereits einen steigenden Verdrängungsdruck insbesondere aufgrund überdurchschnittlicher Preissteigerungen bei Angebotsmieten und Verkäufen nach. Jedoch wurde zu dem Zeitpunkt nicht klar, ob es sich um Trends oder Schwankungsbreiten handelte. Es ist nun erneut fachlich zu überprüfen, ob es sich bei dem beschriebenen Vorhaben um einen Einzelfall handelt oder ob sich der allgemeine Handlungsdruck insofern erhöht hat, dass die Einführung einer Erhaltensverordnung nun gerechtfertigt erscheint.
Für die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte ist klar: Wir stehen auch weiterhin für Wohnungsneubau, Nachverdichtung und Modernisierung als Instrumente, um den Anstieg der Mieten in Hamburg langfristig zu bekämpfen. In diesem Sinne unterstützen wir, wo immer es sinnvoll erscheint, Befreiungen vom Planrecht, die ein Mehr an Wohnungsbau – im besten Falle im bezahlbaren Sektor – ermöglichen. Klar ist aber auch, dass wir ein solches Vorhaben wie in der Eiffestraße 606A nicht unterstützen, wenn es auf dem Rücken der Bestandsmieter ausgetragen werden soll.
Vor diesem Hintergrund möge der Hauptausschuss der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte beschließen:
vereinbart werden. Ferner ist dabei zu berücksichtigen, dass Umzugshilfen gestellt und ein
angemessener finanzieller Ausgleich für Wohndauer und Investitionen seitens der Mietparteien im Objekt erfolgt.
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