22-1107

Gemeinsamer Antrag der Abgeordneten Benizar Gündogdu (SPD), Mehmet Kizil (SPD), Markus Sass (SPD), Arne Thomsen (SPD) und Dennis Wacker (SPD) betr. Denkmal für Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter im Bezirk Harburg - Würdigung, Sichtbarmachung und Beteiligung

Gemeinsamer Antrag

Sachverhalt

Harburg wurde durch Hafen, Industrie, Handwerk und Dienstleistungen über Jahrzehnte maßgeblich vom Einsatz und der Lebensleistung migrantischer Arbeitskräfte geprägt.

Ab den 1950er- und 1960er-Jahren kamen im Rahmen der sogenannten Anwerbeabkommen hunderttausende Menschen aus Südeuropa, der Türkei und Nordafrika nach Deutschland, auch nach Harburg. Sie arbeiteten in Werften, Fabriken, Reinigungsbetrieben, in der Pflege und Gastronomie. Ihre Arbeit, oft unter schwierigen Bedingungen und fern der Heimat, bildete eine tragende Säule des wirtschaftlichen Aufschwungs.

Viele dieser Männer und Frauen litten unter Diskriminierung, Heimweh und beengten Lebensverhältnissen und fanden dennoch Wege, sich ein neues Zuhause zu schaffen. Sie gründeten Familien, engagierten sich in Vereinen, eröffneten Geschäfte und prägten mit ihrer Kultur und Vielfalt den Bezirk.

Bis heute existiert in Hamburg kein Denkmal, das die Leistungen und Erfahrungen der Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter würdigt. Dabei gehört ihre Geschichte untrennbar zur Identität der Stadt und des Bezirks.

Ein solches Denkmal soll:

  • die Arbeits- und Lebensbedingungen der ersten Generation sichtbar machen,
  • sowohl die Schmerzpunkte (Heimweh, Diskriminierung, Trennung) als auch die positiven Aspekte (Neuanfang, Zusammenhalt, Vielfalt, Zukunft der Kinder) ausdrücken,
  • und einen Ort der Anerkennung, Bildung und Begegnung schaffen.

Beispiele aus anderen Städten belegen den gesellschaftlichen und kulturellen Wert solcher Projekte:

  • In Fürth (2021) wurde eine Stele mit Inschrift und einem Kastanienbaum als Symbol des „Einwanderns“ errichtet – ein Denkmal des Dankes und der Integration.
  • In Dortmund (seit 2021) läuft ein offener Kunstwettbewerb mit starker Bürgerbeteiligung. Dort entstehen eine Bodeninstallation („Arbayt“) und ein „Mosaik der Identitäten“ – künstlerisch moderne Formen der Erinnerung. (Denkmal für Gastarbeiter*innen | dortmund.de)
  • In Berlin-Friedrichshain-Kreuzberg (2024) hat die Bezirksverordnetenversammlung die Errichtung eines Gastarbeiter*innen-Denkmals beschlossen, begleitet durch eine partizipative Konzeptphase.

Diese Projekte zeigen, dass offene Wettbewerbe mit Jurybeteiligung und Beteiligung der migrantischen Communities zu hoher Identifikation und künstlerischer Qualität führen.

Harburg, als industriell geprägter und vielfältiger Bezirk, eignet sich in besonderer Weise, diesen Schritt zu gehen und mit einem Denkmal ein dauerhaftes Zeichen von Dankbarkeit, Respekt und Zusammenhalt zu setzen.


Petitum/Beschluss

Die Bezirksversammlung Harburg möge beschließen:

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, die Errichtung eines Denkmals für Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter im Bezirk Harburg zu initiieren.
  2. Das Denkmal soll:
    • die Arbeits- und Lebensleistung der Gastarbeitergeneration würdigen,
    • ihre Erfahrungen von Arbeit, Entbehrung, Heimweh, Diskriminierung, Hoffnung und Vielfalt künstlerisch sichtbar machen,
    • und als öffentlicher Ort der Begegnung, Bildung und des Respekts gestaltet werden.
  3. Zur Umsetzung wird ein offener künstlerischer Wettbewerb ausgeschrieben.
    • Der Wettbewerb wird durch eine unabhängige Jury begleitet.
    • Die Jury soll sich zusammensetzen aus Vertreterinnen des Bezirksamts, der Bezirksversammlung, des Integrationsrats, Fachjurorinnen (Kunst / Migrationsgeschichte) sowie Vertreterinnen zivilgesellschaftlicher Migrantinnenorganisationen.
  4. Das Bezirksamt prüft geeignete Standorte im Bezirk Harburg, insbesondere Orte mit historischem Bezug zur Arbeitsmigration (z. B. Binnenhafen, Harburger Rathausumfeld, Phoenix-Viertel, Neuenfelde).
  5. Die Ausschreibung soll Beteiligungsformate vorsehen, etwa Erzählcafés, Zeitzeugengespräche oder Schulprojekte, deren Ergebnisse den teilnehmenden Künstler*innen als inhaltliche Grundlage dienen.
  6. Das Denkmal soll mehrsprachige Elemente enthalten (z. B. Inschrift, Audio- oder QR-Codes in den Herkunftssprachen), um Zugänglichkeit und Identifikation zu fördern.
  7. Das Bezirksamt wird beauftragt, mögliche Förderquellen (Bund, Land, Stiftungen, Wirtschaft, Gewerkschaften) zu prüfen und ein Finanzierungs- und Umsetzungskonzept vorzulegen.
  8. Über den Stand der Planung, Finanzierung und Standortauswahl ist der Ausschuss für Kultur, und der Ausschuss für Soziales, Integration, Gesundheit und Inklusion zu unterrichten.


Lokalisation Beta
Phoenix-Viertel Neuenfelde

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