Errichtung eines dauerhaften Lern- und Gedenkortes für die im Rahmen des "Euthanasieprogramms" der Nationalsozialisten ermordeten Kinder im ehemaligen Kinderkrankenhaus Rothenburgsort, hier: Beschluss des Hauptausschusses gem. § 15 Abs. 3 BezVG
Letzte Beratung: 17.06.2021 Bezirksversammlung Hamburg-Mitte Ö 4.2
Der Hauptausschuss hat in seiner Sitzung am 01.06.2021 dem nachfolgend aufgeführten Antrag der SPD-, CDU-, FDP-, GRÜNE-Fraktion und Fraktion DIE LINKE Drs. Nr. 22-2001 einstimmig anstelle der Bezirksversammlung zugestimmt.
Im ehemaligen Kinderkrankenhaus Rothenburgsort (Marckmannstraße 129a) sind während der nationalsozialistischen Diktatur in der Zeit von 1940 bis 1945 nach heutigem Kenntnisstand mindestens 126 Kinder zu Tode gekommen. Im Rahmen des „Euthanasieprogramms“ der Nationalsozialisten ermittelte „Reichsausschusskinder“, die eine geistige oder körperliche Behinderung hatten und in der nationalsozialistischen Ideologie als nicht lebenswert galten, wurden in einer eigens dafür eingerichteten „Kinderfachabteilung“ im Krankenhaus ermordet.
Eine Gruppe Interessierter mit historischer Expertise hat sich vor einigen Jahren im Stadtteil zusammengefunden und setzt sich seither dafür ein, dem Gedenken einen angemessenen, dauerhaften Ort zu verschaffen.
An einige der bekannten Schicksale der Kinder erinnern bislang 36 Stolpersteine, die auf dem Bürgersteig vor dem ehemaligen Kinderkrankenhaus liegen. Im November 2019 wurde in unmittelbarer Nähe hierzu auf dem Begleitgrün auf Initiative von Schüler*innen der Stadtteilschule Bergedorf eine temporäre Gedenkstätte in Form eines Kinderbetts mit stilisierten Figuren von Pflegekräften und einer Informationstafel errichtet. Diese wurde über mehrere Monate hinweg von der Bevölkerung ausgesprochen positiv aufgenommen.
Anders, als ursprünglich beabsichtigt, kann ein dauerhafter Gedenkort nicht auf dem Grundstück des ehemaligen Kinderkrankenhauses errichtet werden, da der Eigentümer seine bereits erteilte Zustimmung hierzu zurücknahm.
Mit dem vorliegenden Antrag soll nun ermöglicht werden, dass an der ehemaligen Stelle des temporären ein dauerhafter Gedenkort in angemessener Weise entsteht. Eine Vorprüfung des Fachamts MR hat die grundsätzliche Realisierbarkeit an dieser Stelle ergeben.
Beinhaltet ist hierbei die Herrichtung des Straßenbegleitgrüns auf einer Fläche von 8 x 3 Metern, das sich neben den eingelassenen Stolpersteinen zwischen Gehweg und Straße befindet. Auf der Fläche soll eine Stahlplatte (etwa 170 x 180 cm) aufgestellt werden, in der eine Krankenhausszene abgebildet wird. Daneben sollen drei Stelen mit sechs Texttafeln, auf denen u.a. die Namen der Opfer geschrieben sind, im Boden verankert werden.
Hierdurch soll dem Ort ein würdiger Charakter zukommen. Einen entsprechenden Entwurf hat der im bisherigen Prozess beteiligte Künstler, Wolfgang Wiedey, angefertigt. Die Schaffung eines dauerhaften Gedenkortes für die im Rahmen des „Euthanasieprogramms“ der Nationalsozialisten ermordeten Kinder im ehemaligen Kinderkrankenhaus Rothenburgsort bildet einen wichtigen Bestandteil der Erinnerungskultur in Hamburg-Mitte. Er soll auf einen gewichtigen Aspekt nationalsozialistischer Gräueltaten aufmerksam machen und hat durch seine Form und Einzigartigkeit überregionale Bedeutung.
Vor diesem Hintergrund möge der Hauptausschuss beschließen:
1. Für die Kosten der Planung und Umsetzung des Entwurfs werden dem Künstler Wolfgang Wiedey bis zu 25.000 € aus dem Förderfonds (investiv) der Bezirksversammlung zur Verfügung gestellt.
2. Das Bezirksamt wird darum gebeten, die Genehmigung und Errichtung des Ortes wohlwollend und in enger Abstimmung mit der Interessensgruppe (Mitglieder des Stadtteilrats Rothenburgsort, Bürger:innen aus dem Stadtteil, Künstler, Bürgerschaftsabgeordnete,…) zu begleiten.
3. Die Eingriffe in die Natur sollten bei der Errichtung möglichst gering bleiben. Von Baumfällungen ist abzusehen.
4. Dem Hauptausschuss soll alsbald ein Sachstand zur Umsetzung mitgeteilt werden.
Um Kenntnisnahme wird gebeten.
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