22-1608

Einrichtungen von Ombudsstellen in der Jugendhilfe gem. § 27a Hmb. AG SGB VIII

Vorlage öffentlich

Bera­tungs­reihen­folge
Gremium
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25.01.2021
Sachverhalt

 

1 Anlass und Zielsetzung

Die Empfehlung der Enquete-Kommission „Kinderschutz und Kinderrechte weiter stärken“

(Bürgerschafts-Drs. 21/16000), Ombudsstellen in der Jugendhilfe einzurichten, soll umgesetzt

werden. Es wird vorgeschlagen, auf der Grundlage von § 27a Hmb. AG SGB VIII ehrenamtlich

tätige Ombudspersonen in den Bezirken einzusetzen, die von einer hauptamtlich organisierten

zentralen „Fachstelle Ombudschaft“ umfassend unterstützt werden. Diese Fachstelle wird

durch einen freien Träger betrieben und durch die Sozialbehörde finanziert.

Der JHA wird um Mitwirkung und Zustimmung gebeten.
 

2 Ausgangslage
 

Die Bürgerschaft hat im September 2019 mit den Empfehlungen der Enquete Kommission

„Kinderschutz und Kinderrechte weiter stärken“ (vgl. Drs.21/16000) u.a. auch die Empfehlung

zur Einrichtung von Ombudsstellen in der Jugendhilfe angenommen und den Senat ersucht,

die Einrichtung und Finanzierung entsprechender Stellen zu prüfen (vgl. Drs. 21/18358 und

21/18464).

Mit der Drs. 21/19679 hat der Senat die Bürgerschaft über seine konzeptionellen Überlegungen

zur Einrichtung von Ombudsstellen unterrichtet und es der parlamentarischen Diskussion

und Entscheidung überlassen, ob eine Fachstelle Ombudschaft bei einem freien Träger oder

der Verwaltung (z.B. Sozialbehörde/ÖRA) angebunden werden soll. Die Bürgerschaft hat in

ihrer Sitzung am 28. Oktober 2020 entschieden, die Aufgabe an einen freien Träger zu vergeben.


 

3 Umsetzungsvorschlag
 

Die Bezirksämter und die Sozialbehörde haben in einer AG „Ombudschaft“ auf der Grundlage

der Drs 21/19679 konkrete Verfahrensvorschläge für die Schaffung der Ombudsstellen erarbeitet.

Dabei haben sie sich an den Erfahrungen der Ombudsstelle im Bezirk Hamburg-Mitte

orientiert. Dort sind seit 2015 drei ehrenamtliche Ombudspersonen tätig, die derzeit von einer

Mitarbeiterin des Bezirksamtes unterstützt werden (zukünftig Aufgabe der Fachstelle Ombudschaft).

Im Folgenden wird die Aufgabenwahrnehmung erläutert.

 

3.1 Wer kann sich an die Ombudsstelle wenden – warum Ombudsarbeit?
 

Kinder, Jugendliche und Familien, die Klienten von Diensten der Jugendhilfe sind oder ihre

Einrichtungen nutzen, sollen die Möglichkeit erhalten, sich mit Anliegen und Beschwerden an

eine unabhängige Ombudsstelle zu wenden. Zugrunde liegt die Erfahrung, dass junge Menschen

und ihre Familien in Konfliktfällen gegenüber dem professionellen Helfersystem in der

Jugendhilfe ihre Rechte mangels Kenntnis oder aus anderen Gründen nicht umfassend verwirklichen

können. Dies kann nicht nur dazu führen, dass (Kinder)Rechte nicht verwirklicht

werden, sondern es kann auch eine Belastung der Zusammenarbeit mit dem Jugendamt zur

Folge haben. Klient*innen fühlen sich den Mitarbeiter*innen unterlegen, können kein Vertrauen

fassen und ein Gelingen der Hilfe wird erschwert.
 

Ombudspersonen können als neutrale unabhängige Beteiligte die Rechte der Kinder und Familien

stärken und das Machtungleichgewicht ausgleichen helfen. Die Erfahrungen der Ombudspersonen

in Hamburg-Mitte zeigen, dass eine Reihe von Verfahren bereits dadurch erledigt

werden kann, dass eine unabhängige Person den Klient*innen z.B. das jugendamtliche

Handeln erläutert. Zu einem Teil konnten Vorbehalte durch Gespräche der Ombudsperson mit

den Fachkräften im Jugendamt und den Klient*innen abgebaut werden. Auch die Teilnahme

an Hilfeplangesprächen oder die Beratung zu Aufgaben und Rollen Beteiligter im familiengerichtlichen

Verfahren kommt in Betracht.
 

Zuletzt gingen durchschnittlich 8 Anliegen monatlich bei der Ombudsstelle in Hamburg-Mitte

ein. Die Erkenntnisse aus den Ombudsverfahren können Politik und Verwaltung helfen, Arbeitsprozesse

weiter zu verbessern, z.B. die Beratung. Dazu sollen die Ergebnisse der behandelten

Fälle statistisch ausgewertet werden und in ein jährliches Berichtswesen einfließen. Dieses

kann dann dem JHA und der Verwaltung zur Verfügung gestellt werden.
 

3.2 Die Aufgaben der Ombudspersonen, der Verwaltung und des JHA
 

Vor diesem Hintergrund ist es Aufgabe der Ombudspersonen,

-          Anliegen und Beschwerden von Kindern, Jugendlichen und Personensorgeberechtigten, anzuhören,

-          behördliches Handeln zu erläutern,

-          im Kontakt mit den Fachkräften der Jugendhilfe ein einvernehmliches Ergebnis bei Konflikten zwischen der Familie, dem Jugendamt und freien Trägern zu befördern
 

Keine Aufgabe der Ombudspersonen ist die Rechtsberatung. Hier kann z.B. auf die Angebote

der ÖRA zurückgegriffen werden. Auch können Ombudspersonen bei Streitigkeiten keine eigene

Entscheidung treffen, denn eine solche Rolle sieht das SGB VIII – auch der Reformentwurf

– nicht vor.
 

Ombudspersonen haben keine Anlaufstellen vor Ort im Bezirk. Sie bekommen die Anliegen

und Kontaktdaten von Klient*innen zentral über die Fachstelle Ombudschaft (vgl. u. 3.3). Neben

telefonischen Kontakten oder anderen Medien sollen sie sich mit Klient*innen an geeigneten

Orten treffen können. Das kann ein Raum im Bezirksamt sein, ebenso kommen aber

auch Räume in Einrichtungen der Jugendhilfe in kommunaler oder freier Trägerschaft in Betracht.

Hierfür stellen die Verwaltung bzw. Träger von Einrichtungen eine Ansprechperson zur

Verfügung und benennen in Betracht kommende Objekte (sog. „verlässliche Orte“).
 

Ombudspersonen sollen unabhängig und weisungsungebunden handeln. Mitarbeiter*innen

aus den Jugendämtern oder von freien Trägern der Jugendhilfe kommen wegen der Möglichkeit

einer Interessenkollision grundsätzlich nicht in Betracht. Wie alle Personen, die mit Kindern

und Jugendlichen zusammen arbeiten, müssen Ombudspersonen ein erweitertes Führungszeugnis

vorlegen. Menschen, die über die Fähigkeit verfügen, in Konflikten angemessen

auf die Beteiligten und ihre Anliegen einzugehen und auf eine Lösung hin zu orientieren („soft

skills“), kommen als Ombudspersonen in Betracht. Von Vorteil ist, wenn Ombudspersonen bereits

über Kenntnisse in der Jugendhilfe verfügen. Dies ist aber nicht Bedingung. Für ihr Engagement

erhalten Ombudspersonen eine Aufwandsentschädigung, die von der Fachstelle Ombudschaft

ausgezahlt wird.
 

Die Auswahl von Ombudspersonen sollte gemeinsam durch das Jugendamt und den JHA erfolgen.

Die Ernennung sollte dem JHA obliegen. Dies unterstreicht die Unabhängigkeit und

Weisungsungebundenheit der Ombudspersonen.
 

3.3 Aufgaben der Fachstelle Ombudsschaft
 

Die Fachstelle Ombudschaft führt selbst keine Ombudsverfahren durch. Sie übernimmt zentral

für alle Bezirke die Entgegennahme von Anliegen, erfasst die Daten (Berichtswesen), klärt die

örtliche und sachliche Zuständigkeit und leitet Klient*innen dann an eine Ombudsperson im

Bezirk weiter. Neben Verwaltungsaufgaben gehört die fachliche Unterstützung und Weiterentwicklung

der Ombudstätigkeit zu den Aufgaben der Fachstelle. Hierzu gehört z.B. das Organisieren

von Fort- und Weiterbildungen zu relevanten rechtlichen und fachlichen Themenstellungen

für Ombudspersonen sowie das Anbieten oder Vermitteln von Informations- und Qualifizierungsveranstaltungen für Ehrenamtliche, die sich für eine Ombudstätigkeit interessieren.

Ebenso sind der Austausch der Ombudspersonen untereinander wie auch mit der Verwaltung

Bestandteil der Aufgaben.
 

Ein weiterer Aufgabenbereich ist eine konzeptbasierte Öffentlichkeitsarbeit, mit der für die Ombudsstelle,

die Ombudstätigkeit und das Eintreten für Kinderrechte geworben wird.

Die Fachstelle erarbeitet in Absprache mit der Verwaltung ein jährliches Berichtswesen und

gewährleistet den Datenschutz von ihr erfasster und verarbeiteter Sozialdaten.
 

3.4 Weiteres Verfahren
 

Die Sozialbehörde wird ein Interessenbekundungsverfahren durchführen, um einen freien Träger

für die Fachstelle Ombudschaft auszuwählen.
 

Es ist davon auszugehen, dass sich die Einführung der Ombudsarbeit in allen Bezirken mit

dem Aufbau der Fachstelle sukzessive vollziehen wird. Dabei steht im Mittelpunkt, dass die

ehrenamtlich tätigen Menschen eine solide Unterstützung erhalten und Kinder, Jugendliche

und ihre Familien ihre Anliegen verlässlich und barrierefrei vorbringen können. Daher sollten

in einem Bezirk ausreichend Ombudspersonen bereit stehen und die Verwaltung der Fachstelle

aufgebaut sein, bevor die Ombudstätigkeit flächendeckend aufgenommen wird. Der Aufbau

soll sich in enger Abstimmung zwischen Verwaltung und dem Träger der Fachstelle vollziehen.

Parallel kann mit der Auswahl und ggf. Ernennung der Ombudspersonen begonnen

werden.

 

Solange sich die Fachstelle im Aufbau befindet (Startphase) wird vorgeschlagen, dass sich

Interessierte an Mitarbeitende in den Jugendämtern und/oder an die Vorsitzenden oder die

Fachsprecher*innen der JHA wenden, um sich zu informieren und ggf. ihre Bewerbung zu

erklären. Der JHA und die Verwaltung entscheiden, wer sich als Ansprechperson bereitfindet.

Über die Eignung und Benennung von OP entscheidet der JHA unter Beteiligung des Jugendamtes

Dabei sollen auch Kinder und Jugendliche beteiligt werden; zunächst im Rahmen vorhandener

oder einfach herzustellender Beteiligungsstrukturen.
 

Sobald der Aufbau der Fachstelle abgeschlossen ist (Betriebsphase) soll die Fachstelle Ombudschaft

Menschen, die sich für eine Ombudstätigkeit interessieren, beraten. Interessierte

können dann vom JHA oder der Verwaltung an die Fachstelle verwiesen werden. Diese führt

Info-Gespräche, unterstützt bei der Qualifizierung und schlägt geeignete Bewerber*innen dem

zust. JHA vor. Die Entscheidung trifft der JHA dann wiederum unter Beteiligung der Jugendämter.

 

Petitum/Beschluss

Der JHA wird um Zustimmung und Unterstützung gebeten.