Beirats- und Beteiligungsstrukturen in Hamburg-Mitte (Antrag der SPD-, CDU-, FDP- und GRÜNE-Fraktion)
Letzte Beratung: 31.01.2023 Hauptausschuss Ö 6.5
Der Bezirk Hamburg-Mitte praktiziert Bürgerbeteiligung in vielfältiger Weise und aus voller Überzeugung. Gerade die kontinuierliche Mitarbeit von Bürgerinnen und Bürgern an kommunalen Entscheidungen ist eine unverzichtbare Ergänzung zu der Arbeit in den bezirklichen Ausschüssen durch die gewählten Bezirkspolitiker. Die stark ausgeprägte, individuelle Herangehensweise, der im Bezirk Hamburg-Mitte bislang gefolgt wird, hat bisher zu gebietsverträglichen, nachhaltigen Prozessen und einer engen Verzahnung von Kommunalpolitik und Bürgerinteressen geführt. Vor diesem Hintergrund soll an dieser Art der Beteiligung auch zukünftig festgehalten werden. Andere Beteiligungsstrukturen, wie offene Veranstaltungsreihen oder Workshops, sind jedoch sinnvolle Ergänzungen, mit denen projektbezogen und kurzfristig auf stadtteilbezogene Fragestellungen reagiert werden kann.
Dieses Update zur Drucksache 20/9/13 setzt auf den bereits im Jahr 2013 interfraktionell beschlossenen Regelungen zu Beiräten und zur Verstetigung der aus der institutionellen Förderung gefallenen Beiratsstrukturen auf. Knapp 10 Jahre nach diesem Beschluss scheint es nun geboten, die damaligen Regelungen zu überprüfen bzw. den zwischenzeitlich gewachsenen Anforderungen anzupassen sowie neue Entwicklungen mit aufzunehmen. So ist beispielweise kritisch zu überprüfen, ob die auf eine langfristige Begleitung von stadtentwicklungspolitischen Prozessen ausgelegte Beiratsarbeit die richtige Antwort auf kurz- und mittelfristigen Herausforderungen bietet, oder ob für bestimmte Fragestellungen alternativen Formaten der Vorzug gegeben werden sollte.
In diesem Zusammenhang sei ebenfalls auf die bereits beschlossene Drucksache 22-2026 „MITTEinander: Maßnahmenpaket für Transparenz und Beteiligung (Antrag der GRÜNE-, SPD-, CDU-, FDP und der Fraktion DIE LINKE)“ hingewiesen, die weitere Beteiligungsformate anregt.
1) Beiratsstrukturen und Bürgerbeteiligung
Der Bezirk Hamburg-Mitte verfügt derzeit über mehrere Fördergebiete der Stadtteilentwicklung, in denen die programmatischen Grundlagen des Hamburgischen Rahmenprogramms Integrierte Stadtteilentwicklung (RISE) mit oder ohne Bundesförderung in verschiedenen Programmsegmenten Anwendung finden. Hiernach wird jedes dieser Fördergebiete zunächst für einen bestimmten Zeitraum festgesetzt, in dem das Entwicklungskonzept umgesetzt werden soll und dieser Prozess wird von einem Beirat, dessen Größe und Zusammensetzung nach den Anforderungen des jeweiligen Fördergebiets variiert, begleitet. Mit dem Ende eines Förderzeitraums endet – so der Grundsatz – auch die Arbeit des Beirats. Die Erfahrungen, die der Bezirk Hamburg-Mitte mit auslaufenden Fördergebieten bereits gesammelt hat, zeigen, dass eine schrittweise Reduzierung der Beiratsunterstützung anstelle eines sofortigen Abschmelzens auf Null oft hilfreich ist. In diesem Sinne haben sich in vielen Quartieren verstetigte Beiratsstrukturen etabliert, die seit einigen Jahren verwaltungsseitig durch die Regionalbeauftragten des Bezirksamts unterstützt werden.
Auch bei knappen Ressourcen muss es möglich sein, bestehende Beiratsstrukturen zu verstetigen, wenn die örtlichen Quartiersstrukturen dies erfordern und der Beirat im Hinblick auf die für das Quartier politisch gesetzten Ziele und die verfolgten konkreten Entwicklungen förderlich erscheint. Mittelfristiges Ziel ist es jedoch, die verstetigten Beiratsstrukturen weitgehend selbsttragend zu gestalten, wenn die gesetzten Ziele erfüllt sind und die verfolgten konkreten Entwicklungen als abschlossen angesehen werden können.
Die Bezirksversammlung kann entscheiden, für die Arbeit eines Beirats Gelder aus den ihr zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln einzusetzen. Bietet ein Quartier Aussicht auf weitestgehend selbsttragende Strukturen, soll dies entsprechend gefördert werden. Die finanzielle Unterstützung eines Beirats durch Dritte berechtigt diese nicht, auf die Inhalte der Beiratsarbeit Einfluss zu nehmen.
a) Aufgaben und Struktur der Beiräte
Die Aufgabe aller Beiräte besteht darin, einzelne Projekte und stadtteilentwicklungspolitische Vorhaben in einem Quartier niedrigschwellig in der Planung und Umsetzung zu begleiten. Zur Aufgabenstellung von Beiräten gehört (wenn nicht durch gesetzliche Vorgaben anders bestimmt):
Dazu werden sie in die dafür erforderlichen Kommunikationsstrukturen eingebunden.
Beiräte können außer auf der Grundlage von Senatsdrucksachen und übergeordneten Programmen auch durch einen Beschluss der Bezirksversammlung eingesetzt oder die Weiterführung einer Bürgerbeteiligung nach Ende der Beiratslaufzeit beschlossen werden.
b) Laufzeit:
c) Besetzung und Empfehlungsrecht:
Die in Hamburg-Mitte bestehenden Beiräte sollen sich in ihren Grundstrukturen ähneln. Hierbei sind folgende Grundsätze zu beachten:
d) Verfahrensweisen:
Die Arbeit der Beiräte soll effektiv und transparent sein. Folgende Verfahrensweisen sind einzuhalten:
Bei einer Weiterführung bestehender Beteiligungsgremien müssen die Dauer und Intensität einer Nachsorgephase abhängig von der Größe und soziokulturellen Prägung des Gebiets, der Dauer der vorangegangenen Gebietsförderung und dem Grad der Zielerreichung auf Basis des Entwicklungskonzepts bestimmt werden. Zu berücksichtigen sind insbesondere:
Dabei sollen insbesondere folgende Grundsätze berücksichtigt werden:
Maßgabe für jede Entscheidung hinsichtlich der Weiterführung einer Beteiligungsstruktur ist die dezidierte Vorlage eines durch den Beirat erarbeiteten Konzeptes. In diesem werden seine zukünftigen Aufgaben und Handlungsfelder definiert. Das einzureichende Konzept berücksichtigt alle vorgenannten Maßgaben, Grundsätze und Verfahrensweisen. Es dient als Beurteilungsgrundlage für den Beschluss der Bezirksversammlung und wird dieser durch den Beirat jeweils am Ende der aktuellen Beiratslaufzeit vorgelegt (i.d.R. zum Ende jeden Kalenderjahres).
Die Bezirksversammlung bzw. der zuständige Ausschuss beschäftigt sich vor dem Ende einer Beiratslaufzeit mit der Weiterführung eines Beteiligungsprozesses.
2) Neue Formen der Beteiligung – quartiersbezogenen Micro-Workshops
a) Aufgabe und Struktur:
Eine sinnvolle Ergänzung zu den auf langfristige Beteiligung angelegten Quartiersbeiräte können quartiers- und themenbezogenen Micro-Workshops sein. Mit diesen sollen über eine begrenzte Zeitspanne mit lokalen Akteure vor Ort (beispielsweise Bewohner:innen, Gewerbetreibende, etc.) Lösungen für konkrete Problemstellungen gefunden oder Fragen des Zusammenlebens im Quartier verhandelt werden. Hierbei kann es thematisch beispielsweise um verkehrliche, stadtentwicklungspolitische oder soziale Herausforderungen der Gegenwart oder aber um zukünftige Entwicklungen gehen.
Die Teilnahmemöglichkeit an den Micro-Workshops ist offen und niederschwellig zu organisieren. Es soll darauf geachtet werden, dass Partizipationsangebote für alle Altersgruppen inklusive Kindern, Jugendlichen, Jungerwachsenen, Berufstätigen sowie Senior:innen gemacht werden können. Insbesondere sollen Akteure aus Milieus angesprochen werden, die in den traditionellen Beiräten häufig wenig vertreten sind (z.B. migrantische Communities). Die konkreten Zielgruppen richten sich nach der jeweiligen Themenstellung.
b) Verfahrensweisen:
Die Einsetzung von Micro-Workshops erfolgt über den Beschluss der Bezirksversammlung, die Einbindung in den politischen Prozess erfolgt über die jeweils zuständigen Regionalausschüsse – erarbeitete Konzepte und Empfehlungen wird diesen zur weiteren Beratung vorgelegt. Die Finanzierung von Micro-Workshops erfolgt über bezirkliche Sondermittel.
Der Hauptausschuss wird um Beschlussfassung gebeten.
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