Bebauungsplan-Verfahren St. Pauli 45 (Spielbudenplatz) "Paloma-Viertel"; Beschlussempfehlung für die Bezirksversammlung zur Feststellung der Vorweggenehmigungsreife nach § 33 Absatz 1 Baugesetzbuch (BauGB)
Das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung hat den Bebauungsplan-Entwurf St. Pauli 45 vom 30. August bis einschließlich 30. September 2021 gemäß § 3 Absatz 2 BauGB (erneut) öffentlich ausgelegt. Im Rahmen der durchgeführten öffentlichen Auslegung ist beim Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung eine Stellungnahme eingegangen.
Die Einwenderin hatte bereits in der ersten öffentlichen Auslegung (vom 07. März bis zum 08. April 2019) ihre Kritik an dem Vorhaben geäußert. Die nun vorliegenden Kritikpunkte decken sich inhaltlich weitestgehend mit der zuvor geäußerten Stellungnahme und sind aus Sicht des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung entweder unberechtigt oder auch mit der nach der ersten öffentlichen Auslegung erfolgten Anpassung der Planung ausgeräumt. Auf die Durchführung des Arbeitskreises II kann daher auf Basis der Abstimmung mit den betroffenen Trägern öffentlicher Belange verzichtet werden. Diese Abstimmung wird derzeit SL-intern betrieben und vor der Befassung des Stadtplanungsausschusses zum Abschluss gebracht.
Zur Information werden die Planzeichnung, der Verordnungstext und der Funktionsplan in der letzten und inhaltlich dem Stand zur öffentlichen Auslegung entsprechenden Fassung als Anlagen beigefügt. Im Übrigen wird auf die kontinuierliche Berichterstattung des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung in den zurückliegenden Sitzungen des Stadtplanungsausschusses verwiesen.
Das Plangebiet befindet sich im Zentrum des Stadtteils St. Pauli, unmittelbar südlich der Reeperbahn und des Spielbudenplatzes und erfasst mit ca. 0,6 ha die Fläche der ehemaligen sogenannten „Esso-Häuser“ sowie der namensgebenden Tankstelle (Flurstücke 1545, 1546, 1547, 1548 und 1549). Sämtliche Bestandsgebäude mussten im Dezember 2013 aufgrund erheblicher baustatischer Mängel und einer daraus resultierenden Gefahr für die Bewohnerinnen und Bewohner sowie für die Öffentlichkeit geräumt und abgerissen werden. Neben den derzeit brachliegenden o.g. Flurstücken werden durch das Plangebiet zudem Teile der angrenzenden Straßenräume Spielbudenplatz, Taubenstraße und Kastanienallee erfasst. Die östliche Abgrenzung des Plangebiets bilden die Grundstücke des Operettenhauses (Flurstück 1002) und des Panoptikums (Flurstück 647).
Die Bestandsgebäude mussten nach im Dezember 2013 durch die Bewohner gemeldeten Gebäudeschwankungen und einer darauffolgenden Evakuierung im Mai 2014 abgerissen werden. Unter enger Einbeziehung und Beteiligung der Bürger haben Bezirksamt und Eigentümerin frühzeitig eine Qualifizierung des Neubauvorhabens über ein zweistufiges Wettbewerbsverfahren sichergestellt. Ziel des Wettbewerbs war, in zentraler Lage im Stadtteil St. Pauli ein zukunftsweisendes Quartier mit einer Nutzungsmischung aus verschiedenen Wohnformen, Gewerbe, Einzelhandelsflächen, Gastronomie, Hotel und einem sogenannten Innovations- und Subkulturcluster zu planen.
Der prämierte Entwurf sah eine Auflösung der durch die Auslobung vorgegebenen Baumasse in Einzelbaukörper mit differenzierter Architektur und Höhenentwicklung vor (siehe Anlage 1). Der geforderte Nachweis einer Platzfläche für die Bewohner und angrenzende Bereiche wurde auf der Fläche einer geplanten Durchquerung des Grundstücks („Quartiersgasse“) zwischen Spielbudenplatz und Kastanienallee erfüllt.
Nach einer weiteren Konkretisierung und Optimierung des aus dem Wettbewerb von 2015 hervorgegangenen städtebaulichen Konzepts ist 2016 ein hochbauliches Workshopverfahren durchgeführt worden, in dem für jedes der 5 Baufelder ein hochbaulicher Entwurf prämiert wurde.
Die Öffentliche Plandiskussion (ÖPD) ist am 22. November 2016 durchgeführt worden.
Die Eigentümerin hatte sich als seinerzeit alleinige Vorhabenträgerin offen halten wollen, einzelne der 5 projektierten Baufelder noch während des andauernden Bebauungsplan-Verfahrens an weitere Vorhabenträger zu veräußern bzw. diese in das Gesamtvorhaben einzubeziehen. Aus diesem Grund ist vereinbart worden, seitens des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung einen sog. Angebotsbebauungsplan aufzustellen.
Art der baulichen Nutzung
Eine wesentliche Qualität des Nutzungskonzeptes für das Plangebiet liegt in der differenzierten Verteilung der gewerblichen Nutzungen und der Wohnnutzungen - nicht nur differenziert nach Baufeldern in der Horizontalen, sondern auch nach Geschossebenen in der Vertikalen. Zum Spielbudenplatz sind primär kerngebietstypische Nutzungen und zur Kastanienallee gemischte Nutzungen mit einem hohen Wohnanteil geplant. Dementsprechend ist die Festsetzung eines „Kerngebietes“ (MK) entlang des Spielbudenplatzes und eines „Urbanen Gebietes“ (MU) im südlichen Teilbereich des Plangebietes vorgesehen. Das Urbane Gebiet ermöglicht im Gegensatz zum Kerngebiet den im südlichen Plangebiet projektierten höheren Wohnungsbauanteil.
Maß der baulichen Nutzung
Für die Neubebauung werden durch Baugrenzen Baufelder definiert, die sich jeweils eng an den geplanten Hauptbaukörpern orientieren. Darüber hinaus sichern die maximal zulässigen Vollgeschosse wie auch die Gebäudehöhen GH die Realisierung differenzierter Einzelbaukörper entsprechend des seinerzeitigen Wettbewerbsergebnisses. Aufgrund der vielschichtigen Nutzung der Dachoberflächen werden auch die hierfür notwendigen Dachaufbauten differenziert und in enger Anlehnung an das hochbauliche Konzept festgesetzt.
Da das Grundstück vollständig durch eine Tiefgarage unter- und nahezu vollständig durch Hochbauten überbaut wird, ist eine GRZ von 1,0 anzusetzen. Die Tiefgarage wird planungsrechtlich gesichert. Die Zahl der Vollgeschosse bezieht sich mit wenigen Abweichungen auf die Differenzierung der Einzelbaukörper als Ergebnis des städtebaulichen Wettbewerbs.
Darüber hinaus bedurfte die Sicherung des Lärmschutzes - den Verkehrslärm wie auch den durch Veranstaltungen auf dem Spielbudenplatz verursachten Lärm betreffend - intensiver Abstimmungen und eines Lärmgutachtens, dessen Ergebnisse in die textlichen Festsetzungen eingeflossen sind.
Durch die Festsetzungen wird damit ein enger planungsrechtlicher Rahmen gesetzt, der die Umsetzung der Wettbewerbsergebnisse inklusive der in enger Abstimmung mit dem Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung erfolgten Überarbeitung sicherstellt.
Für diese Planung ist zwischen dem 07. März und dem 08. April 2019 die Öffentliche Auslegung gemäß § 3 (2) BauGB durchgeführt worden.
Anpassungsbedarfe nach der ersten öffentlichen Auslegung im März / April 2019
Im Zuge der Öffentlichen Auslegung sind neben weiteren Stellungnahmen seitens der Nachbarin Hinweise zur eigenen Betriebstätigkeit geäußert worden, die aus den Vorgesprächen nicht bekannt waren und folglich einer gutachterlichen Neubetrachtung der entsprechenden Lärmschutzmaßnahmen im Plangebiet bedurften. Auf Basis der Ergebnisse des fortgeschriebenen Lärmgutachtens wurde hinsichtlich der Wohnnutzung im südöstlichen Baufeld 5 eine Anpassung der Planzeichnung (siehe Anlage 2, Festsetzung „S“ für die Ostfassaden des Baufeldes 5) und der Verordnung (siehe Anlage 3, § 2 Nr. 15 der Verordnung) vorgenommen, um für die hier geplante Wohnnutzung durch bauliche Maßnahmen (Hafencity-Fenster) einen Innenraumpegel von 30 dB(A) während der Nachtzeit sicherzustellen.
Auch für den Hotelneubau bedurfte es aufgrund neuer Erkenntnisse hinsichtlich der gewerblichen Betriebsabläufe am Spielbudenplatz - hier insbesondere des geplanten Livemusik-Clubs - einer gutachterlichen Neubewertung der Schallimmissionen. Daher kam es auch hier zu einer Anpassung der Planzeichnung (siehe Anlage 2, Festsetzung „S“ für die Nord- und Westfassaden der Baufelder 1 und 2) und der Verordnung (siehe Anlage 3, § 2 Nr. 15 der Verordnung), um für die hier geplante Hotelnutzung durch bauliche Maßnahmen (Hafencity-Fenster) einen Innenraumpegel von 30 dB(A) während der Nachtzeit sicherzustellen.
Nicht zuletzt wurden zusätzliche Ausgleichsmaßnahmen für die stellenweise schwierige Belichtungssituation insbesondere für einzelne Wohnungen planungsrechtlich abgesichert. Dies betrifft sowohl die Festsetzung der materiellen und farblichen Ausführung der Fassaden im Innenhof (siehe Anlage 3, § 2 Nr. 16 der Verordnung) als auch die Absicherung der Umsetzung zweier gemeinschaftlich nutzbarer Dachterrassen in Baufeld 4 und 5 über den 1. Nachtrag zum städtebaulichen Vertrag.
Zur Absicherung der vielfältigen Planungsziele - des prämierten städtebaulichen Entwurfes, der Ergebnisse der hochbaulichen Qualifizierung im Zuge des Workshopverfahrens, der intensiv abgestimmten einzelnen Nutzungsbausteine u.a. mit einem Anteil von etwa 60 % öffentlich geförderter Mietwohnungen bezogen auf die Wohnnutzungen und der Rückkehr einzelner vormals bestehender gewerblicher Nutzungen sowie ursprünglicher Bewohner der abgerissenen Wohngebäude - wurde zwischen der Eigentümerin und dem Bezirksamt Hamburg-Mitte Anfang November 2018 ein entsprechend komplexer städtebaulicher Vertrag geschlossen (abrufbar über das Transparenzportal Hamburg unter http://transparenz.hamburg.de/ , u.a. über das Stichwort „Paloma-Viertel“).
Der Vertrag enthält umfangreiche, für die einzelnen Baufelder spezifizierte Regelungsinhalte, so insbesondere:
Parallel zum städtebaulichen Vertrag wurden durch die Vorhabenträgerin beim Fachamt Management des öffentlichen Raums (MR) 2 Sondernutzungsanträge gestellt. Für auskragende Gebäudeteile über der Taubenstraße und der Kastanienallee ist der Vertrag bereits unterzeichnet. Der Vertrag für den Stadtbalkon liegt unterschriftsreif vor.
U.a. durch die beschriebenen, im Anschluss an die erste öffentliche Auslegung erforderlichen Anpassungen in der Planung bedurften auch mehrere Regelungsinhalte des am 07. November 2018 geschlossenen städtebaulichen Vertrages einer Anpassung. Hierfür ist am 29.06.2021 der 1. Nachtrag zum städtebaulichen Vertrag unterzeichnet und ab dem 30.08.2021 ebenfalls öffentlich ausgelegt worden.
Im Zuge des 1. Nachtrages wurden u.a. Vereinbarungen aus dem Ursprungsvertrag konkreter ausformuliert, so etwa zu Errichtung und Betrieb der im Plangebiet befindlichen, öffentlich nutzbaren Dachflächen.
Auch die Vereinbarungen zwischen Hamburg und der Eigentümerin hinsichtlich eines Angebotes an den Livemusik-Club „Molotow“ wurden konkretisiert. So stellt der 1. Nachtrag klar, dass die Frist des Ursprungsvertrages für die Annahme des Angebotes zwar abgelaufen ist, die Eigentümerin aber dennoch bereit ist, bis spätestens Ende des Jahres 2021 zu den vertraglich festgelegten Konditionen an Molotow zu vermieten. Wenn dies nicht möglich sein sollte, wird die Eigentümerin die Fläche anderen Livemusik-Club-Betreibern anbieten. Bei dokumentierter Nichtvermietbarkeit wird die Eigentümerin selber einen Musikclub errichten und ist dann frei in der Mietpreisgestaltung.
Im 1. Nachtrag wurde darüber hinaus die Herstellung zweier durch die Bewohnerinnen und Bewohner gemeinschaftlich nutzbarer Dachterrassen auf den Baufeldern 4 und 5 gesichert. Hinzu kommen Anpassungen das Baufeld 5 betreffend (Nachweis Kinderspielflächen, optionaler Ausbau des 1. Obergeschosses) sowie die Anpassung der Fristen für einzelne vertragliche Regelungsinhalte. Auch der 1. Nachtrag ist über das Transparenzportal Hamburg unter dem o.g. Link öffentlich abrufbar.
Der Stadtplanungsausschuss hat in seiner Sitzung am 17. Februar 2016 der Einleitung des Bebauungsplan-Verfahrens auf Basis der Drucksache des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung einstimmig zugestimmt. Der Bebauungsplan-Entwurf wurde am 09. Mai 2016 behördenintern grobabgestimmt. Die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit (ÖPD) hat am 22. November 2016 stattgefunden. Nach erfolgter hochbaulicher Konkretisierung und entsprechender Anpassung der planungsrechtlichen Festsetzungen konnte die Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange mit Durchführung des behördlichen Arbeitskreises am 06. August 2018 durchgeführt werden. Der städtebauliche Vertrag wurde am 07. November 2018 unterzeichnet. Nach am 19. Dezember 2018 erfolgter Verschickung zur Kenntnisnahme wurde dann vom 07. März bis zum 08. April 2019 die Öffentliche Auslegung durchgeführt. Im Anschluss daran wurden die besagten Anpassungen im Lärmgutachten und den planungsrechtlichen Festsetzungen vorgenommen. Insbesondere die Verhandlungen des 1. Nachtrages zum städtebaulichen Vertrag und die Abstimmungen bzgl. des Verkaufs des Baufeldes 5 sowie der Förderung des Livemusik-Clubs haben weitere Zeit in Anspruch genommen. Die Unterzeichnung des 1. Nachtrages zum städtebaulichen Vertrag ist am 29.06.2021 erfolgt. Daraufhin ist vom 30. August bis zum 30. September 2021 die erneut öffentliche Auslegung durchgeführt worden.
Im Rahmen der durchgeführten öffentlichen Auslegung ist beim Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung eine Stellungnahme eingegangen. Die Einwenderin hatte bereits in der ersten öffentlichen Auslegung (vom 07. März bis zum 08. April 2019) ihre Kritik an dem Vorhaben geäußert. Konkret bemängelt die Einwenderin formale Fehler in der Durchführung des Verfahrens, bei der Einbindung der Nachbarin und der Berücksichtigung der Interessen der Nachbarin. Die nun vorliegenden Kritikpunkte decken sich weitestgehend mit der zuvor geäußerten Stellungnahme und sind aus Sicht des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung entweder inhaltlich unberechtigt oder mit der nach der ersten öffentlichen Auslegung erfolgten Anpassung der Planung inhaltlich ausgeräumt.
Auf die Ausführung des Arbeitskreises II kann daher nach stattgefundener Abstimmung mit den betroffenen Trägern öffentlicher Belange verzichtet werden.
Abschließend ist festzuhalten, dass sich in den Bebauungsplan-Unterlagen seit der letzten Befassung des Stadtplanungsausschusses am 24.06.2021 (Zustimmung zur erneuten Durchführung der Öffentlichen Auslegung) und dem dort durch den Fachamtsleiter Herrn Mathe vorgestellten Verfahrensstand keine inhaltlichen Änderungen mehr eingestellt haben.
Der Stadtplanungsausschuss hat in seiner Sitzung am 11.11.2021 die einstimmige Empfehlung an die Bezirksversammlung ausgesprochen, dem Entwurf des Bebauungsplans St. Pauli 45 zustimmen.
Die Bezirksversammlung wird gebeten, der Empfehlung des Stadtplanungsausschusses zu folgen und dem Entwurf des Bebauungsplans St. Pauli 45 zustimmen.
Anlagen:
(Die Anlagen sind in der Ursprungsdrucksache 22-2463 enthalten und nicht erneut beigefügt.)