Bebauungsplan-Entwurf Wilhelmsburg 96 Neues Korallusviertel - Städtebauliche Arrondierung des Korallusviertel in Hamburg-Wilhelmsburg
Das Plangebiet befindet sich im Stadtteil Wilhelmsburg etwa 0,8 km Luftlinie vom Zentrum Wilhelmsburg entfernt zwischen dem Gelände der Deutschen Bundesbahn im Westen (Fern- und Güterbahn, S-Bahn), der Thielenstraße im Süden sowie der Korallusstraße im Osten und Norden. Das Plangebiet umfasst etwa 3,15 ha und ist zweigeteilt. Entsprechend der Darstellung in der Planzeichnung wird das südliche Plangebiet mit etwa 2,83 ha als Teilfläche „A“ und das nördliche mit etwa 0,32 ha als Teilfläche „B“ bezeichnet.
In 2009 wurde im Rahmen der Untersuchungen zur Durchführung der IBA 2013 entschieden, die unmittelbar an der Bahn gelegenen westlichen Flächen des Bebauungsplans Wilhelmsburg 8 für eine wohnungsbauliche Arrondierung des bestehenden Korallusviertels zu entwickeln. Die Flächen sind wegen der Nähe zum Stadtteilzentrum Wilhelmsburg und der direkt angrenzenden vorhandenen Wohnbebauung gut für eine Stärkung und Weiterentwicklung der Wohnfunktion geeignet. Gleichzeitig soll die bestehende Infrastruktur im Zentrum Wilhelmsburg besser ausgelastet und zukunftsfähig abgesichert werden.
Die Standortentwicklung musste seitens des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung von Beginn an mit schwierigen Rahmenbedingungen (nahes Gleisfeld mit hohem Lärm- und Schalleintrag, eine ambitionierte städtebauliche Dichte als Ergebnis des Wettbewerbs) koordiniert und fachlich qualifiziert werden. Weiterhin wirkten sich für den Planungsprozess besonders negativ diverse Vorhabenträgerwechsel aus, die das B-Plan-Verfahren im zeitlichen Ablauf erheblich verzögerten.
Durch das Vorhaben mit rund 460 Wohnungen wird ein wichtiger Beitrag zur Deckung der hohen Wohnraumnachfrage geleistet. Um stabile Wohnverhältnisse und funktionierende Nachbarschaften zu schaffen, sollen gezielt differenzierte Angebote für unterschiedliche Haushalte (Geschosswohnungen unterschiedlicher Größe, frei finanzierte Mietwohnungen, Eigentumswohnungen und öffentlich geförderte Mietwohnungen) umgesetzt werden. Dabei liegt wegen dem bereits hohen Anteil an öffentlich geförderten Wohnungen im Korallusviertel der Schwerpunkt bei frei finanzierten Miet- und Eigentumswohnungen. Insofern kommt hier gemäß der wohnungspolitischen Zielsetzungen im Kontext des Bezirklichen Wohnungsbauprogramms 2018 ein Anteil von 20% öffentlich geförderte Wohnungen zur Ausführung. Zugleich wird mit dieser Planung das Korallusviertel im Sinne einer Stadtreparatur städtebauliche arrondiert und nachverdichtet.
Das Plangebiet Teilfläche „A“ umfasst eine nahezu unbebaute Fläche am westlichen Siedlungsrand des Korallusviertels. Die Bestandsbebauung des Siedlungsrandes lässt einen großzügigen Abstand zur vielbefahrenen Gleisanlage. Dies ist zwar aus lärmschutztechnischen Gründen sinnvoll, jedoch aus heutiger städtebaulicher Sicht nicht zufriedenstellend. Diese Fläche kann keiner siedlungsspezifischen Funktion zugeordnet werden, da sie aufgrund der hohen Lärmbelastung kaum Aufenthaltsqualitäten aufweist und hierfür auch nicht freiräumlich ausgestattet ist. Hinsichtlich der gut erschlossenen Lage innerhalb des Siedlungszusammenhangs ist die Fläche städtebaulich als untergenutzt zu bewerten.
Für die Sicherstellung der Oberflächenentwässerung des Wohnquartiers sowie für Baumersatzpflanzungen und für den Ersatz eines auf der Teilfläche „A“ überplanten geschützten Biotops wurde die Einbeziehung einer weiteren Teilfläche nördlich des für die Neubebauung vorgesehenen Bereichs in den Geltungsbereich erforderlich. Der Bebauungsplan umfasst daher zwei Teilflächen „A“ und „B“.
Für den gesamten Bereich des Alten Bahnhofsviertels und Korallusviertels besteht ein Mangel an öffentlichen Grün- und Freiflächen. Im Zuge der Neuplanung soll dieser Mangel einerseits durch eine hochwertige Gestaltung der Freiflächen im Neuen Korallusviertel und andererseits durch die Bereitstellung einer rund 5.000 m² großen Freifläche außerhalb des Plangebietes gemindert werden (siehe Anlage 6).
Mit der Planung soll der Bau von rund 460 Wohnungen, einer KiTa sowie kleineren Einzelhandelsflächen möglich werden. Entlang der Bahn soll ein sechs- bis siebengeschossiger gegliederter Gebäuderiegel entstehen, der den Lärm der benachbarten Verkehrsanlagen abschirmt und zum Korallusviertel hin lärmgeschützte Bereiche ermöglicht. An der Thielenstraße wird die gegenüberliegende Raumkante der gründerzeitlichen Bebauung des Alten Bahnhofsviertels mit einer sechsgeschossigen Bebauung aufgenommen, die zur Korallustraße hin auf fünf Geschosse reduziert wird. Die Neubebauung ist zum Alten Korallusviertel hin aufgelöst in mehrere Einzelgebäude mit fünf Geschossen. Zwischen den beiden Gebäudefluchten entsteht ein ruhiger autofreier Quartiersplatz bzw. Quartiersachse mit hochwertiger Gestaltung. Die KiTa sowie kleinere Einzelhandelsflächen sind zur Thielenstraße hin orientiert.
Abweichend vom Vertrag für Hamburg sollen hier 20 % der Wohnungen öffentliche gefördert werden, weitere 24 % sind als Eigentumswohnungen geplant, der Rest von 56 % als frei finanzierter Mietwohnungsbau. Die Wohnungsgrößen reichen von 1,5 bis zu 5-Zimmer-Wohnungen, wobei der Schwerpunkt mit 49% bei 3-Zimmer-Wohnungen liegt.
Zur Erschließung des neuen Quartiers wird die Parallelstraße ausgebaut und in Einbahnverkehr über die Planstraße an die Korallusstraße angebunden. Etwa 360 Stellplätze sollen in Tiefgaragen, weitere 72 Besucherstellplätze im öffentlichen Straßenraum untergebracht werden. Quartiersplatz und Quartiersachse sollen vom Verkehr freigehalten werden, lediglich Müllabfuhr und Feuerwehr dürfen hier einfahren. Das Gelände wird überwiegend aufgehöht, um einen möglichst niveaugleichen Übergang zu bestehenden Straßen und damit einen barrierefreien Zugang zu erreichen.
Für das Plangebiet wird für die Teilfläche „A“ (Wohnbaufläche) entsprechend der angestrebten Nutzung Allgemeines Wohngebiet festgesetzt. Die Baugrenzen orientieren sich als Baukörperfestsetzungen eng an dem Funktionsplan. Die GRZ liegt bei maximal 0,5 und die Geschossigkeit bei V bis maximal VII Geschossen. Auf der Teilfläche B soll das Regenwasser zurückgehalten werden und versickern sowie eine naturnahe Gestaltung als Ausgleich für das im Süden weggefallene Biotop umgesetzt werden.
Für das Plangebiet gilt für die Teilfläche „A“ derzeit der Bebauungsplan Wilhelmsburg 8 von 1972. Dieser setzt Wohnungsbauflächen, überwiegend „Reines Wohngebiet“, in Teilen „Allgemeines Wohngebiet“ in einer sehr reduzierten Bauweise und größeren nicht bebaubaren Flächen sowie Flächen für die Anordnung von Stellplätzen fest. Die nördliche Teilfläche „B“ des Plangebiets liegt innerhalb des Bebauungsplans Wilhelmsburg 72 von 1994. Für diese Fläche ist eine private Grünfläche festgesetzt, eine Teilfläche davon mit der Zweckbestimmung „Bolzplatz“. Zur Umsetzung der geplanten Wohnnutzung ist eine Änderung des bestehenden Planungsrechts erforderlich. Die Voraussetzungen für ein beschleunigtes Verfahren nach § 13 a BauGB sind gegeben.
Der Flächennutzungsplan stellt für das Plangebiet Teilfläche „A“ westlich der Korallusstraße und nördlich der Thielenstraße Wohnbauflächen dar. Das Plangebiet Teilfläche „B“ ist als Grünfläche dargestellt. Das Landschaftsprogramm stellt für die Teilfläche „A“ das Milieu Etagenwohnen dar. Überlagert ist das Plangebiet mit der milieuübergreifenden Funktion „Entwicklungsbereich Naturhaushalt“. Es liegt innerhalb der Darstellung „Verbessern der Freiraumversorgung vordringlich“. Für die Teilfläche „B“ ist das Milieu Grünanlage, eingeschränkt nutzbar - Kleingärten, dargestellt. Der Bebauungsplan kann somit aus dem Flächennutzungsplan und dem Landschaftsprogramm entwickelt werden.
Der Stadtplanungsausschuss hatte in seiner Sitzung am 14.04.2010 der Einleitung des Bebauungsplanverfahrens zugestimmt. Der Bebauungsplanentwurf wurde am 07.06.2010 behördenintern grobabgestimmt. Die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit hat in Form von drei öffentlichen Informationsveranstaltungen zwischen 2010 und 2013 stattgefunden.
Eine erste öffentliche Auslegung hat im Zeitraum 14.01.2013 – 13.02.2013 stattgefunden. Die seinerzeitigen Stellungnahmen beschränkten sich auf eine umfängliche Stellungnahme eines Bürgers sowie diverse Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange aus der Kenntnisnahmeverschickung vor öffentlicher Auslegung. Die Stellungnahmen betrafen u.a. die Bebauungsdichte, den Wohnungsmix, den Stellplatznachweis innerhalb des Plangebietes sowie des umgebenden Korallusviertels, die festgesetzten Lärmschutzmaßnahmen sowie das im Plangebiet wieder herzustellende Teich-Biotop.
Aufgrund des Vorhabenträgerwechsels konnte das Planverfahren seitens des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung erst in 2016/2017 mit einem neuen Vorhabenträger, einem deutlich überarbeiteten städtebaulichen Konzept, neuem Wohnungsschlüssel und verändertem Wohnungsbaukonzept nunmehr als Angebotsbebauungsplan weitergeführt werden. Im Zuge der Umplanungen wurden dann auch die besagten Hinweise aus der ersten öffentlichen Auslegung in die Abwägung einbezogen. Die Einwender wurden anlässlich der erneuten öffentlichen Auslegung (siehe folgende) entsprechend unterrichtet.
Seitdem fanden diverse Befassungen im öffentlichen Teil des Stadtplanungsausschusses und des Stadtentwicklungsausschusses Süd-West statt, in denen das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung intensiv über den Fortgang der Planungen berichtete. Die Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange wurde mit der Durchführung des behördlichen Nachgespräches zum Arbeitskreis I am 15.05.2017 abgeschlossen. Der städtebauliche Vertrag wurde seitens der Vorhabenträgerin und des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung am 20.02.2019 unterzeichnet und notariell beurkundet. Wesentliche Regelungsinhalte neben der Durchführungsverpflichtung und der zeitlichen Umsetzung sind:
Funktional / Gestaltung
Erschließung
Der Stadtentwicklungsausschuss Süd-West hat am 25.02.2019 der erneuten öffentlichen Auslegung zugestimmt. Die erneute öffentliche Auslegung wurde in der Zeit vom 01.04.2019 bis 30.04.2019 durchgeführt. Der Arbeitskreis II hat am 17.06.2019 stattgefunden.
Es ging bis zum 30. April 2019 fristgerecht 1 Stellungnahme von Bürgern bzw. Grundeigentümern zum Bebauungsplanentwurf Wilhelmsburg 96 ein. Der Stellungnahme wurde nicht gefolgt (ausführlich siehe Anlage 5).
Im Rahmen der Kenntnisnahmeverschickung gemäß § 3 Absatz 2 Satz 3 BauGB gingen 10 Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange ein. Diese Stellungnahmen wurden bereits vor der öffentlichen Auslegung berücksichtigt (ausführlich siehe Anlage 5).
Im städtebaulichen Vertrag hat sich die Vorhabenträgerin verpflichtet, zeitlich gestaffelt innerhalb von 24 Monaten nach Erreichung der Vorweggenehmigungsreife nach § 33 Absatz 1 BauGB der Rechtsverordnung über den vorhabenbezogenen Bebauungsplan für alle Gebäude vollständige, prüffähige und genehmigungsfähige Bauanträge einzureichen. Das Vorhaben ist innerhalb von 48 Monaten nach Erteilung der Baugenehmigung bis zur Bezugsfertigkeit fertigzustellen.
Die Bezirksversammlung wird gebeten, dem Entwurf des Bebauungsplans Wilhelmsburg 96 des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung zuzustimmen.
Anlagen: