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Bebauungsplan-Entwurf Rothenburgsort 19 (Neues Arbeiten und Wohnen südlich des Huckepackbahnhofs) Zustimmung zur Durchführung der öffentlichen Plandiskussion

Vorlage öffentlich

Sachverhalt

Mit Bezugnahme auf die Vorlage des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung (SL) zur Sitzung des Stadtplanungsausschusses am 20. September 2017 hinsichtlich wichtiger Eckdaten zum Plangebiet (Drucksache 21-3540) möchte das Fachamt SL im Folgenden über den aktuellen Projektstand informieren.

 

Das Plangebiet befindet sich im Stadtteil Rothenburgsort. Der Zuschnitt des Plangebiets berücksichtigt die Investitionsabsichten von drei Vorhabenträgern und schließt - insbesondere zur Vermeidung von Immissionskonflikten - arrondierend weitere Flächen mit ein. Konkret wird das Plangebiet im Norden begrenzt durch die Gleisanlagen, im Osten durch den Billhorner Deich, die Köhnestraße sowie die Schule Marckmannstraße und im Süden durch den Billhorner Röhrendamm. Im Westen verläuft die Plangebietsgrenze westlich des bestehenden Discounter-Grundstücks, östlich des achtgeschossigen Wohngebäudes (Billhorner Mühlenweg Nr. 1) sowie westlich der Feuerwehrwache. Der räumliche Geltungsbereich umfasst eine Größe von insgesamt ca. 4,9 ha.

 

Der Schwerpunkt der Gesamtentwicklung selbst liegt dabei im räumlichen Geltungsbereich nördlich der Marckmannstraße. Hier beabsichtigt ein Vorhabenträger in einem siebengeschossigen Gebäudekamm nördlich der Billhorner Kanalstraße das Konzept des studentisch geprägten Wohnens mit der Bezeichnung „Fine Arts Campus Hamburg“ (FACH) zu realisieren. Das Areal zwischen der Billhorner Kanalstraße und der Marckmannstraße soll vom gleichen Vorhabenträger weitgehend neu bebaut werden (Geschosswohnungsbau). Im FACH sind derzeit ca. 500 Apartments als „Mikrowohnungen“ mit einer Durchschnittsgröße von vorauss. rd. 21 m² geplant. Mit dem geplanten Wohnkonzept als studentisch geprägtes Wohnen sollen als Hauptzielgruppe vor allem Studenten sowie auch Auszubildende, „Young-Professionals“ u.Ä. angesprochen werden. Das geplante Konzept des studentisch geprägten Wohnens soll durch sinnvolle gewerbliche Angebote (z.B. Ateliers, Ausstellungsflächen, Co-Working-Areas, spezialisiertes Handwerk) ergänzt werden. Im östlichen Gebäudefinger sind auf derzeit 3 bis 4 Geschossebenen Appartements für soziale Einrichtungen vorgesehen, wie z.B. stationäre Wohneinrichtung für Menschen mit geistigen Behinderungen, Appartements für Menschen mit ambulanter Begleitung, Unterbringung von Menschen mit psychischen Problemen. Diesbezüglich steht der Vorhabenträger derzeit in konkreten Gesprächen mit interessierten potenziellen Trägern dieser geplanten Einrichtungen. Außerdem sollen in diesem Gebäudeabschnitt Räumlichkeiten für die Wache der freiwilligen Feuerwehr etabliert werden. Das entsprechende Raum- sowie Umlagerungskonzept wird derzeit zwischen dem Vorhabenträger und der freiwilligen Feuerwehr abgestimmt.

Durch die statischen Vorgaben zum Erschütterungsschutz sowie durch die bautechnischen Anforderungen an die Schalldämmung der Fassade sowie einzelner Bauteile ist der Vorhabenträger in der Flexibilität der Grundrissgestaltung insgesamt sehr stark eingeschränkt. Die bautechnisch hochanspruchsvolle Bauweise des Gebäuderiegels stellt grundsätzlich eine enorme Herausforderung dar, sodass seitens des Vorhabenträgers nach Eigenaussage aus wirtschaftlichen Gründen (hohe Herstellungs- sowie Betriebskosten) keine anteilig öffentlich geförderte Mietpreisgestaltung der FACH-Apartments unterstützt werden kann, zumal das sozial orientierte Nutzungskonzept im östlichen „Gebäudefinger“ tlw. durch das Hauptkonzept quersubventioniert werden soll. Die Errichtung dieses Gebäuderiegels bildet zugleich aufgrund seiner komplementären Funktion als effektiver Lärmschutz die erforderliche Basis und Voraussetzung vor allem für den Wohnungsneubau südlich der Billhorner Kanalstraße.

Für das Areal südlich der Billhorner Kanalstraße und nördlich der Marckmannstaße wurde Ende 2016 ein städtebaulicher Realisierungswettbewerb durchgeführt. Auf zuvor gewerblich genutzten Flächen soll hier ein neues Wohnquartier mit auch gewerblicher Nutzungsstruktur entwickelt werden. Im Zuge der hochbaulichen Weiterqualifizierung wurde das Bebauungskonzept für das neue Wohnquartier seit dem Wettbewerbsverfahren kontinuierlich überarbeitet. So wurde die Gebäudehöhe - wie bereits berichtet - umlaufend um ein Geschoss erhöht. Im Laufe weiterer Abstimmungen wurde seitens des Fachamtes SL erreicht, dass der an den bestehenden Gewerbebetrieb (Baustoffhandel, Fl. 450) heranrückende Gebäudeabschnitt (sog. „Hamburger Burg“) zugunsten der besseren Wohn- und Aufenthaltsqualität in diesem Bereich sowie zur Optimierung baulicher Entwicklungsperspektive auf beiden Grundstücken um drei Meter vom Gewerbegrundstück abrückt. Nach aktuellem Projektstand sind im neuen Wohnquartier bis zu 480 neue Geschosswohnungen geplant.

Im Rahmen weiterer Abstimmungsgespräche mit den Planungsbetroffenen seitens des Fachamtes SL wurde mit dem Grundeigentümer des Gewerbegrundstücks (Fl. 450) mit dem Ziel der Bestandssicherung des Gewerbebetriebs sowie der Optimierung seiner planungsrechtlichen Entwicklungsperspektive ein planungsrechtlicher Rahmen festgelegt (siehe Anlage 1), der es dem Gewerbebetrieb ermöglichen soll, sich unter Berücksichtigung seiner betrieblichen Erfordernisse am Standort ggf. baulich weiterzuentwickeln.

Auf dieser Basis wurde das Bebauungskonzept auch auf dem benachbarten Grundstück (Fl. 290) entsprechend angepasst. Der Gebäudekomplex des bestehenden Gewerbebetriebs soll durch einen Anbau auf dem Nachbargrundstück um eine Zeile ergänzt werden. Durch diesen geplanten Anbau soll perspektivisch eine bauliche Möglichkeit für die Entwicklung eines zusammenhängenden, sich zur Marckmannstraße öffnenden Gewerbehofs geboten werden. Die gewerbliche und entsprechend bauliche Entwicklung auf beiden Grundstücken soll jedoch auch unabhängig voneinander möglich sein.

Durch die vorgenommene Anpassung des Bebauungskonzepts wurde im Bereich der Neuplanung durch Harmonisierung der Bauhöhen und Baukörperanpassungen an der Marckmannstraße insgesamt eine städtebaulich einheitliche Straßenfront auf Basis der Überlegungen des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung unter Einbindung und in Abstimmung mit den Grundeigentümern erreicht.

 

Am Billhorner Röhrendamm, südlich der Marckmannstraße, streben zwei weitere Vorhabenträger Wohnbauentwicklung an: So sollte ursprünglich der vorhandene Aldi-Markt erweitert (von ca. 750 m² auf rd. 1.200 m² VKF) und mit einem Wohngebäude überbaut werden. Auf dem Nachbargrundstück, südlich der St.-Erich-Kirche, sollte ebenfalls ein Wohngebäude entstehen. Für das Wohnbauvorhaben südlich der St.-Erich-Kirche wurde im Vorfeld ein Vorbescheidsverfahren angestrebt und bereits 2015 ein positiver Vorbescheid erteilt. Das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung hat die beiden Vorhabenträger gebeten, zu prüfen, ob für beide Grundstücke ein zusammenhängendes Bebauungskonzept entwickelt werden kann, sodass eine geschlossene Blockrandbebauung entlang des Billhorner Röhrendamms - auch zugunsten der Lärmreduktion für die dahinter liegenden Innenhöfe - ausgebildet werden kann. Nach interner Prüfung und in enger Abstimmung mit den Fachämtern SL sowie Bauprüfung wird nun folgende Überplanung der beiden Grundstücke verfolgt: Der Billhorner Röhrendamm wird durch eine geschlossene bis zu sechs geschossige (V + Staffel) Blockrandbebauung im Bereich der Neubauplanung bauräumlich gefasst. Der Gebäuderiegel an der Straßenfront soll gestalterisch insgesamt in einer ähnlichen Ausführung ausgebildet werden, wobei der Gebäudeabschnitt südlich der St.-Erich-Kirche - bedingt durch die Grundstückslage - etwas zurückspringt, sodass die Bauflucht in diesem Bereich optisch unterbrochen wird. Um die optische Wahrnehmung einer langen geschlossen Fassade - vor allem aus der Fußgängerperspektive - zu vermeiden, soll die Fassade in den beiden unteren Geschossen durch bestimmte Fassadenöffnungen optisch unterbrochen und dadurch stärker gegliedert werden. Zur optischen Fassadenlockerung soll ebenfalls die bauliche Ausführung des Discounter-Gebäudes im Sockelgeschoss beitragen. Der neue Aldi-Markt soll in der Bauflucht etwas vorspringen und in der Fassade einen hohen Glasanteil vor allem zum Billhorner Röhrendamm enthalten. Die Anlieferung des Discounter-Marktes soll über die Stellplatzanlage im Innenhof und Entladung über eine eingehauste Laderampe erfolgen. Die Dachfläche des Discounter-Marktes soll begrünt und auch als Dachterrasse für die Bewohner beider Gebäude entwickelt werden.

 

Bei den Wohnungsbauvorhaben im Plangebiet südlich der Billhorner Kanalstraße sowie am Billhorner Röhrendamm soll insgesamt jeweils ein Drittel der fürs Wohnen geplanten Bruttogeschossfläche als öffentlich geförderte Mietwohnungen mit Belegungs- und Mietpreisbindung hergestellt werden.

 

Um die geplanten Vorhaben verwirklichen zu können, ist für das Plangebiet neues Planungsrecht erforderlich. Im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung sind dabei folgende Baugebietsfestsetzungen vorgesehen:

-           Die vorhandenen und am Standort verbleibenden Gewerbebetriebe (Baustoffhandel an der Marckmannstraße und das Speditionsunternehmen an der Billhorner Kanalstraße) sollen bestandsorientiert als Gewerbegebiete (GE) festgesetzt werden. 

-           Der Bereich der St.-Erich-Kirche wird bestandskonform als Fläche für Gemeinbedarf festgesetzt. Weiterhin wird das Kirchengebäude als Einzelanlage des Denkmalschutzes bestandskonform nachrichtlich übernommen.             
Seitens der Kirche wurde bekannt gegeben, dass derzeit über eine eventuelle Nachnutzung des Kirchengebäudes diskutiert wird. Im Rahmen des weiteren Bebauungsplanverfahrens wird seitens des Fachamtes SL dann zeitnah geprüft, ob die bestehende Ausweisung obsolet werden wird und ob im B-Plan-Entwurf eine Änderung erforderlich wird.

-           Das Wohnungsbauvorhaben am Billhorner Röhrendamm soll aufgrund des Discounter-Marktes im Sockelgeschoss der Wohngebäude als Sondergebiet (SO) mit der Zweckbestimmung „Nahversorgung und Wohnen“ festgesetzt werden.

-           Die übrigen Flächen werden als Urbanes Gebiet (MU) mit Fixierung eines gewerblichen Anteils festgesetzt, um die angestrebte Funktionsmischung innerhalb eines dicht bebauten Quartiers zu ermöglichen.

 

Der Bebauungsplan soll im beschleunigten Verfahren gemäß § 13a des Baugesetzbuches betrieben werden. Außenbereichsflächen werden nicht in Anspruch genommen. Da im Plangebiet jedoch ein großflächiger Einzelhandelsmarkt (Erweiterung des vorhandenen Discounter-Marktes) vorgesehen ist, ist eine Vorprüfung des Einzelfalls nach UVPG erforderlich.

 

Das Plangebiet mit der bisherigen Bezeichnung „Rothenburgsort 19“ liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplanentwurfs Rothenburgsort 16 mit dem Aufstellungsbeschluss vom 25.11.2002 (M 5/02), der einen noch größeren Geltungsbereich umfasst und wegen bestehender Zielkonflikte seinerzeit nicht weiterverfolgt wurde. Aus Gründen der Verfahrensvereinfachung hat das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung nunmehr die Absicht, den Aufstellungsbeschluss über den Bebauungsplan Rothenburgsort 16 zu ändern und das bisherige Bebauungsplanverfahren „Rothenburgsort 19“ unter der Bezeichnung „Rothenburgsort 16“ (neu) weiterzuführen. Die bisherigen Inhalte und Ziele des B-Plan-Entwurfs bleiben davon unberührt. Bis auf die Plannummer wird sich inhaltlich nichts ändern. 

 

Der Stadtplanungsausschuss hat in seiner Sitzung am 20. September 2017 der Einleitung des Bebauungsplanverfahrens einstimmig zugestimmt. Der B-Plan-Entwurf wurde am 11. Dezember 2017 behördlich grobabgestimmt. Als nächster Verfahrensschritt wird nun die Durchführung der öffentlichen Plandiskussion voraussichtlich im April 2018 (Beginn 19:30 Uhr) angestrebt. Der genauere Termin wird zeitnah seitens des Fachamtes SL mit dem Ausschussvorsitzenden abgestimmt und dann rechtzeitig bekannt gegeben. Ein geeigneter Veranstaltungsort wird derzeit durch das Fachamt SL geprüft. 

 

Petitum/Beschluss

Auf Basis des aktuellen Bebauungsplan-Entwurfs des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung und dieser Vorlage wird der Stadtplanungsausschuss um Zustimmung zur Durchführung der öffentlichen Plandiskussion gebeten.

 

gez. Michael Mathe

 

 

Anlagen:

1.

Bebauungsplan-Entwurf

M 1:1.000 (im Original, A1)

2.

Lageplan, Plangebiet nördlich der Markmannstraße

M 1:1.000 (im Original, A3)

3.

Lageplan, Plangebiet südlich der Marckmannstraße,
am Bilhorner Röhrendamm  

mit Visualisierungen

M 1:500 (im Original, A3)

o.M.