Bebauungsplan-Entwurf Hamburg-Altstadt 49 "Neues Quartier am Klosterwall"; Feststellung der Vorweggenehmigungsreife nach § 33 Absatz 1 BauGB
1. Räumlicher Geltungsbereich des Bebauungsplanentwurfs Hamburg-Altstadt 49
Das Plangebiet befindet sich im Stadtteil Hamburg-Altstadt am Rande des Kontorhausviertels, in unmittelbarer Nähe des Hamburger Hauptbahnhofs und damit in prominenter Lage am Südrand der Hamburger City. Es umfasst den Bereich zwischen der Steinstraße im Norden, dem Klosterwall im Osten, dem Deichtorplatz im Süden sowie der Burchardstraße und dem Johanniswall im Westen (Bezirk Hamburg-Mitte, Ortsteil 101). Das Plangebiet hat eine Größe von ca. 1,45 ha.
2. Zweck und Bedeutung der Planaufstellung
Das bis April 2020 im Plangebiet befindliche Gebäudeensemble „City-Hof“ wurde in den 50er Jahren unter der Federführung des Architekten Rudolf Klophaus errichtet. Ende der 1970er Jahre wurden die ehemals hellen Fassaden aufgrund baukonstruktiver Mängel saniert. Das Ergebnis war eine graue Fassadenverkleidung, die den Gebäudekomplex in ihrer tristen Anmutung über die folgenden Jahrzehnte gestalterisch prägen sollte. Hinzu kamen funktionale Defizite insbesondere im Bereich der Passage und der Einzelhandelsflächen im durchgehenden Gebäudesockel, die schon bald nach Errichtung des Ensembles in Erscheinung traten. Auch die städtebauliche Kubatur der City-Höfe wurde vor dem Hintergrund der städtebaulichen und funktionalen Veränderungen im Umfeld wiederholt kritisch diskutiert.
Mit dem sich ankündigenden Auszug des Bezirksamtes als dem seinerzeitigen Ankermieter des Ensembles wurde der weitere Umgang mit dem City-Hof kontrovers diskutiert. Im Zuge der 2015 durchgeführten Investoren-Ausschreibung wurden Varianten zum Erhalt und Abriss / Neubau gegenübergestellt und geprüft. Schließlich erhielt der heutige Investor den Zuschlag, welcher eine Neubauplanung und somit den Abriss des Ensembles vorsah.
Zwingende Voraussetzung für den Abriss und die hierfür erforderliche Entlassung der City-Höfe aus dem Denkmalschutz war jedoch, dass der Neubau eine hohe städtebauliche und architektonische Qualität aufweist, die dem unmittelbar benachbarten Kontorhausviertel gerecht wird und somit einen überzeugenden Mehrwert gegenüber der heutigen denkmalwürdigen Gebäudesubstanz hat. Aus diesem Grund wurde 2016 / 2017 zunächst ein zweiphasiger städtebaulich-hochbaulicher Wettbewerb durchgeführt, aus dem der Entwurf eines Hamburger Architekturbüros als klarer Sieger hervorging. Dieser wurde auf Grundlage der Preisgerichtsempfehlungen weiter qualifiziert und in enger Abstimmung mit allen Entscheidungsträgern in den vorliegenden Vorhaben- und Erschließungsplan überführt.
Das städtebauliche Konzept ist als Weiterentwicklung der für das Kontorhausviertel charakteristischen Typologie des gegliederten Baublocks konzipiert. Dieser Block bildet den räumlichen Abschluss des Stadtteils, schließt die Raumkante der Hamburger Altstadt am Wallring und definiert dadurch die umgebenden Straßenräume, insbesondere aber den Platzbereich an der Burchardstraße und den Deichtorplatz, klarer als zuvor. Der Baublock besteht aus drei eigenständigen Gebäuden. Die Firstlinie ist leicht abtreppend angelegt, sodass die Baumasse die Topographie des Ortes aufnimmt und verdeutlicht. Trauf- und Staffellinien folgen dieser übergeordneten Struktur und gliedern so den Gesamtbaukörper.
Mit der Ausbildung von zwei Passagen als Querverbindung vom Klosterwall zur Altstädter Straße und zur Burchardstraße werden zudem wichtige Wegebeziehungen geschaffen respektive wieder aufgenommen. Zusätzliche Arkaden im südlichen Gebäudekopf verdeutlichen die öffentliche Zugänglichkeit des Erdgeschosses und leiten in die südliche Passage ein, in der sich auch der Zugang zur U-Bahn-Station „Steinstraße“ befindet.
Die innerhalb des Baublocks vorgesehenen drei Einzelgebäude sind hinsichtlich des Gesamt-nutzungskonzeptes in ihren Nutzungsbausteinen klar differenziert; im Norden befindet sich an der Steinstraße ein Hotel, im mittleren Gebäudeteil sind 136 Mietwohnungen – 33% davon öffentlich gefördert – und eine Kita vorgesehen. Im südlichen Gebäudeteil ist eine reine Büronutzung geplant. Im Sockel des gesamten Gebäudekomplexes sind neben den zwei Passagen und dem Zugang zur U-Bahn-Haltestelle „Steinstraße“ im Süden überwiegend Flächen für Ein-zelhandel und Gastronomie sowie kulturelle Nutzungen vorgesehen.
Die Erschließung des Vorhabens ist aufgrund der umgebenden Straßenverkehrsflächen grundsätzlich gesichert. Durch die Vorhabenträgerin durchzuführende Umbaumaßnahmen auf öffentlichem Grund werden über einen öffentlich-rechtlichen Vertrag abgesichert, der dem Durchführungsvertrag zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan angehängt ist (siehe Folgende).
3. Planinhalt
Das neue Planungsrecht (vgl. Anlage 2-4) sieht für den Bereich des Vorhabens die Bauge-bietsausweisung Urbanes Gebiet (MU) vor, um einerseits die Wohnfunktion in der Innenstadt weiter zu stärken und andererseits die innenstadttypischen Kernnutzungen zu sichern. Das Maß der baulichen Nutzung wird in enger Anlehnung an die im Vorhaben- und Erschließungsplan dargestellten Gebäudekubaturen über Baugrenzen, im südlichen Teilbereich auch über Baulinien sowie über maximale Gebäudehöhen differenziert festgesetzt. Angesichts der vollflächigen Unterbauung wird eine GRZ von 1,0 festgesetzt. Für die beiden Passagen sind Gehrechte zugunsten der Öffentlichkeit festgesetzt.
Die im bisherigen Verfahren und der Öffentlichen Auslegung (16. Oktober bis 18. November 2019) noch enthaltene nachrichtliche Darstellung des Denkmals City-Hof ist mit dem am 17. April 2020 abgeschlossenem Abriss des Bestandsensembles in Abstimmung mit dem Denkmalschutzamt aus der Planzeichnung entfernt worden.
Im Zuge der weiteren Konkretisierung der Planung ist in der Planzeichnung eine weitere Begrenzung der technischen Dachaufbauten erfolgt (vgl. auch folgende Ausführungen zum 1. Nachtrag zum Durchführungsvertrag). Konkret konnte die Zahl der sog. „(B)-Festsetzungen“ (vgl. auch § 2 Nr. 6 der Verordnung in Anlage 3), mit denen eine Überschreitung der maximalen Gebäudehöhe um bis zu 2,1m ermöglicht wird, von ursprünglich 12 auf nunmehr insgesamt 4 Flächen reduziert werden. Zwei dieser Flächen betreffen die Zugänge zu der neu geschaffenen Dachterrasse.
Über die zeichnerischen und textlichen Festsetzungen hinaus sichert der am 27. März 2019 unterzeichnete Durchführungsvertrag weitere Planungsziele ab, die aus den vorangegangenen intensiven Abstimmungen angesichts der genannten besonderen Rahmenbedingungen resultieren. In dem Vertrag werden insbesondere folgende Inhalte verbindlich geregelt (vgl. Anlage 5):
• Durchführungsverpflichtung / Herstellungsfristen für das Gesamtvorhaben
• Verzicht auf Eigentumswohnungen, Realisierung von 33 % öffentlich geförderten Miet-wohnungen
• Realisierung einer Kindertagesstätte
• Flächenangebot für nicht großflächigen Einzelhandel, darunter anteilig Lebensmittel-Einzelhandel
• Flächenangebot für kulturelle Nutzungen
• Gestalterische Vorgaben für Hochbau und Freiflächen
• Realisierung einer anteilig öffentlich nutzbaren Tiefgarage
• Sicherstellung der dauerhaften öffentlichen Begehbarkeit der beiden Fußgängerpassagen
• Lärmschutzmaßnahmen
• Entwässerungsmaßnahmen
• Sicherstellung der Zugänglichkeit der öffentlichen Treppenanlage zum Fußgängertunnel Klosterwall und der darüber angebundenen U-Bahn-Station „Steinstraße“
• Sicherstellung der Zugänglichkeit einer unterirdischen Hochspannungsleitung durch den Bedarfsträger Stromnetz Hamburg
• Einbindung des Archäologischen Museums Hamburg angesichts im Plangebiet möglicher archäologischer Baureste
• Sicherung von Umgestaltungsmaßnahmen auf öffentlichem Grund
• Tragung aller mit der Planung und Durchführung des Bebauungsplanverfahrens einhergehenden Kosten durch die Vorhabenträgerin.
Anlässlich der weiteren Konkretisierung der Planung insbesondere im Bereich der Dachoberflächen und der hier befindlichen Gebäudetechnik, aber auch der fortlaufenden kritischen Prüfung der besonderen Besonnungs- / Belichtungsverhältnisse ist am 15. Mai 2020 ein 1. Nachtrag zu dem Durchführungsvertrag unterzeichnet worden. Dieser beinhaltet folgende den Ursprungsvertrag ergänzende Regelungen (vgl. Anlage 6):
• Weiteres Verfahren zur Konkretisierung und Begrenzung des Umfangs der technischen Dachaufbauten sowie zu ihrer gestalterischen Optimierung (etwa durch Einhausungen)
• Herstellung einer gemeinschaftlich nutzbaren Dachterrasse als weitere Ausgleichsmaßnahme für Belichtungsdefizite in einzelnen geplanten Wohnungen.
4. Stellungnahmen im Rahmen der öffentlichen Auslegung
Während der Öffentlichen Auslegung vom 16. Oktober bis zum 18. November 2019 sind im Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung zu dem Bebauungsplan-Entwurf insgesamt drei umfangreiche Stellungnahmen von Nachbarn eingegangen, davon zwei Stellungnahmen absolut gleichlautend. Eine Stellungnahme thematisiert im Wesentlichen Befürchtungen des betreffenden Nachbarn, durch das Neubauvorhaben in seinen eigenen Entwicklungsmöglichkeiten beschränkt zu werden. Die weiteren zwei Stellungnahmen äußern grundsätzlichere Kritik an dem Verfahren und u.a. die Befürchtung, dass etwa durch das Neubauvorhaben die Standsicherheit der Nachbargebäude gefährdet wird.
Im behördlichen Arbeitskreis II am 13. Dezember 2019 sind die besagten Stellungnahmen aus der Öffentlichen Auslegung sowie Hinweise aus der vorangegangenen Kenntnisnahmeverschickung eingehend erörtert und abgewogen worden. Im Ergebnis sind die Bebauungskonzeption und die Festsetzungen inhaltlich nicht verändert worden - abgesehen von den zuvor genannten marginalen und zudem im Sinne der eingegangenen Einwendungen vorgenommenen Anpassungen. In der Begründung wurden Anpassungen insbesondere in der Erläuterung der Bebauungsdichte und der Besonnung / Verschattung vorgenommen.
5. Bisher rechtsverbindliche Pläne innerhalb des Plangebiets
Das geltende Planungsrecht für das Plangebiet setzt hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung der Text-Bebauungsplan Hamburg-Altstadt 47 / Neustadt 49 vom 05. Juli 2011 fest, der den bestehenden Baustufenplan Innenstadt in der Fassung seiner erneuten Feststellung vom 14. Januar 1955 (Amtl. Anz. S. 61) ändert und ergänzt. Mit dem erstgenannten Textplan wurden 2011 durch die Festsetzung von Kerngebieten gemäß § 7 BauNVO die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Genehmigung von anteiligen Wohnnutzungen in den Teilbereichen der Innenstadt geschaffen, die in übergeleiteten Bebauungsplänen (Baustufenplan Innenstadt) als Geschäftsgebiete festgesetzt waren und in denen aufgrund von Vorschriften der Baupolizeiverordnung von 1938 (BPVO) das Wohnen ausgeschlossen war. Neben der Art der baulichen Nutzung trifft der Text-Bebauungsplan Festsetzungen zum Immissionsschutz (Lärm und Luft) für Wohnnutzungen und sonstige Nutzungen.
Der zudem geltende Baustufenplan Innenstadt setzt weiterhin fünf Vollgeschosse plus ein 1,50 m zurückversetztes Staffelgeschoss als Höchstmaß sowie eine Grundstücksgröße von mindestens 250 m² fest. Das dem Vorhaben- und Erschließungsplan zugrunde liegende Neubaukonzept sieht eine Bebauung mit bis zu zehn Vollgeschossen vor sowie eine Umgestaltung des umgebenden Straßenraums, dem es heute an Aufenthaltsqualitäten mangelt.
Damit wurde die Änderung des bestehenden Planungsrechts durch die Aufstellung des vorha-benbezogenen Bebauungsplans erforderlich, um das Neubaukonzept mit seinen besonderen und intensiv vorabgestimmten baukulturellen Qualitäten insbesondere im Zusammenspiel mit dem angrenzenden Kontorhausviertel planungsrechtlich zu ermöglichen und entsprechend zu sichern.
6. Flächennutzungsplan und Landschaftsprogramm
Der Flächennutzungsplan für die Freie und Hansestadt Hamburg in der Fassung der Neube-kanntmachung vom 22. Oktober 1997 (HmbGVBl. S. 485) enthält für das Plangebiet im Wesentlichen folgende Darstellung: Gemischte Bauflächen, deren Charakter als Dienstleistungszentren für die Wohnbevölkerung und für die Wirtschaft durch besondere Festsetzungen gesichert werden soll. Der Bebauungsplan kann somit aus dem Flächennutzungsplan entwickelt werden.
Selbiges gilt für das Landschaftsprogramm, welches für das Plangebiet verdichteten Stadtraum darstellt.
7. Bisheriger Verlauf des Planverfahrens
• 11. Oktober 2017: Stadtplanungsausschuss, Zustimmung zur Einleitung und zur Durchführung der Öffentlichen Plandiskussion
• 13. November 2017: Grobabstimmung
• 29. Januar 2018: Öffentliche Plandiskussion
• 27. März 2019: Unterzeichnung des Durchführungsvertrages
• 16. Oktober bis 19. November 2019: Öffentliche Auslegung
• 13. Dezember 2019: Arbeitskreis II
• 15. Mai 2020: Unterzeichnung des 1. Nachtrags zum Durchführungsvertrag
• 28. Mai 2020: Bezirksversammlung, Beschluss Vorweggenehmigungsreife
8. Aktueller Realisierungsstand
Der Abriss des Bestandsensembles City-Hof ist bis zum 17. April 2020 abgeschlossen worden. Für das Neubauvorhaben wurden parallel zum Bebauungsplanverfahren drei Bauanträge für die drei Bauteile Hotel, Wohnen und Büro eingereicht. Diese werden aktuell geprüft. Eine Ge-nehmigung wird unter der Voraussetzung des Beschlusses der Vorweggenehmigungsreife für Juni 2020 avisiert.
Die Bezirksversammlung wird gebeten, dem Entwurf des Bebauungsplans Hamburg-Altstadt 49 in ihrer Sitzung am 28.05.2020 zuzustimmen.
Anlagen:
Anlage 1 - Vorhaben- und Erschließungsplan (Entwurfsstand 20.04.2020)
Anlage 2 - B-Plan-Zeichnung (Entwurfsstand 12.05.2020)
Anlage 3 - Verordnung (Entwurfsstand 27.04.2020)
Anlage 4 - Begründung (Entwurfsstand 13.05.2020)
Anlage 5 - Durchführungsvertrag (27.03.2019)
Anlage 6 - 1. Nachtrag zum Durchführungsvertrag (15.05.2020)