Attraktivität Rothenburgsorts mittel- und langfristig durch abgestimmtes Planungs- und Umsetzungshandeln sichern (Antrag der GRÜNE-Fraktion)
Für den Stadtteil Rothenburgsort wurden seit 1998 in wechselnden, aufeinander aufbauenden Stadttentwicklungsprogrammen tiefgreifende Veränderungen auf den Weg gebracht: Nachverdichtung im Wohnungsbau, Rückbau der "Autobahnohren" und damit Realisierung von Flächenreserven sowie eine Neugestaltung des Stadteingangs.
Nach jahrelanger Planungsphase treten in jüngster Zeit bei der Umsetzung der Maßnahmen Probleme im Stadtteil auf, insbesondere beim ruhenden Verkehr (vgl. auch Drucksachen–Nr.: 22-4369 vom 11.01.2024). Neben der Nachverdichtung belasten insbesondere auch privat abgestellte Liefer- und Gewerbefahrzeuge sowie Fahrzeuge von Pendler*innen die Parksituation im Stadtteil.
Diese Probleme erfordern strukturelle Lösungsansätze, um in der Entwicklung dieses Stadtteils langfristig dessen Attraktivität im öffentlichen Raum zu sichern. Dabei muss auch sichergestellt werden, Fußwege und Grünflächen von illegal parkenden Fahrzeugen freizuhalten. Zugleich sind Bedürfnisse von Anwohnenden (insbesondere von Menschen mit Mobilitätseinschränkungen) nach Parkmöglichkeiten vor Ort angemessen zu berücksichtigen.
Mit diesem Antrag wird über Einzelmaßnahmen hinaus für eine bessere Abstimmung im laufenden Planungs- und Umsetzungsprozess plädiert. Das Ziel ist es, im Zusammenspiel der Akteure abgestimmte Lösungen umzusetzen und somit durch Synergien der einzelnen Entwicklungsvorhaben bessere Lösungen für bereits im Stadtteil lebende wie auch zukünftige Bewohner*innen von Rothenburgsort zu schaffen. Dies sollte sich nicht einfach auf die Betrachtung der Bedarfe im Status quo beschränken. Vielmehr sind auch alternative Mobilitätskonzepte im Sinne der hamburgweit angestrebten Mobilitätswende einzubeziehen.
Was ist damit konkret gemeint? Einige Beispiele:
Die Umsetzung der bereits im Cityausschuss wie auch im Stadtteilrat Rothenburgsort mit Stand von 2021 vorgestellten Planung des LSBG einer Grundsanierung der Hauptverkehrsachse Billhorner Röhrendamm bis Ausschläger Allee wurde mehrfach verschoben. Hintergrund bilden die anstehenden bzw. laufenden Baumaßnahmen für Wohnungsneubau, aber auch die Erneuerung des Leitungsnetzes für Energie- und Wasserversorgung, die noch auf Jahre hinaus für Tiefbauarbeiten sorgen werden. Leider wurden diese Gründe in den Gremien und im Stadtteilrat nicht in gleicher Weise prominent und vor allem mit einem konkreten Zeithorizont kommuniziert wie die ursprüngliche Planung 2021/22. Dieser Aufschub ist sachlich begründet. Allerdings sollte die Zeit bis zur Umsetzung genutzt werden, die Planung des LSBG mit anderen Planungsprozessen zusammen zu denken und so zukünftig im Gesamtpaket der Veränderungen im Stadtteil zu einer verbesserten Gesamtsituation zu gelangen.
Insbesondere sollten die im Elbbrückenausschuss öffentlich vorgetragenen Überlegungen der Billebogen Entwicklungsgesellschaft zur Prüfung der Errichtung einer Quartiersgarage weiter geprüft und priorisiert werden, um reguläre und illegal genutzte Parkmöglichkeiten im Quartier zugunsten von dessen Attraktivität als Wohnstadtteil zu verlagern.
Die Idee von Quartiersgaragen sollte in den Planungsaktivitäten zusammen gedacht werden mit den Verkehrsplanungen des HVV im Zuge der Busoptimierung. Diese stehen in Zusammenhang mit der Neuplanung der Haltestellen und Umsteigeoptionen am Eingang von Rothenburgsort sowie insgesamt dem Umbau am "Stadteingang". Laut Nachfrage in der Sitzung vom November 2023 im Elbbrückenausschuss ist diese gemeinsame Betrachtung bislang nicht der Fall.
Aktuell wird der Stadtteil auch durch die Fahrzeuge von Pendler*innen, etwa aus den Vier- und Marschlanden, zusätzlich belastet. Es sind daher Maßnahmen zu prüfen, um diese Nutzung zu reduzieren. In Betrachtung kommt etwa die mögliche Verbindung einer Quartiersgarage mit einer P+R-Anlage (Park and Ride). Zum Teil können dadurch sogar Synergien genutzt und die Auslastung einer Quartiersgarage verbessert werden (Nutzung durch Pendler*innen tagsüber und durch Anwohner*innen abends/nachts). Die Chancen der Flächenreserven am Eingang von Rothenburgsort und der ohnehin notwendigen Neuordnung des ÖPNV sollten genutzt werden. Zumal der Umstand, dass Wohnungsneubau vielfach unter Verzicht auf Stellplätze genehmigt wurde, politisch zum Zeitpunkt der Genehmigung gewollt, vielfach zudem sachlich geboten (Stichwort Bodenbeschaffenheit sowie Erhalt der Attraktivität der Bestandsbebauung, z.B. in der Stresowstraße, durch Verzicht auf zusätzliche Bautätigkeit für Tiefgaragen) und somit quasi alternativlos war. Strukturelle Lösungsansätze in Anbetracht der aktuell zu beobachtenden unerwünschte Folgen sind also geboten.
Kurzfristiger könnte der Stadtteil durch die Einrichtung von Anwohnerparkzonen entlastet werden. Damit würde zusätzlich auch die Belastung des Stadtteils durch privat genutzte und abgestellte Liefer- und Gewerbefahrzeuge, etwa von Logistikfirmen, Gartenbaubetrieben oder Pflegediensten, reduziert.
Nicht zuletzt sind auch neue Mobilitätsangebote in den Planungen mit zu betrachten. Die Nutzung von Sharing-Angeboten für Autos, Roller und eScooter könnte den Bedarf an privaten Fahrzeugen im Stadtteil reduzieren. Daher sollten Anbieter von stationsgebundenem und floatendem Car-Sharing, von On-demand-Verkehren sowie von Mikromobilität einbezogen werden.
Die skizzierten Maßnahmen werden selbstverständlich nur längerfristig für besser geregelte Verhältnisse sorgen. Kurz- und mittelfristig kann eine Entlastung der aktuellen Situation durch vorübergehende Lösungen ermöglicht werden. Damit verbunden ist ein Signal an die Bevölkerung, dass die aktuell als unbefriedigend wahrgenommene Situation erkannt und über einzelne Maßnahmen hinaus grundlegend verbessert wird. So sollten Flächenreserven für den ruhenden Verkehr identifiziert und bereitgestellt werden. Der Stadtteilrat Rothenburgsort hat diesbezüglich bspw. die Aufmerksamkeit auf ein Grundstück Ecke Billhorner Mühlenweg/Stresowstraße gelenkt (vgl. u.a. Protokoll der Sitzung vom September 2023), das sich bis zum Baubeginn anbieten würde. Weitere Flächen, auch zur vorübergehenden Nutzung, lassen sich bestenfalls in den hier geforderten Gesprächsrunden identifizieren. Dabei ist jedoch sicherzustellen, dass keine zusätzlichen Anreize für die Anschaffung privater Fahrzeuge geschaffen werden.
Die Attraktivität eines Stadtteils besteht nicht nur in geordneten und auskömmlichen Verhältnissen im ÖPNV, in den Radwegeverbindungen und im motorisierten Verkehr, einschließlich des ruhenden, sondern zuvörderst auch in der Qualität der Wegeverbindungen für Fußgänger*innen. In jüngerer Vergangenheit sind einige der größten Hindernisse für sie gemindert worden (Beseitigung von Stolperfallen auf Fußwegen und auf Straßen, z.B. beim Kopfsteinpflaster Lindleystraße zum Marktplatz). Dennoch kann die Situation immer noch deutlich und im Sinne der Städtebau-Entwicklungsprogramme verbessert werden.
Im Rahmen des Revitalisierungsprogramms für Rothenburgsort (1998 bis 2007) war etwa auch eine weitere fußläufige Anbindung des Wohnstadtteils Rothenburgsort an den Elbpark Entenwerder auf der Höhe des Marktplatzes angedacht. An diese Idee wird hiermit erinnert, sie sollte in der aktuellen Situation (Freiräumung des Geländes der ehemaligen Golf Lounge) erneut in die Prüf-, Entwicklungs- u. Planungsprozesse eingesteuert werden. Eine solche Fußverbindung über den Haken würde den Elbpark auch für diejenigen mobilitätseingeschränkten Bewohner*innen Rothenburgsorts zugänglich machen, für die der Zuweg über die aktuell bestehenden Verbindungswege zu weit ist. Kinder auf dem Schulweg in die Hafencity würden risikoärmere u. kürzere Wege vorfinden. Für Besucher*innen des Elbparks aus anderen Stadtteilen würde diese Wegeverbindung die (gastronomischen) Angebote am Marktplatz zusätzlich zu denen auf Entenwerder erschließen und den Weg zu Bus und Bahn abkürzen.
Die Bezirksamtsleitung wird gebeten,
1) bei laufenden Planungen des Bezirksamts, der Fachbehörden wie auch der Billebogen-Entwicklungsgesellschaft (BBEG) mit Blick auf Rothenburgsort für Synergien der Lösungsansätze im oben skizzierten Sinne zu sorgen.
2) baldmöglichst eine Bestandaufnahme der aktuellen Situation zu initieren, die die Stadtteilöffentlichkeit über den Stadtteilrat genauso einbezieht wie die Polizei, Vertreter*innen der Wohnungsgesellschaften, des hvv und von Sharing-Anbietern.
3) gegenüber der BBEG, den zuständigen Fachbehörden sowie innerhalb des Bezirksamt auf eine prioritäre Prüfung der Einrichtung einer Quartiersgarage, ggf. in Verbindung mit einer P+R-Anlage, sowie von Anwohnerparkzonen hinzuwirken.
4) zur Vorbereitung und Umsetzung von 1) bis 3) in einer geeigneten Weise ein lösungsorientiertes und für die Stadtteilöffentlichkeit transparentes Format zur Diskussion ("Runder Tisch") zu schaffen und inhaltlich zu begleiten.
5) die Möglichkeiten der Realisierung einer weiteren Wegeverbindung vom Zentrum Rothenburgsorts über den Haken nach Entenwerder zu prüfen.
6) dem City-, Elbbrücken- oder Stadtplanungsausschuss (je nach Zuständigkeit in der kommenden Legislaturperiode) regelmäßig über den Stand der Prüfung und Umsetzung der vorgenannten Punkte zu berichten.