Angebote der offenen Kinder- und Jugendarbeit in den unterschiedlichen Coronavirus SARS-CoV-2 Phasen
In der Zeit der Schließung:
…ging es vorrangig darum, Kontakte zu vermeiden sowie Informations- und Aufklärungsarbeit zu betreiben. Kinder und Jugendliche für die Gefahren und Risiken von Corona für sie und ihre Angehörigen zu sensibilisieren.
In dieser Zeit haben die Mitarbeiter*innen der Einrichtungen nach Bedarf:
Bewährt hat sich, dass Mitarbeit*innen in den Stadtteilen und über soziale Medien als verlässliche Ansprechpartner*innen und Bezugspersonen zur Verfügung standen und mit Kindern und Jugendlichen zur Corona - Entwicklung gesprochen haben.
Je nach Jugendlichen waren die Kolleg*innen im persönlichen Kontakt oder über soziale Medien wie WhatsApp im Kontakt.
Seit der vorsichtigen Öffnung mit Auflagen:
…halten die Einrichtungen wieder Angebote vor. Hierfür hat jede Einrichtung ein Corona-Schutzkonzept / einrichtungsspezifisches Infektionsschutzkonzept erarbeitet. Wir haben also keinen normalen Offenen Betrieb. Je nach Größe, Raumaufteilung, Belüftungsmöglichkeiten, Außengelände können die Mitarbeiter*innen Angebote vorhalten, aber nur unter strengen Hygienevorschriften und Abstandsregelungen.
Viele Kinder und Jugendliche halten sich in den Stadtteilen nicht an die Hygiene- und Abstandsregeln. Wenn sie in die Einrichtungen kommen sind sie erst einmal sehr überrascht über unsere Auflagen.
In der Praxis sieht es im Moment so aus, dass in den Einrichtungen viele verschiedene Gruppen-, Beratungs- und Einzelangebote stattfinden können.
In diesem Bereich können die Hygiene- und Abstandsregeln gut kommuniziert werden. Hier finden Sozialberatung, Computergruppen, Sportangebote wie Schattenboxen, Hochbeet-Projekte … statt.
Schwieriger zu gestalten ist der große Teil der Arbeit, der dem Offenen Bereich am Nächsten kommt. Durch die Beschränkungen, dass Besucher*innen sich nur in festen Gruppen treffen dürfen, sich diese Gruppen untereinander nicht mischen dürfen, Eingangskontrollen bestehen (Erfassung der Besucherdaten) und die meisten interessanten Angebote in den Einrichtungen nicht angeboten werden können, fragen die Jugendlichen, was sie in den Einrichtungen sollen, wenn sie nichts machen können. Für einige Nutzer*innen ist es da viel interessanter, sich an öffentlichen Orten aufzuhalten. Andere Nutzer*innen haben sich zuhause mit „Netflix“, Spielekonsolen, Smartphone eingerichtet. Reale soziale Kontakte finden kaum statt. Zudem gibt es auch jetzt noch Eltern, die ihre Kinder nicht oder nur zur Schule aus dem Haus lassen, da sie Angst vor einer Ansteckung haben. So finden die Kontakte zu den Jugendlichen oft vor den Einrichtungen statt.
Diese Antwort ist eine Momentaufnahme, überwiegend aus Jugendeinrichtungen. Nur exemplarisch dargestellt um einen kleinen Einblick zu geben. Die Kolleg*innen haben noch vieles mehr gemacht bzw. versucht. Denn das ist es was wir im Moment tun. Wir gehen neue Wege.
Die Kindereinrichtungen und Einrichtungen der Familienförderung haben noch mehr als wir im Bereich der Familienunterstützung und bei Krisensituationen im Elternhaus gearbeitet.
Bei Rückfragen wenden Sie sich gerne an unsere Kolleg*innen der AG § 78 OKJA.
Wir haben uns aber auch Gedanken gemacht, was die Gesellschaft jetzt für Kinder und Jugendliche tun sollte:
Was brauchen Kinder und Jugendliche?!
Beim Lockdown im März wurden den Kindern und Jugendlichen von einem Tag auf den anderen sämtliche sozialen Kontakte geraubt. Dafür gab es gute Gründe.
Wenn wir jetzt wieder Sportvereine und Jugendzentren vorsichtig öffnen ist das ein positives Signal.
Während eines Lockdowns können keine Freundschaften entstehen, sie gehen aber vielleicht zu Ende. Junge Menschen können sich nicht verlieben, bei von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt bleibt nur das letztere. Wir müssen jetzt aktiv gegen Vereinsamung vorgehen.
Einrichtungen der Offene Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) können Orte sein an dem Hygienekonzepte eingehalten werden und Kinder und Jugendliche ihre Freizeit verbringen auch wenn viele andere Orte geschlossen sind.
Unter Bedingungen der momentan gültigen Allgemeinverfügung kann es jetzt nur ein Bruchteil der Angebote und Besuche geben. Ein Jugendzentrum das schon vor Corona personell und finanziell schlecht ausgestattet war, wird nicht in der Lage sein mehr zu stemmen. Wenn die Gesellschaft Wert darauflegt, dass die Jugend ihre Freizeit nicht ausschließlich mit Netflix und Playstation verbringt, muss das Angebot erweitert werden.
Wir brauchen jetzt ein Konjunkturprogramm für Freizeitgestaltung von Kindern und Jugendlichen. Wir brauchen Gruppen von Jugendlichen, die sozial interagieren und die Freundschaften entstehen lassen. So wie in modernen Städten gerade Pop-up-Bike-Lanes entstanden sind, um dem gestiegenem Interesse nach gesunder Mobilität Rechnung zu tragen, brauchen wir neue Freizeitangebote mit guter Ausstattung.
Alte Fabriketagen oder momentan ungenutzte Kulturstätten könnten zu Kinder- und Jugendzentren umfunktioniert werden. Student*innen aus den pädagogischen Fachrichtungen könnten geworben werden um die Betreuung zu ermöglichen (das hilft vielleicht auch gegen den Fachkräftemangel im Bereich der OKJA).
Wir brauchen schon für die Sommerferien eine zentrale Koordination und Mittelbereitstellung.
Mit dem politischen Willen, der die seelische, emotionale und soziale Gesundheit der Kinder und Jugendlichen im Blick hat können Fachbehörde und die Bezirke beauftragt und mit den nötigen Ressourcen ausgestattet werden. Der Fokus muss auf den Sommerferien liegen. Die Familien haben die letzten Monate oft unter engen Bedingungen aufeinander gehockt und alle haben jetzt eine Auszeit, auch voneinander, verdient.
Einer der wirksamsten Mittel für soziale Kontakte sind Ferienfreizeiten. Nichts bleibt ein Leben lang so intensiv in Erinnerung, als die Ferien mit Gleichaltrigen zu verbringen. Dafür braucht es jetzt gute Konzepte und Finanzierungen, denn zum Preis von vor Corona ist so was nicht zu machen. Selbst eine Fahrradtour mit Zeltlager kann nicht mal so einfach organisiert werden, wenn die Jugendlichen keine Räder, keine Zelte und Schlafsäcke besitzen und jeder seinen eigenen Campingkocher benutzen müsste. Jugendherbergen mit Mehrbettzimmern fallen auch (fast) aus, große Schullandheime mit kleineren Gruppen zu belegen könnte funktionieren, wenn nicht nur pädagogisches, sondern auch hauswirtschaftliches Personal mitkommt. Ansonsten stehen die Pädagog*innen den ganzen Tag alleine in der Küche und die Kinder- und Jugendlichen feiern Coronapartys.
Auch Angebote in den Stadtteilen, die in den Sommerferien stattfinden, sind wichtig. Die Kinder und Jugendeinrichtungen sind Begegnungsorte. Freundschaften, verlässliche Bezugspersonen, Beratung und Unterstützung sind wichtige Stützen im Leben der Kinder und Jugendlichen.
Zum Abschluss:
Die Sitzungen des Jugendhilfeausschusses finden zurzeit nur mit den stimmberechtigten Mitgliedern statt. Dies finden wir problematisch. Der JHA ist extra so zusammengesetzt, dass es beratende Mitglieder als Fachleute gibt, die an den Beratungen auch teilnehmen und so die Diskussion mit dem Fachwissen aus der Praxis bereichern. Wir wünschen uns, dass eine Arbeitsform für die Sitzungen des JHA gefunden wird, die dies wieder berücksichtigt.
Für die AG 78 OKJA
Delegierte der Region 1, 2, 3
Um Kenntnisnahme wird gebeten