21-3936.2

Ampelanlagen in der Nacht abschalten

Mitteilung öffentlich

Sachverhalt

Der Regionalausschuss Wilhelmsburg/Veddel hat in seiner Sitzung am 13.02.2018 dem nachfolgend aufgeführten Antrag der CDU-Fraktion Drs. Nr. 21-3936 einstimmig zugestimmt. Die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte hat diesen Beschluss in ihrer Sitzung am 22.02.2018 bestätigt.

 

Zahlreiche Autofahrer kennen das Problem: Auf einer menschenleeren Straße müssen sie während der Rotphase an einer Ampel stehen. Weder Fußgänger, noch Radfahrer oder andere Autos sind weit und breit zu sehen – dennoch müssen bis zum Umschalten auf Grün bis zu zwei Minuten vergehen.

 

Dies führt nicht nur zu Unmut bei den Autofahrern, sondern auch bei den Anliegern. Zudem wird die Umwelt sinnlos geschädigt. Durch das unnötige Halten entstehen zusätzliche Emissionen in Form von Abgasen und Lärm.

 

Durch das Abschalten von Ampelanlagen in der Zeit von 22 Uhr bis 5 Uhr kann unnötiges Stoppen von Fahrzeugen reduziert werden, was wiederum direkte Auswirkungen auf die Emissionswerte hat.

 

Die CDU-Fraktion will durch das Abschalten von Ampelanlagen in der Nacht den Verkehrsfluss verbessern und die Emissionswerte senken.

 

Der Regionalausschuss Wilhelmsburg / Veddel möge beschließen:

 

  1. Der Bezirksamtsleiter wird gebeten, sich bei den zuständigen Dienststellen dafür einzusetzen, dass die in der Anlage aufgeführten Ampelanlagen dahingehend geprüft werden, ob eine Abschaltung in der Nacht möglich ist. Sollte eine Abschaltung nicht möglich sein, ist dies im Einzelnen zu begründen und die Kriterien hierzu zu benennen. Insbesondere sind in diesem Fall die Unfallzahlen mit Uhrzeitangabe für die Ampelanlage zu benennen.

 

  1. Über das Ergebnis der Prüfung ist der Regionalausschuss Wilhelmsburg/Veddel zu unterrichten.

 

 

 

 

 

 

 

Die Behörde für Inneres und Sport / Verkehrsdirektion nimmt zum Beschluss am 27.04.2018 wie folgt Stellung:

 

Lichtzeichenanlagen (LZA) werden zur Erhöhung der Verkehrssicherheit, zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit und zur Steuerung der Verkehrsströme eingesetzt. Nach den Bestimmungen der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO; Ziff. VI zu § 37) sollten LZA in der Regel auch nachts in Betrieb gehalten werden. Nächtliches Ausschalten ist nur dann zu verantworten, wenn nach eingehender Prüfung davon ausgegangen werden kann, dass auch ohne LZA die Verkehrssicherheit gewährleistet ist.

Gleichwohl wurden und werden immer wieder Forderungen erhoben, LZA vermehrt zur Nacht-zeit abzuschalten. So wurden noch zu Beginn der achtziger Jahre in Hamburg (wie auch in vielen anderen Städten im Bundesgebiet) viele LZA zur Nachtzeit abgeschaltet, um mögliche Behinderungen des Verkehrs zu vermeiden, Lärm- und Abgasemissionen für die Anwohner zu minimieren und die Betriebskosten zu senken.

1985 wurden in Hamburg von 1013 Kreuzungs- und Einmündungs-LZA 624 Anlagen (= 61,5%) nachts zeitweise abgeschaltet. In den Folgejahren war ein überproportionaler Anstieg der Verkehrsunfälle an abgeschalteten LZA zu verzeichnen. Die bundesweit durchweg negative Unfall-entwicklung an abgeschalteten LZA Mitte der achtziger Jahre veranlasste dann die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) und den HUK-Verband, Forschungsarbeiten und Untersuchungsberichte zu diesem Thema durch einen gemeinsamen Arbeitskreis auswerten zu lassen. Die Arbeitsergebnisse mündeten in der Empfehlung, nur noch solche LZA abzuschalten, bei denen in den Abschaltzeiten ein Sicherheitsbedürfnis eindeutig nicht mehr besteht (z.B. Fußgänger-LZA vor Schulen, an denen zur Nachtzeit keine Fußgänger queren oder LZA in reinen Gewerbegebieten, in denen nachts kein Verkehr herrscht). In allen übrigen Fällen, d.h. bei allen Kreuzungen und Einmündungen sollte wegen der erhöhten Unfallwahrscheinlichkeit mit der Abschaltung überaus restriktiv nach einer sehr sorgfältigen Überprüfung eines jeden Einzelfalles verfahren werden.

Nachdem die Zahl der Verkehrsunfälle an abgeschalteten LZA in Hamburg 1988 im Vergleich zum Vorjahr um 21,5 % gestiegen war und die Auswertung der Unfallstatistik der ersten 10 Monate des Jahres 1989 eine ähnlich hohe Unfallbelastung mit schweren Unfallfolgen an abgeschalteten LZA erwarten ließ, wurde die Nachtabschaltung an zahlreichen LZA zu Beginn des Jahres 1990 in Hamburg aufgehoben und neue Kriterien für die Abschaltung von LZA zur Nachtzeit entwickelt. Die Unfallbelastung an abgeschalteten LZA in Hamburg sank 1990 daraufhin um 88 %. In Beobachtung des Unfallgeschehens wurden auch in den Folgejahren weitere unfallbelastete LZA sukzessive aus der Nachtabschaltung genommen. Letztlich wurden alle signalisierten Hamburger Kreuzungen anhand der Abschaltkriterien überprüft, ob Nachtabschaltungen vertretbar sind oder nicht.

 

Diese Kriterien für die Nachtabschaltung haben auch heute noch Gültigkeit und beinhalten eine Prüfung von:

 Verkehrsaufkommen und -zusammensetzung

(z.B. ÖPNV [Nachtbusse] aus der Nebenrichtung)

 Einsichtmöglichkeiten der Wartepflichtigen auf den bevorrechtigten Verkehr

 Knotenpunktgeometrie (Übersichtlichkeit, Anzahl der Knotenpunktzufahrten, Länge der Räumwege von Linksabbiegern, Anzahl der zu querenden Fahrstreifen)

 Eindeutigkeit der Vorfahrtregelung / Erkennbarkeit der Wartepflicht

 Stetigkeit der Regelung in einem Straßenzug

 Schutz von querenden Fußgängern (z.B. im Bereich von Nachtbushaltestellen, Bahnhöfen, Taxiständen)

 Örtliche Besonderheiten (z.B. Busspur, Beeinflussung der Lichtzeichenanlagen durch den ÖPNV, Feuerwehranforderung)

 

Darüber hinaus werden, um die Wartezeiten an LZA zur Nachtzeit möglichst gering zu halten, Signalprogramme mit kurzen Umlaufzeiten geschaltet und LZA zunehmend mit verkehrsabhängiger Steuerung (sog. Schlauampeln) betrieben. Zudem werden die Ampelphasen der in Betrieb befindlichen LZA vom Landesbetrieb, Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) im Rahmen der Programmpflege regelmäßig überprüft und aufeinander abgestimmt, um Behinderungen des Verkehrs zu vermeiden. Dabei wird auch in den Nachtprogrammen grundsätzlich die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit für die Koordinierung (Grüne Welle) der LZA zu Grunde gelegt. Fahrzeugführer, die die zulässige Höchstgeschwindigkeit aufgrund des geringeren Verkehrsaufkommens zur Nachtzeit überschreiten, müssen deshalb in der Regel häufiger bei Rot-licht anhalten. Ereignet sich an einer abgeschalteten LZA ein Verkehrsunfall, wird von der Straßenverkehrsbehörde sofort untersucht, ob der Unfall in Zusammenhang mit der Abschaltung steht bzw. ob der Unfall bei Betrieb der LZA hätte vermieden werden können. Danach wird ggf. die Betriebszeit der LZA angepasst oder die Nachtabschaltung gänzlich aufgehoben. Durch dieses Verfahren wird eine Häufung von Verkehrsunfällen an abgeschalteten LZA wirksam verhindert.

Fazit:

Die „LZA-Abschaltpraxis“ der letzten 25 Jahre hat sich in Hamburg bewährt. Die positive Unfall-entwicklung im Zusammenhang mit der Nachtabschaltung an LZA lässt nicht den Schluss zu, LZA könnten wieder vermehrt ohne negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit und das Unfallgeschehen abgeschaltet werden. Die Anzahl der gegenwärtig abgeschalteten LZA in Hamburg stellt einen ausgewogenen Kompromiss zwischen den unabweisbaren Erfordernissen der Verkehrssicherheit und einem möglichst ungehinderten Verkehrsfluss mit geringen Lärm- und Abgasemissionen zur Nachtzeit dar. Im Übrigen stehen auch die geringfügigen Einsparpotentiale bei den Betriebskosten durch Nachtabschaltungen an LZA (rund 200 € pro Jahr bei einem vierarmigen Knoten mit 20 Signalgebern) in keinem Verhältnis zu den hohen volkswirtschaftlichen Schäden bei Verkehrsunfällen, die durch den durchgehenden Betrieb von LZA vermieden werden können.

Insofern ist eine weitere Abschaltung von Lichtzeichenanlagen in Hamburg grundsätzlich nicht geboten. Eine detaillierte Betrachtung der in der Anlage bezeichneten LZA erübrigt sich somit. Ich bitte hierfür um Verständnis.

 

 

Petitum/Beschluss

Um Kenntnsinahme wird gebeten.