21-2583

Superbüttel im Kontext des bezirklichen Planungsprogramms: Quartiersbezogene Verkehrsberuhigung für das Kerngebiet koordinieren und systematisch abarbeiten

Antrag

Letzte Beratung: 10.01.2022 Kerngebietsausschuss Ö 6.1

Sachverhalt

Hamburg wächst. Gleichzeitig sinkt die Häufigkeit der Nutzung des motorisierten Individual­verkehrs (MIV) in Hamburg: Laut einer Umfrage des Instituts für angewandte Sozialwissenschaft zur Mobilität in Deutschland nutzten 2017 28 % der Hamburger das Auto täglich. Im Jahr 2008 waren es noch 34 Prozent gewesen. Auch der Anteil der Personen, die ihr Auto selten oder nie nutzen, spricht Bände: Dieser Anteil ist von 36 % (2008) auf 48 % (2017) gestiegen. Diese Zahlen beinhalten auch das Nutzungsverhalten in den Randgebieten Hamburgs, so dass für die urbanen Gebiete mit ihren geringeren Entfernungen und dem dichteren ÖPNV-Netz noch von deutlich geringeren Gesamtfahrleistungen ausgegangen werden kann. Zudem ist auch seit 2017 der Anteil des Radverkehrs am Modal Split noch einmal deutlich gestiegen. Gleichzeitig lässt sich beobachten, dass der überwiegende Teil der im öffentlichen Raum abgestellten Autos dort selten bis fast nie bewegt wird. In vielen urbanen Wohngebieten in Eimsbüttel nimmt dieser ruhende (Kfz-)Verkehr bis zu 40 % des gesamten Straßenraums ein. Dieser aus Steuermitteln unterhaltene öffentliche Raum steht damit anderen Verkehrsteilnehmenden oder alternativer Nutzung nicht mehr zur Verfügung.

Die Folgen der „autogerechten Stadt“, die sich auch in der Aufteilung des öffentlichen Straßen­raums zeigen, hat auch für das Klima insgesamt und für das Mikroklima schädliche Folgen. Abgesehen von den Emissionen durch Verbrennungsmotoren und Reifenabrieb führt die durch die nach wie vor starke Orientierung auf den MIV zu einer starken Oberflächenversiegelung. Durch eine Verkehrsberuhigung bieten sich Chancen zur Entsiegelung bzw. für Neupflanzungen und damit Klimaanpassungen beim Stadtgrün. Zudem können Hitzeinseln vermieden und durch Anwendung des Schwammstadtprinzips den verheerenden Folgen des Starkregens entgegen­gewirkt werden. 

Ein weiterer Vorteil ist eine geringere Abnutzung des Straßennetzes. Eine wesentliche Größe, die die Abnutzung von Bestandsgrößen beeinflusst, ist die Anzahl der Belastungen mit schweren Gefährten, bzw. ihrer Achslast. Jede Straße, die von Durchgangsverkehren entlastet wird, trägt dazu bei, den Sanierungsstau auf Eimsbüttels Bezirksstraßen unter Kontrolle zu bringen.

Unabhängig von diesen stadtökologischen und straßenbautechnischen Fragen ist das Thema der Flächenverteilung des Straßenraums eine Zukunftsfrage. Um allen Verkehrsteilnehmenden gerecht zu werden, muss der öffentliche Raum allen Menschen in den jeweiligen Quartieren zurückgegeben werden. Dieser Wunsch hat sich nicht nur in den letzten Wahlergebnissen mit dem damit verbundenen Auftrag an die Politik gezeigt, sondern auch an zahlreichen Initiativen von Bürgerinnen und Bürgern, die für ihr Quartier Veränderungen fordern und konkrete Schritte vorschlagen. Um die Verkehrswende voranzutreiben, ist daher die Beteiligung der Anwohnerinnen und Anwohner und Nutzerinnen und Nutzer des öffentlichen Raums von entscheidender Bedeutung. Der Straßenraum muss als öffentliches Gut neu verteilt und geordnet werden: Dem Umweltverbund steht deutlich mehr Straßenraum zu – eine Forderung, die auch in der Hamburger Bevölkerung deutlich an Unterstützung gewinnt. Zudem soll die Aufenthaltsqualität als sozialer Begegnungsraum gesteigert und dem Klimawandel entgegengewirkt werden.

Insbesondere im hoch verdichteten Kerngebiet ist die Aufteilung öffentlichen Raums ein viel diskutiertes Thema. Das gestiegene Interesse an großräumig wirksamen Verkehrsberuhigungs­projekten zeigt sich an folgenden Beispielen und in folgenden Gebieten:

  • Superbüttel
  • Quartiere für Menschen
  • Bellealliance-Viertel
  • Schulcluster um die Gustav-Falke Straße
  • Generalsviertel

Spezifische Informationen zum Konzept Superbüttel finden sich auf einer gesonderten Website (https://kursfahrradstadt.de/lebenswerte-stadt-hamburg-superbuettel-ganzerplan/). Das Vorhaben „Quartiere für Menschen“ des ADFC fußt auf einer Onlinebeteiligung (https://quartierefuermenschen.de/). Aufgrund der hohen Schuldichte im sog. Schulcluster und der hohen Kitadichte im sog. Belleviertel erreichen die Politik regelmäßig Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern, dort zu einer konkreten Verkehrsberuhigung beizutragen. Mithilfe von Einbahn­straßenregelungen oder Durchfahrtssperren sowie anderen geeigneten Mitteln kann der Durchgangsverkehr reduziert und mit Hilfe vorgezogener Seitenräume der Fußverkehr gestärkt werden. Für die Bellealliancestraße liegt bereits ein konkreter BV-Beschluss vor (https://sitzungsdienst-eimsbuettel.hamburg.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1006326).

So sehr die jeweiligen Forderungen begrüßenswert sind, so sind doch die personellen und finanziellen Ressourcen des Bezirksamts, der Bezirksversammlung und der Behörden begrenzt. Um der Bezirkspolitik eine Faktenbasis für ihre Entscheidungen zu ermöglichen, braucht es Zahlen, Daten und Fakten, um eine realistische Priorisierung der verschiedenen Maßnahmen zu treffen.

 

Petitum/Beschluss

Der Bezirksamtsleiter wird um Folgendes gebeten: 

  1. Für die nachfolgend genannten Projekte sollen die jeweils für Öffentlichkeitsbeteiligung, Planung und Umsetzung benötigten Personal- und Geldmittel (also in Personenstunden und Euro) sowie jeweils realistische Zeiträume geschätzt werden: 
  • Rellinger Straße, Schulwegsicherheit und Superbüttel (Drucksache 21-2268)
  • Parkraum für Fahrräder und Serviceparkplätze im Kerngebiet (Drucksache 21-1420) Bellalliancestraße (Drucksache 21-1714)
  • Bessere Fahrradstraßen (Drucksache 21-1830)
  • Schulcluster, Gustav-Falke Straße (Drucksache 21-2285): Diese Aufzählung kann um Projekte ergänzt werden, die aufgrund ihres Ressourcenbedarfs oder Umsetzungs­zeitraums aus Sicht der Verwaltung ein besonderes Gewicht für die kurz- und mittel­fristigen Planung haben. Für die angeregte Prüfung soll das Ziel zu Grunde gelegt werden, dass keine wesentliche Verzögerung der laufenden Planungen für Straßen­raumumgestaltungen entstehen.
  1. Es soll außerdem geprüft werden, inwiefern Projekte in verträglicher Weise parallel bearbeitet werden können und welche Synergien zu ggf. bereits angedachten Maßnahmen von Leitungsträgern bestehen.
  2. Es soll zudem geprüft werden, ob die zuständige(n) Fachbehörde(n) den Bezirk bei den genannten Projekten unterstützen kann/können.
  3. Es soll außerdem geprüft werden, welche Förderprogramme des Bundes oder der EU für die verschiedenen Vorhaben in Frage kommen.

Die Ergebnisse der Prüfung und Planung sollen dem Kerngebietsausschuss spätestens im Februar 2022 vorgestellt werden, um die Priorisierung und Schwerpunktsetzung in der Umsetzung zu diskutieren und Handlungsspielraum für weitere Initiativen einordnen zu können.

Carl Maria Bohny und GRÜNE-Fraktion

 

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