Stellungnahme zu Kinderarmut in Hamburg von der Arbeitsgemeinschaft § 78 OKJA/JSA in Eimsbüttel Drs. 22-1469, Beschluss der BV vom 26.09.2025
Die Behörde für Gesundheit, Sozialesund Integration (Sozialbehörde) nimmt zu dem o. g. Beschluss wie folgt Stellung:
Das Bundesverfassungsgericht hat 2019 bei Leistungskürzungen enge Grenzen gezogen, denn sog. Sanktionen belasten die Lebensgrundlage und sie treffen ggf. auch Kinder, wenn diese im gleichen Haushalt leben. Demnach müssen Sanktionen nicht nur sachlich gerechtfertigt und geeignet sein, außergewöhnliche Härten sind im Einzelfall darüber hinaus zu berücksichtigen. Gleichwohl sollen die Sanktionen beschränkt sein auf Fälle schuldhaften Verhaltens der Leistungsberechtigten – diese können die Sanktionierung durch ihre Mitwirkung aktiv vermeiden.
Nach der gesetzlichen Regelung werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen übernommen, soweit sie angemessen sind (vgl. § 22 Absatz 1 Satz 1 SGB II). Die Angemessenheitsgrenzen werden in Hamburg von der Sozialbehörde festgelegt. In bestimmten besonderen Lebenslagen und einigen Stadtteilen kann sich die festgelegte Angemessenheitsgrenze durch Zuschläge erhöhen (vgl. insbesondere Ziffern 1.3 und 3 der Fachanweisung „Bedarfe für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 SGB II“, https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/behoerden/sozialbehoerde/rechtliche-grundlagen/infoline/fachliche-vorgaben-und-hinweise/sgb-ii-grundsicherung-fuer-arbeitsuchende/fa-sgbii-22-kdu-45744).
Die Angemessenheitsgrenzen werden alle zwei Jahre neu berechnet. Dafür wird auf die Daten des jeweils aktuellen Hamburger Mietspiegel zurückgegriffen. Im Mietspiegel werden nur Mieten berücksichtigt, die in den letzten sechs Jahren neu vereinbart oder angepasst wurden und keiner Preisbindung unterliegen. Die Mietobergrenzen orientieren sich somit bereits an den Neuvermietungspreisen.
Auf dem Arbeitsmarkt spielt Qualifikation eine zentrale Rolle. Das Angebot an Arbeitsplätzen für ungelernte Arbeitssuchende ist begrenzt, während Fachkräfte kontinuierlich gefragt sind, um den Anforderungen einer komplexen und technisierten Arbeitswelt gerecht zu werden.Entsprechend legt die zuständige Behörde in Zusammenarbeit mit dem Jobcenter und der Arbeitsagentur einen besonderen Schwerpunkt auf Aus- und Weiterbildung. Qualifizierungsmaßnahmen sollen grundsätzlich Vorrang vor einer kurzfristigen Arbeitsmarktvermittlung haben, um nachhaltige Beschäftigungsperspektiven für alle Altersgruppen zu schaffen.
Die Behörde für Wirtschaft, Arbeit und Innovation teilt die Einschätzung, dass Ausbildung, Weiterbildung und Qualifizierung zentrale Hebel sind, um Armutslagen zu vermeiden, gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen und langfristige soziale Folgekosten zu verringern. Im Rahmen der Hamburger Fachkräftestrategie (Drs. 22/15302) werden daher fünf verschiedene Handlungsfelder und Eckpunkte formuliert, die insbesondere junge Erwachsene ohne Berufsabschluss, Geringqualifizierte und Menschen mit erschwertem Arbeitsmarktzugang adressieren.
In Kofinanzierung von ESF-Plus-Vorhaben im Rahmen von Programmen wie „Wandel der Arbeit“ werden u.a. mit „Weiterbildung stärken“ und dem „Bündnis für betriebliche Bildung – gemeinsam in die Zukunft“ niedrigschwellige Zugänge zu Ausbildung, Umschulung und beruflicher Weiterbildung geschaffen, die in enger Zusammenarbeit mit Betrieben – vor allem kleinen und mittleren Unternehmen – umgesetzt werden. Diese Ansätze verbinden arbeitsmarktpolitische Förderung mit konkreten betrieblichen Lernorten und tragen dazu bei, Beschäftigungsfähigkeit aufzubauen, Ausbildungsabbrüche zu vermeiden und Übergänge in Arbeit zu sichern.
Die Jugendberufsagentur Hamburg spielt dabei eine zentrale Rolle, um junge Menschen individuell zu beraten, zu stabilisieren und in Ausbildung oder Qualifizierung zu führen. Ziel ist es, Bildungs- und Erwerbschancen unabhängig von sozialer Herkunft zu eröffnen, Armutsrisikenüber Bildung zu durchbrechen und die soziale Spaltung der Stadt nachhaltig zu verringern.
Bei einer möglichen Anpassung der Vermögensfreibeträge sind die Auswirkungen auf das Kindeswohl zu berücksichtigen. Änderungen sollten zugleich die Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit wirksam unterstützen.
Die Sozialbehörde hat sich in der Vergangenheit gegenüber dem Bund bereits dafür ausgesprochen, die Methodik der Regelbedarfsermittlung für Kinder und Jugendliche und die von Familienhaushalten zu überprüfen und weiterzuentwickeln. Gemeinsam mit anderen Ländern im Bund hat sie den Bund in Gesetzgebungsverfahren aufgefordert, die besonderen Bedarfe von Kindern und Jugendlichen und Familienhaushalten bei der Ermittlung der Regelbedarfe nach den Sozialgesetzbüchern stärker zu berücksichtigen (vgl. zuletzt BR-Drs. 486/20, Ziff. 2.e)).
Die Sozialbehörde vertritt darüber hinaus auch die Auffassung, dass die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, mit der die Höhe der Regelbedarfe alle fünf Jahre nach den gesetzlichen Vorgaben neu ermittelt wird, keine geeignete Grundlage für die sachgerechte Bedarfsermittlung der Energiekosten darstellt. Sie hat sich daher gemeinsam mit anderen Ländern im Bund gegenüber dem Bund dafür eingesetzt, entweder einen eigenen, der Höhe nach gesetzlich festgelegten Leistungsanspruch auf Stromkosten neben dem Regelbedarf zu schaffen oder den Pauschalbetrag in den Regelbedarfen so zu bemessen, dass strukturelle Unterdeckungen vermieden werden (vgl. zuletzt BR Drs. 486/20, Ziff. 2.c)).
Allerdings wird eine unbegrenzte Übernahme der tatsächlich anfallenden Stromkosten als nicht sachgerecht angesehen, da sie keinen Anreiz zu einem wirtschaftlichen und klimaschonenden Energieverbrauch bieten würde.
Die Pauschalbeträge für die Erstausstattung von Wohnungen (in Hamburg in der „Fachanweisung zu § 31 Abs. 1 Nr. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten“ vom 01.12.2017 festgelegt) sowie für Erstausstattung mit Bekleidung, bei Schwangerschaft und Geburt (in Hamburg in der „Arbeitshilfe zu § 31 Abs. 1 Nr. SGB XII“ vom 01.02.2009 festgelegt) werden derzeit von der Sozialbehörde gemäß den gesetzlichen Vorgaben des §31 Abs. 3 SGB XII auf Aktualität untersucht.
Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind dementsprechend geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen.
Die Sozialbehörde prüft und setzt die Pauschalen aktuell anhand umfänglicher Marktanalysen in einem transparenten Verfahren neu fest und wird diese in einer neuen Fachanweisung berücksichtigen.
Nach dem Regelbedarfsermittlungsgesetz (RBEG) zählen digitale Endgeräte zu den soziokulturellen existenzsichernden Bedarfen und sind bereits regelbedarfsrelevant. Mit einem im Regelbedarf berücksichtigten Betrag von 3,36 € für Erwachsene (Stand EVS 2018) ist eine Anschaffung jedoch nur über ein langfristiges Ansparen möglich. Vor diesem Hintergrund hat Hamburg gemeinsam mit anderen Bundesländern in früheren Gesetzgebungsverfahren wiederholt auf die Notwendigkeit hingewiesen, für den Erwerb großer Elektrogeräte und digitaler Endgeräte einen eigenenLeistungsanspruch neben dem Regelbedarf zu begründen.
Den zuständigen Behörden ist es ein Anliegen, vielfältige Zugangswege zu schaffen und zu erhalten. So ist Jobcenter team.arbeit.hamburg nicht nur digital, sondern auch per Brief, telefonisch und persönlich erreichbar. In den sog. Eingangszonen unterstützen ggf. Mitarbeitende bei der Terminvergabe, um Wartezeiten für die Bürgerinnen und Bürger zu vermeiden.
Auch die Grundsicherungs- und Sozialdienststellen sind weiterhin per Brief, telefonisch und persönlich erreichbar. In den Eingangszonen werden ebenfalls durch Mitarbeitende Zuweisungen zu den gesuchten Ansprechpersonen und ggf. Kurzberatungen angeboten.
Beschluss:
Um Kenntnisnahme wird gebeten.
keine
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