Städtebauliche Erhaltungsverordnung, Feststellung eines Missstandes und Gemeindliches Vorkaufsrecht für Grindelallee 80
Sachverhalt:
Seit zu langer Zeit ist das gründerzeitliche Haus Grindelallee 80 als Spekulationsobjekt und Skandalhaus in den Medien. Bereits vor mittlerweile einigen Jahren wurde das Gebäude für unbewohnbar erklärt und steht deshalb leer, was nicht nur bei der aktuellen Wohnungsnot, sondern auch durch die zunehmende Verwahrlosung eines Filetgrundstückes an einer der Magistralen Eimsbüttels untragbar ist. Mit dem bisherigen Eigentümer ist kein Fortschritt zu erwarten, mit etwaigen Käufern ungewiss. Lösungsansätze wie eine Treuhänder-Einsetzung scheiterten bisher.
A) Rechtlicher Status der Grindelallee 89
Lt. Drs. 21-4312 vom 05.12.23 wurde das Zwangsversteigerungsverfahren wegen einer im Grundbuch gesicherten Auflassungsvormerkung für das Unternehmen M. eingestellt, sowie die Durchführung eines Treuhänderverfahrens ausgesetzt.
Grindelallee 80 ist also nicht der Ausübung des Vorkaufsrechtes durch Zwangsmaß-nahmen entzogen, sondern im Gegenteil Gegenstand eines zwar schuldrechtlich aber nicht sachrechtlich abgeschlossenen Verkaufs. Für den nicht unwahrscheinlichen Fall der Nichtigkeit dieses Kaufvertrages als auch möglichen Weiterverkaufs sollte der Bezirk Eimsbüttel jetzt die rechtlichen Bedingungen für ein Vorkaufsrecht schaffen.
B) Städtebauliche Erhaltungsverordnung oder Missstand?
Ein Allgemeines Vorkaufsrecht steht der Gemeinde beim Kauf von Grundstücken zu unter anderem nach §24 Abs. 1 Nr. 4 Baugesetzbuch (Städtebauliche Erhaltungs-verordnung).
Es ist für die Anwendung eines gemeindlichen Vorkaufsrechts aber nicht einmal das Vorliegen einer städtebaulichen Erhaltungsverordnung nach §24 BauGB notwendig.
Es reicht die Feststellung eines Missstandes nach § 24 Abs. 1 Nr. 8 in Verbindung mit
§177 BauGB (nicht: „Städtebaulicher Missstand“) aus. Die unzulässige Vervielfältigung der Wohnungsanzahl im Jugendstil-Gebäude Grindelallee 80 und auch der jahrzehntelange Verfall des Gebäudes sollten die Erklärung eines Missstandes wegen zweckwidriger Verwendung jederzeit rechtfertigen.
C) Abwendungsvereinbarung nach §27 BauGB
Nach §27 BauGB können der Käufer eines Objektes und die Gemeinde die Anwendung des Vorkaufsrechts durch eine sogenannte „Abwendungsvereinbarung“ vereinbaren. Hierin verpflichtet sich der Käufer, den städtebaulichen oder wohnungspolitischen Zielen der Gemeinde nachzukommen.
Eine solche Abwendungsvereinbarung könnte der Gemeinde den tatsächlichen Kauf (inkl. Finanzierung) und den Instandsetzungsaufwand ersparen.
Fazit:
Mit der umgehenden Feststellung eines Missstandes und/oder der Zuordnung zum Gebiet einer städtebaulichen Erhaltungsverordnung könnte der Bezirk Eimsbüttel die vor Ort notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen schaffen, welche für einen weiteren Verkauf der Grindelallee 80 (z.B. nach Nichtigkeit des aktuellen und erneutem Verkauf) greifen, wenn auf Bundesebene das Vorkaufsrecht novelliert wurde.
Da die rechtlichen Voraussetzungen für das gemeindliche Vorkaufsrecht mit der Zu-ordnung des Geländes zu einem Gebiet mit Städtebaulicher Erhaltungsverordnung aber auch mit einer Erklärung eines Missstandes gegeben wären, sollten beide Ver-fahren jetzt begonnen werden, damit mindestens eine Abwendungsvereinbarung geschlossen, besser noch ein gemeindlicher Vorkauf bei nächster Gelegenheit erfolgen könnte.
Das Fachamt für Stadt- und Landschaftsplanung des Bezirks Eimsbüttel wird gebeten,
1) zu prüfen, ob für Gebäude und Grundstück Grindelallee 80 ein Missstand feststellbar ist und diesen im positiven Fall umgehend festzustellen
2) zu prüfen, ob für Gebäude und Grundstück der Erlass einer städtebaulichen Er-haltungsverordnung möglich ist, alternativ das Grundstück dem Gebiet der bestehenden Erhaltungsverordnung Harvestehude Rotherbaum zuzuordnen, und ggfs. alle Schritte für eine solche Maßnahme umgehend einzuleiten
3) den derzeitigen Käufer „M“ um Auskunft zu seinen das Grundstück Grindelallee 80 betreffenden Plänen zu bitten
4) zu prüfen, ob mit einem festgestellten Missstand oder festgestellter Erhaltungs-verordnung ein Vorkaufsrecht genutzt werden kann, auf deren Grundlage mit dem derzeitigen Käufer „M“ (oder zukünftigen Käufern) der Grindelallee 80 eine Abwendungsvereinbarung oder ähnlich abschließbar ist
5) den Stadtplanungsausschuss über den Fortgang dieser Tätigkeiten zeitnah zu unterrichten.
6) Der Vorsitzende der Bezirksversammlung wird gebeten, dem Landesbetrieb Im-mobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) die Nutzung eines etwaig vorliegenden Vorkaufsrechts zu empfehlen.
Roland Wiegmann, Mikey Kleinert und DIE LINKE. Fraktion
keine