Rechtsextremismus im Bezirk Eimsbüttel
22.11.2019
Lfd. Nr. 12 (21)
Anfrage nach § 27 BezVG der Mitglieder der Bezirksversammlung Eimsbüttel, Gabor Gottlieb, Ines Schwarzarius, Koorosh Armi, Moritz Altner, Dagmar Bahr, Ralf Meiburg, Dr. Ann-Kathrin Riegel, Paulina Rügge, Janina Satzer, Ernst Christian Schütt, Annika Urbanski und Torge Urbanski (SPD-Fraktion)
„Rechtsextremismus im Bezirk Eimsbüttel“
Die Anfrage wird – von der Behörde für Inneres und Sport und der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration – wie folgt beantwortet:
Sachverhalt
Der Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke im Juni dieses Jahres sowie der jüngste Anschlag auf eine Synagoge in Halle/Saale sind nur zwei erschütternde rechtsextremistische Gewalttaten der vergangenen Wochen. Sie zeigen: Kaum acht Jahre nach dem Aufdecken der unter anderem auch in Hamburg verübten Mordserie der Terrorzelle NSU darf die Gefahr, die vom gewaltbereiten Rechtsextremismus ausgeht, nicht unterschätzt werden.
Der Bezirk Eimsbüttel wird im besonderen Maße vom gelingenden Miteinander seiner Bürgerinnen und Bürger mit vielfältigen kulturellen, sozialen und religiösen Hintergründen und Überzeugungen geprägt. Dennoch ist Rechtsextremismus kein regional oder lokal begrenztes Phänomen, kein Problem „der anderen“. Der Hamburger Verfassungsschutzbericht 2018 verzeichnet für Hamburg u.a. 284 rechtsextremistisch motivierte Straftaten, darunter 11 Gewaltdelikte. Es gilt, rechtsextreme Aktivitäten und Gewalttaten aufmerksam zu beobachten und ihnen entschlossen entgegenzutreten.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die zuständige Fachbehörde:
Der Senat hat seit dem Jahr 2014 in unter https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/ veröffentlichten Drucksachen zum Thema „Straf- und Gewalttaten mit rassistischem, rechtsextremistischem und/oder ausländerfeindlichem Hintergrund“ über die erfragten Sachverhalte betreffend ganz Hamburg sowie einzelne Bezirke berichtet; zu den Daten des erfragten Zeitraums siehe:
Drs. |
Zeitraum |
21/8633 |
1. Quartal 2017 |
21/10158 |
2. Quartal 2017 |
21/10622 |
3. Quartal 2017 |
21/11621 |
4. Quartal 2017 |
21/12541 |
1. Quartal 2018 |
21/14068 |
2. Quartal 2018 |
21/14626 |
3. Quartal 2018 |
21/15863 |
4. Quartal 2018 |
21/16758 |
1. Quartal 2019 |
21/17748 |
2. Quartal 2019 |
21/18629 |
3. Quartal 2019 |
Statistische Daten im Sinne der Fragestellung werden von der Polizei nicht erhoben. Für die Beantwortung wäre eine manuelle Durchsicht sämtlicher Hand- und Ermittlungsakten der in der Antwort 1. bis 1.e. in den genannten Drucksachen aufgeführten Fälle erforderlich. Von einer Auswertung mehrerer hundert Vorgänge im Rahmen einer Bezirksversammlungsanfrage wird abgesehen.
Die Aufklärungsquoten der erfragten Jahre sind in der folgenden Tabelle dargestellt, die Angaben für das Jahr 2019 sind vorläufig:
Jahr |
Aufklärungsquote |
2017 |
30,1 % |
2018 |
37,7 % |
2019* |
25,6 % |
* Stichtag 11. Oktober 2019
Dem LfV liegen Informationen zu rechtsextremistischen Personen und Gruppierungen vor. Über die entsprechenden Personenpotenziale wird regelmäßig mit den Verfassungsschutzberichten berichtet. Der Polizei Hamburg liegen im Gegensatz dazu strukturierte Informationen zu politisch bzw. extremistisch motivierten Straftaten und ggf. identifizierten Tatverdächtigen aller Phänomenbereiche vor. Eine über die genannten Datenbestände hinaus gehende Auswertung im Sinne der Fragestellung ist für die Zwecke einer bezirklichen Anfrage nicht möglich.
Zu in Hamburg begangenen Taten siehe Antwort zu 1.f.
Es stehen folgende Unterstützungs- und Hilfsangebote zur Verfügung:
Darüber hinausgehende Informationen über die Hamburger Beratungs- und Präventionsprojekte im Handlungsfeld finden sich hier: https://www.hamburg.de/gegen-rechtsextremismus/.
Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg informiert in seinen jährlichen Verfassungsschutzberichten über in Hamburg festgestellte Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Eine nach Bezirken getrennte Auswertung findet nicht statt. Im Übrigen siehe Antworten zu 6, 7 und Verfassungsschutzberichte der zurückliegenden Jahre: https://www.hamburg.de/innenbehoerde/publikationen-verfassungsschutz/231572/verfassungsschutzberichte-pdf/.
Seit 2017 hat nach dem LfV Hamburg vorliegenden Erkenntnissen eine öffentliche wahrnehmbare rechtsextremistische Veranstaltung im Bezirk Eimsbüttel stattgefunden. Dabei handelte es sich um eine Protestaktion am 27. Mai 2017 vor dem Ungarischen Konsulat in Hamburg, Alsterufer 45, 20354 Hamburg-Rotherbaum, mit Beteiligung der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationalisten“. Diese fand unter dem Motto „Freiheit für Horst Mahler!“ mit drei Teilnehmern statt. Zudem hat die Identitäre Bewegung nach hier vorliegenden Erkenntnissen mehrere interne Veranstaltungen durchgeführt. Darüber hinaus sind dem LfV Hamburg einzelne Treffen von Rechtsextremisten in Privatwohnungen bekannt geworden.
Rednerveranstaltungen rechtsextremistischer Gruppierungen wurden in Eimsbüttel nicht festgestellt. Im Übrigen siehe Antwort zu 6.
Eine nach Bezirken aufgeschlüsselte Erhebung von Potenzialzahlen wird nicht durchgeführt.
Der Senat hat bereits 2013 mit seinem Landesprogramm zur Förderung demokratischer Kultur, Vorbeugung und Bekämpfung von Rechtsextremismus „Hamburg – Stadt mit Courage“ (siehe Drs. 20/9849) seine Strategie hervorgehoben, sich nicht auf die Strafverfolgung des organisierten Rechtsextremismus zu beschränken, sondern bei rechtsextremen und menschenverachtenden Einstellungen und Handlungen anzusetzen und diesen in allen Teilen der Gesellschaft entschlossen entgegenzuwirken.
Am 15. Oktober 2019 hat der Senat die Fortschreibung des Landesprogramms beschlossen – siehe Drs. 21/18643 „Hamburg – Stadt mit Courage“ - Vorbeugung und Bekämpfung von Rechtsextremismus 2019 - und positioniert sich damit ausdrücklich gegen jede Form menschenverachtender Einstellungen und Handlungen. Aufgezeigt werden die Entwicklungen und aktuellen Herausforderungen in der Rechtsextremismusprävention, die strategische Ausrichtung des Senats im Handlungsfeld sowie die Umsetzung und Weiterentwicklung des Landesprogramms in den Regelsystemen und den ergänzenden Beratungsstellen und Präventionsprojekten.
Im Rahmen der kontinuierlichen Umsetzung und Weiterentwicklung des Landesprogrammes nutzt der Senat für den Ausbau der Beratungsstrukturen die Möglichkeiten des Bundesprogrammes „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ bzw. seiner Vorläuferprogramme und beteiligt sich auch an der Förderperiode ab 2020. Das Bundesprogramm stellt eine zentrale Säule der Strategie der Bundesregierung zur Extremismusprävention und Demokratieförderung dar, siehe auch https://www.demokratie-leben.de/bundesprogramm/ueber-demokratie-leben.html.
Das Projekt Kurswechsel – Ausstiegsarbeit Rechts (Träger: Christliches Jugenddorfwerk Deutschlands e.V. (CJD)) arbeitet seit Ende 2014 mit der Zielgruppe der bereits szenenahen bzw. rechtsaffinen Jugendlichen, die oftmals schon Adressaten von Jugendhilfe sind sowie mit Multiplikatoren/Fachkräfte der Regelstrukturen als sogen. „Signalgebern“ für eine Verweisberatung. Das pädagogische Konzept des Projekts ergänzt die Aufgaben der Regelstrukturen und setzt darauf, bei der Zielgruppe Irritationsmomente bezüglich ihrer Orientierung zu setzen und mit an ihrer Orientierung Zweifelnden in Kontakt zu kommen, siehe http://kurswechsel-hamburg.de/.
ohne
keine
Die Erkennung von Orten anhand des Textes der Drucksache kann ungenau sein. Es ist daher möglich, das Orte gar nicht oder falsch erkannt werden.