20-2697

Kreisverkehrsanlage Stresemannallee/Grandweg Drs. 20-2648, Beschluss der BV vom 14.12.2017

Mitteilungsvorlage der/des Vorsitzenden

Sachverhalt

Die VD 51, als zentrale Straßenverkehrsbehörde (StVB), nimmt im Einvernehmen mit dem

örtlich zuständigen Polizeikommissariat 23 zu den in der Drs. 20/2648 aufgeworfenen Fragen

wie folgt Stellung:

Einführend ist fest zu stellen, dass Bewertungen aus straßenverkehrsbehördlicher Sicht immer

einer Einzelfallprüfung unterliegen.

Außer den rechtlich verbindlichen Voraussetzungen sind in diese einzubeziehen:

• die besonderen örtlichen Verhältnisse

• die Verkehrsbelastung

• die Zusammensetzung der abzuwickelnden Verkehrsarten

• Erkennbare Gefahren- und Konfliktlagen

• die örtliche Unfalluntersuchung unter Anwendung der bundeseinheitlichen

Auswertetools der Elektronischen UnfalltypenSteckKarte (EUSKa)

• die Flächenverfügbarkeit

• die örtliche Umfeldnutzung

• verkehrspolitische Belange

• soweit möglich sich entwickelnde Änderungen im weiteren Umfeld und deren

mögliche Auswirkung auf die Verkehrsabläufe/-mengen.

Aus vorstehend genannten Gründen sind bereits umgesetzte Verkehrsmaßnahmen/-führungen

an anderen Örtlichkeiten nicht, oder nur bedingt übertragbar und können lediglich als

Anregung und/oder möglicher Variantenvorschlag genutzt werden.

Grundsätzlich werden seitens der Straßenverkehrsbehörden verkehrsunsichere Maßnahmen

abgelehnt bzw. nicht angeordnet.

zu Frage 1:

Ein Minikreisel wird grundsätzlich nicht als verkehrsunsicher eingestuft. Bauliche

Maßnahmen stehen im Verantwortungsbereich des zuständigen Wegebaulastträgers und

werden nicht durch die StVB genehmigt, bzw. abgelehnt. Bei der Planung und Bewertung

einzelner Maßnahmen steht die StVB dem Wegebaulastträger beratend zur Seite, unterstützt

aus polizeilicher und straßenverkehrsrechtlicher Sicht im gesamten Planung- und

Umsetzungsprozess und schlägt gegebenenfalls Maßnahmen (auch bauliche) vor, durch

welche ein zusätzlicher Sicherheitsgewinn zu erzielen ist.

zu Frage 2:

Der in Rede stehende Bereich befindet sich in einer Tempo 30 Zone nach VZ 274.1-50

Straßenverkehrsordnung. Im § 45 (1c) StVO ist ausgeführt, dass in T-30-Zonen grundsätzlich

die Vorfahrtregelung nach § 8 Absatz 1 Satz 1 (rechts vor links) gilt.

Unter Berücksichtigung der Radverkehrsförderung wurde im Knoten

Stresemannallee/Grandweg eine Kreisverkehrsanlage geplant. An Kreisverkehrsanlagen sind

die jeweils zuführenden Arme untergeordnet, also wartepflichtig. Sie bieten jedoch die

Möglichkeit bei geringem Geschwindigkeitsniveau und baulich bedingter Übersichtlichkeit

einen möglichst gleichmäßigen Verkehrsfluss zu gewährleisten und bei Abbiegevorgängen

notwendiges Halten im Knotenbereich zu vermeiden. Dieser Effekt fördert sowohl den

Radverkehr, als auch den motorisierten Individualverkehr und führt für verkehrsbedingt

wartende Abbieger, hier besonders für Radfahrende bei widrigen Witterungsverhältnissen und

Dunkelheit, zu einem deutlichen Sicherheitsgewinn. Lärm und Abgase können aus hiesiger

Sicht zudem durch nicht notwendige Beschleunigungs- und Bremsmanöver reduziert werden.

Die Anlage einer Kreisverkehrsanlage in T-30-Zonen steht nicht im Widerspruch zu geltenden

Rechtsvorschriften.

Aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse wird die aufgeworfene Frage in Bezug auf

einen Minikreisel wie folgt beantwortet.

Zu verkehrsstärkeren Zeiten werden deutliche Vorteile und Sicherheitsgewinne für den

Knoten gesehen.

Außerhalb der Verkehrsspitzen und vor dem Hintergrund der durch den Grandweg

verlaufenden und nicht zu vernachlässigenden Abkürzungsverkehre in Richtung

Troplowitzstraße – weiterführend in die Martinistraße, wird der Minikreisel kritisch gesehen.

Durch die überfahrbare Kreisinsel ist davon auszugehen, dass sich ein sogenannter

„Durchschusseffekt“ entwickelt. Dies bedeutet, dass trotz der gewollten Ablenkung von etwa

einer Fahrzeugbreite des motorisierten Fahrzeugverkehrs im Kreisverkehr ein fast gradliniges

und ungehindertes Queren möglich ist. Zusätzlich wird durch die straßenverkehrsrechtlich

vorgegebene Wartepflicht der jeweils zuführenden Arme die Möglichkeit des vorgenannten

Fehlverhaltens begünstigt. Eine nachhaltige Geschwindigkeitsdämpfung ist an dieser

Örtlichkeit nicht zu erreichen.

Die Planung eines „Kleinen Kreisverkehrs“ wird seitens VD 51 und PK 23 als geeignete

Maßnahme bewertet. Durch die nicht überfahrbare Kreisinsel und eine fahrgeometrische

Ablenkung von mindestens zwei Fahrzeugbreiten kann eine deutlichere

Geschwindigkeitsreduzierung als im Minikreisel mit einer Ablenkung von einer

Fahrzeugbreite erreicht werden. Deutliche und nachhaltige Maßnahmen zur

Geschwindigkeitsdämpfung sind in Wohngebieten gewollt und stehen im Einklang mit den

Charakteristika von T-30-Zonen. Im vorliegenden Sachverhalt können nachhaltig die

Sicherung des Schulweges im Bereich Grandweg/Stresemannallee und zugleich der

Radverkehr in Sinne des Senatsbeschlusses gefördert werden. Ungehindertes und gradliniges

Überfahren der Kreisinsel, wie es in einem Minikreisel möglich ist, kann in Gänze durch die

bauliche Ausgestaltung unterbunden werden.

Eine durch das PK 23 am 12.06.2017 durchgeführte Erhebung der Fußgänger- und Kfz-

Mengen hat ergeben, dass die in Anhängigkeit zu stellenden Verkehrsarten die Anlage eines

Fußgängerüberweges (FGÜ) ermöglichen.

In T-30-Zonen sind FGÜ grundsätzlich entbehrlich.

Hier wird jedoch aufgrund der Sicherung des Schulweges die Anlage von FGÜ im

Kreisverkehr als notwendig erachtet. Diese sind an allen Armen des FGÜ anzulegen.

zu Frage 3:

Der Minikreisel am Grindelhof ist aus straßenverkehrsbehördlicher Sicht die geeignete

Maßnahme an dieser Örtlichkeit.

Das direkte Umfeld ist geprägt durch Wohn- und Geschäftsbebauung. Hierdurch bedingt ist

ein hoher Fußgängeranteil zu verzeichnen. In den zu-/wegführenden Armen der

Kreisverkehrsanlage befinden sich diverse Parkstände und Längs- und Queraufstellung.

Durch die teilweise Parkraumbewirtschaftung ist eine hohe Parkwechselfrequenz fest zu

stellen. Dies verlangsamt zudem mit den fest zu stellenden langsamen Parkplatzsuchverkehren

das Geschwindigkeitsniveau. Durch Werbeträger der ansässigen Geschäfte, eine

Radabstellanlage und feste Einbauten (z.B. Verteilerkästen der Post ….) wird eine optische

Einengung des Verkehrsraumes erreicht, die im Zusammenhang mit der hohen

Fußgängerfrequentierung des Bereiches in sich geschwindigkeitsdämpfend wirkt.

Sichtbehinderungen sind trotz der intensiven Nutzung der Nebenflächen nicht zu verzeichnen.

Die Unfalllage ist unauffällig.

Eine durch die Firma SBI im November 2015 anhand von Videoaufnahmen durchgeführte

Verkehrsbeobachtung hat ergeben, dass das Fehlverhalten (Schneiden und Überfahren der

Mittelinsel) zu vernachlässigen ist, und maximal 3% des Gesamtverkehrsaufkommens im

Überwachungszeitraum betrug. Hinweise auf Mängel im Verkehrsraum liegen nicht vor, das

festgestellte Geschwindigkeitsniveau war unauffällig.

Im Knoten Stresemannallee/Grandweg wird die Örtlichkeit wie folgt bewertet:

Der Bereich ist übersichtlich, die fast ausschließliche Wohnbebauung liegt deutlich außerhalb

der öffentlichen Flächen und weist unter anderem teils großzügige Vorgärten auf.

Die Unfalllage im Bestand ist unauffällig.

Die Fußgängerzahlen liegen bedingt durch kleinere Wohneinheiten und fehlendes Gewerbe

deutlich unter denen des Knotens Grindelhof.

Die ausschließlich in Längsrichtung angeordneten Parkstände sind nicht bewirtschaftet. Es ist

lediglich das „normale“ Parken der Bewohner mit entsprechend niedriger

Parkwechselfrequenz fest zu stellen.

Der Grandweg wird temporär als Ausweichstrecke des ÖPNV genutzt.

Aufgrund einer fehlenden Linksabbiegemöglichkeit vom Lokstedter Steindamm in die

Martinistraße sind im Grandweg nicht zu vernachlässigende Abkürzungsverkehre fest zu

stellen, deren Zielrichtung die Troplowitzstraße in Richtung Martinistraße ist.

Sowohl durch einen Minikreisel, als auch durch einen kleinen Kreisel lassen sich die

vorliegenden Verkehrsmengen problemlos abwickeln. Optische Merkmale, welche sich

geschwindigkeitsdämpfend auswirken, sind im Knoten aufgrund der meist zurückliegenden

Wohnbebauung und den sehr großzügig bemessenen Nebenflächen (Gehwege) nicht

vorhanden.

In der Gesamtbewertung positioniert sich die Straßenverkehrsbehörde wie folgt:

1. Minikreisel sollen, soweit die benötigten Flächen nicht zur Verfügung stehen,

vornehmlich in Wohngebieten eingesetzt werden. Die Flächenverfügbarkeit am Knoten

Grandweg/Stresemannallee für einen Kleinen Kreisel ist gegeben.

2. Kleine Kreisel werden regelhaft mit Fahrbahnteilern ausgestaltet. In Minikreiseln sind

diese anzustreben.

3. Im Kleinen Kreisverkehr sollen die Fahrstreifen der Knotenpunktarme in einer Breite von

3.25 -3,5m hergestellt werden, so dass das Überholen des Radverkehrs unmittelbar vor

oder hinter der Kreisverkehrsanlage weitestgehend unterbunden werden kann. Dies führt

zu einer deutlichen Erhöhung der Verkehrssicherheit für Radfahrende und querende

Fußgänger, da die Knotenpunktarme und die Kreisbahn mit nahezu identischer geringer

Geschwindigkeit befahren werden müssen.

4. Minikreisel am Grindelhof und „Grandweg“ sind aufgrund der deutlich unterschiedlichen

Umfeldnutzung und unterschiedlichen Zusammensetzung der Verkehrsarten nicht

vergleichbar.

5. Der kleine Kreisverkehr wird als geeignete Maßnahme bewertet, um im Knoten

Stresemannallee/Grandweg die größtmögliche Verkehrssicherheit zu erreichen.

Insbesondere die Ausgestaltung mit Fahrbahnteilern bietet schwächeren

Verkehrsteilnehmern einen zusätzlichen Schutzraum beim Queren der Fahrbahnen.

6. Sollte diese Maßnahme nicht umgesetzt werden, wird angeregt, den Knoten im Bestand

zu belassen.

7. Der Minikreisel wird als nicht geeignete Maßnahme bewertet. Aufgrund der örtlichen

Besonderheiten, und der deutlich unterschiedlichen Umfeldnutzung zur

Kreisverkehrsanlage Grindelhof wird mögliches Fehlverhalten begünstigt. Dies wirkt sich

unter objektiver Bewertung des vorhandenen Verkehrsraumes mit seiner Charakteristik

als reines Wohnquartier und entsprechend niedrigem Fußgängeraufkommen nachteilig auf

die Verkehrssicherheit aus. Mögliche Fahrbahnteiler werden, wenn geplant, in

Minikreiseln regelhaft markiert oder als unterschiedliche Pflasterung aufgebracht. Ein

separater Schutzraum für schwache Verkehrsteilnehmer wird somit nicht geschaffen.

Zur Verdeutlichung der straßenverkehrsbehördlichen Bewertung in Bezug auf mögliche

Konfliktlagen an Knoten und Kreisverkehrsanlagen siehe die nachstehende Grafik:

 

 

 

Petitum/Beschluss

Um Kenntnisnahme wird gebeten.

 

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