Kreisverkehrsanlage Stresemannallee/Grandweg Drs. 20-2648, Beschluss der BV vom 14.12.2017
Die VD 51, als zentrale Straßenverkehrsbehörde (StVB), nimmt im Einvernehmen mit dem
örtlich zuständigen Polizeikommissariat 23 zu den in der Drs. 20/2648 aufgeworfenen Fragen
wie folgt Stellung:
Einführend ist fest zu stellen, dass Bewertungen aus straßenverkehrsbehördlicher Sicht immer
einer Einzelfallprüfung unterliegen.
Außer den rechtlich verbindlichen Voraussetzungen sind in diese einzubeziehen:
• die besonderen örtlichen Verhältnisse
• die Verkehrsbelastung
• die Zusammensetzung der abzuwickelnden Verkehrsarten
• Erkennbare Gefahren- und Konfliktlagen
• die örtliche Unfalluntersuchung unter Anwendung der bundeseinheitlichen
Auswertetools der Elektronischen UnfalltypenSteckKarte (EUSKa)
• die Flächenverfügbarkeit
• die örtliche Umfeldnutzung
• verkehrspolitische Belange
• soweit möglich sich entwickelnde Änderungen im weiteren Umfeld und deren
mögliche Auswirkung auf die Verkehrsabläufe/-mengen.
Aus vorstehend genannten Gründen sind bereits umgesetzte Verkehrsmaßnahmen/-führungen
an anderen Örtlichkeiten nicht, oder nur bedingt übertragbar und können lediglich als
Anregung und/oder möglicher Variantenvorschlag genutzt werden.
Grundsätzlich werden seitens der Straßenverkehrsbehörden verkehrsunsichere Maßnahmen
abgelehnt bzw. nicht angeordnet.
zu Frage 1:
Ein Minikreisel wird grundsätzlich nicht als verkehrsunsicher eingestuft. Bauliche
Maßnahmen stehen im Verantwortungsbereich des zuständigen Wegebaulastträgers und
werden nicht durch die StVB genehmigt, bzw. abgelehnt. Bei der Planung und Bewertung
einzelner Maßnahmen steht die StVB dem Wegebaulastträger beratend zur Seite, unterstützt
aus polizeilicher und straßenverkehrsrechtlicher Sicht im gesamten Planung- und
Umsetzungsprozess und schlägt gegebenenfalls Maßnahmen (auch bauliche) vor, durch
welche ein zusätzlicher Sicherheitsgewinn zu erzielen ist.
zu Frage 2:
Der in Rede stehende Bereich befindet sich in einer Tempo 30 Zone nach VZ 274.1-50
Straßenverkehrsordnung. Im § 45 (1c) StVO ist ausgeführt, dass in T-30-Zonen grundsätzlich
die Vorfahrtregelung nach § 8 Absatz 1 Satz 1 (rechts vor links) gilt.
Unter Berücksichtigung der Radverkehrsförderung wurde im Knoten
Stresemannallee/Grandweg eine Kreisverkehrsanlage geplant. An Kreisverkehrsanlagen sind
die jeweils zuführenden Arme untergeordnet, also wartepflichtig. Sie bieten jedoch die
Möglichkeit bei geringem Geschwindigkeitsniveau und baulich bedingter Übersichtlichkeit
einen möglichst gleichmäßigen Verkehrsfluss zu gewährleisten und bei Abbiegevorgängen
notwendiges Halten im Knotenbereich zu vermeiden. Dieser Effekt fördert sowohl den
Radverkehr, als auch den motorisierten Individualverkehr und führt für verkehrsbedingt
wartende Abbieger, hier besonders für Radfahrende bei widrigen Witterungsverhältnissen und
Dunkelheit, zu einem deutlichen Sicherheitsgewinn. Lärm und Abgase können aus hiesiger
Sicht zudem durch nicht notwendige Beschleunigungs- und Bremsmanöver reduziert werden.
Die Anlage einer Kreisverkehrsanlage in T-30-Zonen steht nicht im Widerspruch zu geltenden
Rechtsvorschriften.
Aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse wird die aufgeworfene Frage in Bezug auf
einen Minikreisel wie folgt beantwortet.
Zu verkehrsstärkeren Zeiten werden deutliche Vorteile und Sicherheitsgewinne für den
Knoten gesehen.
Außerhalb der Verkehrsspitzen und vor dem Hintergrund der durch den Grandweg
verlaufenden und nicht zu vernachlässigenden Abkürzungsverkehre in Richtung
Troplowitzstraße – weiterführend in die Martinistraße, wird der Minikreisel kritisch gesehen.
Durch die überfahrbare Kreisinsel ist davon auszugehen, dass sich ein sogenannter
„Durchschusseffekt“ entwickelt. Dies bedeutet, dass trotz der gewollten Ablenkung von etwa
einer Fahrzeugbreite des motorisierten Fahrzeugverkehrs im Kreisverkehr ein fast gradliniges
und ungehindertes Queren möglich ist. Zusätzlich wird durch die straßenverkehrsrechtlich
vorgegebene Wartepflicht der jeweils zuführenden Arme die Möglichkeit des vorgenannten
Fehlverhaltens begünstigt. Eine nachhaltige Geschwindigkeitsdämpfung ist an dieser
Örtlichkeit nicht zu erreichen.
Die Planung eines „Kleinen Kreisverkehrs“ wird seitens VD 51 und PK 23 als geeignete
Maßnahme bewertet. Durch die nicht überfahrbare Kreisinsel und eine fahrgeometrische
Ablenkung von mindestens zwei Fahrzeugbreiten kann eine deutlichere
Geschwindigkeitsreduzierung als im Minikreisel mit einer Ablenkung von einer
Fahrzeugbreite erreicht werden. Deutliche und nachhaltige Maßnahmen zur
Geschwindigkeitsdämpfung sind in Wohngebieten gewollt und stehen im Einklang mit den
Charakteristika von T-30-Zonen. Im vorliegenden Sachverhalt können nachhaltig die
Sicherung des Schulweges im Bereich Grandweg/Stresemannallee und zugleich der
Radverkehr in Sinne des Senatsbeschlusses gefördert werden. Ungehindertes und gradliniges
Überfahren der Kreisinsel, wie es in einem Minikreisel möglich ist, kann in Gänze durch die
bauliche Ausgestaltung unterbunden werden.
Eine durch das PK 23 am 12.06.2017 durchgeführte Erhebung der Fußgänger- und Kfz-
Mengen hat ergeben, dass die in Anhängigkeit zu stellenden Verkehrsarten die Anlage eines
Fußgängerüberweges (FGÜ) ermöglichen.
In T-30-Zonen sind FGÜ grundsätzlich entbehrlich.
Hier wird jedoch aufgrund der Sicherung des Schulweges die Anlage von FGÜ im
Kreisverkehr als notwendig erachtet. Diese sind an allen Armen des FGÜ anzulegen.
zu Frage 3:
Der Minikreisel am Grindelhof ist aus straßenverkehrsbehördlicher Sicht die geeignete
Maßnahme an dieser Örtlichkeit.
Das direkte Umfeld ist geprägt durch Wohn- und Geschäftsbebauung. Hierdurch bedingt ist
ein hoher Fußgängeranteil zu verzeichnen. In den zu-/wegführenden Armen der
Kreisverkehrsanlage befinden sich diverse Parkstände und Längs- und Queraufstellung.
Durch die teilweise Parkraumbewirtschaftung ist eine hohe Parkwechselfrequenz fest zu
stellen. Dies verlangsamt zudem mit den fest zu stellenden langsamen Parkplatzsuchverkehren
das Geschwindigkeitsniveau. Durch Werbeträger der ansässigen Geschäfte, eine
Radabstellanlage und feste Einbauten (z.B. Verteilerkästen der Post ….) wird eine optische
Einengung des Verkehrsraumes erreicht, die im Zusammenhang mit der hohen
Fußgängerfrequentierung des Bereiches in sich geschwindigkeitsdämpfend wirkt.
Sichtbehinderungen sind trotz der intensiven Nutzung der Nebenflächen nicht zu verzeichnen.
Die Unfalllage ist unauffällig.
Eine durch die Firma SBI im November 2015 anhand von Videoaufnahmen durchgeführte
Verkehrsbeobachtung hat ergeben, dass das Fehlverhalten (Schneiden und Überfahren der
Mittelinsel) zu vernachlässigen ist, und maximal 3% des Gesamtverkehrsaufkommens im
Überwachungszeitraum betrug. Hinweise auf Mängel im Verkehrsraum liegen nicht vor, das
festgestellte Geschwindigkeitsniveau war unauffällig.
Im Knoten Stresemannallee/Grandweg wird die Örtlichkeit wie folgt bewertet:
Der Bereich ist übersichtlich, die fast ausschließliche Wohnbebauung liegt deutlich außerhalb
der öffentlichen Flächen und weist unter anderem teils großzügige Vorgärten auf.
Die Unfalllage im Bestand ist unauffällig.
Die Fußgängerzahlen liegen bedingt durch kleinere Wohneinheiten und fehlendes Gewerbe
deutlich unter denen des Knotens Grindelhof.
Die ausschließlich in Längsrichtung angeordneten Parkstände sind nicht bewirtschaftet. Es ist
lediglich das „normale“ Parken der Bewohner mit entsprechend niedriger
Parkwechselfrequenz fest zu stellen.
Der Grandweg wird temporär als Ausweichstrecke des ÖPNV genutzt.
Aufgrund einer fehlenden Linksabbiegemöglichkeit vom Lokstedter Steindamm in die
Martinistraße sind im Grandweg nicht zu vernachlässigende Abkürzungsverkehre fest zu
stellen, deren Zielrichtung die Troplowitzstraße in Richtung Martinistraße ist.
Sowohl durch einen Minikreisel, als auch durch einen kleinen Kreisel lassen sich die
vorliegenden Verkehrsmengen problemlos abwickeln. Optische Merkmale, welche sich
geschwindigkeitsdämpfend auswirken, sind im Knoten aufgrund der meist zurückliegenden
Wohnbebauung und den sehr großzügig bemessenen Nebenflächen (Gehwege) nicht
vorhanden.
In der Gesamtbewertung positioniert sich die Straßenverkehrsbehörde wie folgt:
1. Minikreisel sollen, soweit die benötigten Flächen nicht zur Verfügung stehen,
vornehmlich in Wohngebieten eingesetzt werden. Die Flächenverfügbarkeit am Knoten
Grandweg/Stresemannallee für einen Kleinen Kreisel ist gegeben.
2. Kleine Kreisel werden regelhaft mit Fahrbahnteilern ausgestaltet. In Minikreiseln sind
diese anzustreben.
3. Im Kleinen Kreisverkehr sollen die Fahrstreifen der Knotenpunktarme in einer Breite von
3.25 -3,5m hergestellt werden, so dass das Überholen des Radverkehrs unmittelbar vor
oder hinter der Kreisverkehrsanlage weitestgehend unterbunden werden kann. Dies führt
zu einer deutlichen Erhöhung der Verkehrssicherheit für Radfahrende und querende
Fußgänger, da die Knotenpunktarme und die Kreisbahn mit nahezu identischer geringer
Geschwindigkeit befahren werden müssen.
4. Minikreisel am Grindelhof und „Grandweg“ sind aufgrund der deutlich unterschiedlichen
Umfeldnutzung und unterschiedlichen Zusammensetzung der Verkehrsarten nicht
vergleichbar.
5. Der kleine Kreisverkehr wird als geeignete Maßnahme bewertet, um im Knoten
Stresemannallee/Grandweg die größtmögliche Verkehrssicherheit zu erreichen.
Insbesondere die Ausgestaltung mit Fahrbahnteilern bietet schwächeren
Verkehrsteilnehmern einen zusätzlichen Schutzraum beim Queren der Fahrbahnen.
6. Sollte diese Maßnahme nicht umgesetzt werden, wird angeregt, den Knoten im Bestand
zu belassen.
7. Der Minikreisel wird als nicht geeignete Maßnahme bewertet. Aufgrund der örtlichen
Besonderheiten, und der deutlich unterschiedlichen Umfeldnutzung zur
Kreisverkehrsanlage Grindelhof wird mögliches Fehlverhalten begünstigt. Dies wirkt sich
unter objektiver Bewertung des vorhandenen Verkehrsraumes mit seiner Charakteristik
als reines Wohnquartier und entsprechend niedrigem Fußgängeraufkommen nachteilig auf
die Verkehrssicherheit aus. Mögliche Fahrbahnteiler werden, wenn geplant, in
Minikreiseln regelhaft markiert oder als unterschiedliche Pflasterung aufgebracht. Ein
separater Schutzraum für schwache Verkehrsteilnehmer wird somit nicht geschaffen.
Zur Verdeutlichung der straßenverkehrsbehördlichen Bewertung in Bezug auf mögliche
Konfliktlagen an Knoten und Kreisverkehrsanlagen siehe die nachstehende Grafik:
Um Kenntnisnahme wird gebeten.
keine
Keine Orte erkannt.
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