21-1465

COVID19 - Arbeitsfähigkeit von Bezirksversammlung und Ausschüssen

Kleine Anfrage gem. § 24 BezVG

Sachverhalt

17.11.2020

Lfd. Nr. 99 (21)

 

Anfrage nach § 24 BezVG des Mitglieds der Bezirksversammlung Eimsbüttel, Roland Wiegmann (Fraktion DIE LINKE)

 

COVID19 - Arbeitsfähigkeit von Bezirksversammlung und Ausschüssen

 

Die Kleine Anfrage wird wie folgt beantwortet:

 

 

Vorbemerkung:

In § 24 Abs. 1 BezVG ist Folgendes geregelt:

„In Angelegenheiten, für die das Bezirksamt zuständig ist, können die Mitglieder der Bezirksversammlung große und kleine Anfragen an die Bezirksamtsleitung richten.“

 

Damit steht fest, dass in diesem Rahmen keine Anfragen an den Vorsitzenden der Bezirksversammlung oder das Präsidium gestellt werden können. Dessen ungeachtet wurde die Beantwortung der Anfrage gemeinsam von Verwaltung und Geschäftsstelle der Bezirksversammlung bearbeitet und mit dem Vorsitzenden der Bezirksversammlung abgestimmt.

Dies vorausgeschickt beantwortet das Bezirksamt die Anfrage wie folgt:

 

Sachverhalt:

Mit den Allgemeinverfügungen seit März 2020 (“Lockdown”) wurde die Arbeit der Bezirksversammlung Eimsbüttel und ihrer Ausschüsse auf nicht-öffentliche Tagungen des Hauptausschusses - und selbst diese bei minimaler Teilnehmerzahl - für etwa 7 Wochen bis Ende Mai reduziert.
Bis zum Beginn der Sommerferien konnten die Gremien der Bezirksversammlung dann etwa 5 Wochen unter CORONA-Auflagen ohne Zubenannte und Stellvertreter*innen ihren Aufgaben nachgehen, nach den Sommerferien (ca. 6 Wochen Ausfall) jetzt etwa 8 Wochen bis zu den Herbstferien.

In den Einladungen zur Bezirksversammlung wird Öffentlichkeit ausgeschlossen. Von den Einladenden zu den Ausschüssen wird darum gebeten, nur mit der minimalen Anzahl der Stimmberechtigten teilzunehmen, um mit weniger Teilnehmenden die Abstandsgebote besser einhalten zu können und auch um das Infektionsrisiko für Risikogruppen zu minimieren.
Dies belastet besonders die kleinen Fraktionen. Zudem ist das Interesse von zubenannten Bürger*innen ohne ihre Einbeziehung in den Ausschüssen in allen Fraktionen nur schwer aufrecht zu erhalten.

Besonders schwerwiegend neben der erzwungenen Untätigkeit über zusammengenommen mehrere Monate, wirkt hier auch der bis heute andauernde Ausschluss der demokratischen Öffentlichkeit (mit Ausnahme einer einzigen gestreamten Bezirksversammlung). Die Beteiligung der Öffentlichkeit ist aber ein wesentliches Demokratie-Element. Wenn dauerhaft keine Öffentlichkeit in der Bezirksversammlung (und auch ihre Ausschüsse sind Teil der Bezirksversammlung) hergestellt wird, verstößt die Bezirksversammlung sogar gegen BezVG §14,1, nach welchem die Sitzungen der Bezirksversammlung und ihrer Ausschüsse grundsätzlich öffentlich “sind”. Die Ausnahmen gem. §14,2 BezVG können schlechterdings nur vorübergehend angewandt werden.

Dass die Infektionszahlen mit Beginn der kalten Jahreszeit wieder massiv ansteigen würden, war seit Monaten völlig klar. Und zum jetzigen Zeitpunkt fallen schon wieder die ersten Ausschüsse wegen des seit Langem erwartbaren Anstiegs der 7-Tage-Inzidenzwerte aus.

Weitere Ausfälle der Gremien sind sehr wahrscheinlich aber auf Dauer nicht hinnehmbar. Immerhin ist mit einem erneuten Abflachen der Infektionszahlen schlechterdings nicht vor Ende der kalten Jahreszeit und unter Bezug auf COVID-19 nicht vor flächendeckender Anwendung eines zuverlässigen und risikoarmen Impfstoffes - also nicht vor 6 Monaten von jetzt an - zu rechnen.

Katastrophen-Zeiten neigen grundsätzlich zu Machtverschiebungen von einem möglichst ausgeglichenen Verhältnis der Gewaltenteilung hin zur Konzentration bei der Exekutive. Dieser Neigung ist immer frühzeitig zu begegnen.

Die Bedeutung der Bezirksversammlungen selbst wird von der “Allgemeinverfügung zur Eindämmung des Coronavirus in Hamburg durch vorübergehende Kontaktbeschränkungen” vom 22 März 2020” anerkannt, indem Nr. 4, b als Ausnahme der Beschränkungen Ansammlungen von Personen für die Wahrnehmung der Aufgaben oder des Dienstes als Mitglied der Bezirksversammlung sogar explizit für zulässig erklärt.

 

Mit “COVID-19, Krisen bedürfen der Transparenz” (Drs 21-0924) beantragte DIE LINKE. Fraktion in der Bezirksversammlung bereits im April 2020 - also vor 6 Monaten / einem halben Jahr –

1)          die Anschaffung und Inbetriebnahme von Video-Aufzeichnungssystemen mit Ergänzungsmöglichkeit durch eine Streaming-Option sowie Erweiterung zu einem Videokonferenz-System

2)          die Vorsitzende der Bezirksversammlung zu bitten, wenigstens die Anschaffungs- und Betriebskosten eines Video-Aufzeichnungssystems für Bezirksversammlung und Ausschüsse als erster Stufe mit dem Ziel einer vollständigen Videokonferenzlösung festzustellen und der Bezirksversammlung vorzulegen sowie

3)          die Vorsitzende der Bezirksversammlung aus Gründen der Dringlichkeit zu bitten, parallel zum Eimsbütteler Beschaffungsprozess die Möglichkeiten der Refinanzierung aus Landesmitteln zu eruieren und der Bezirksversammlung vorzulegen.

Die Linksfraktion zog diesen Antrag am 30. April 2020 zurück, weil in der Antragsdiskussion von Amtsseite angekündigt wurde, dass auf eine hamburgweit einheitliche, senatsseitige Verfahrens-Lösung (Datenschutz, Software, Hardware) für Online-Durchführungen von Bezirksversammlung und Ausschüssen gewartet werde.

Die ‘Lösung’ der Hamburgischen Bürgerschaft zur Ermöglichung von Präsenzsitzungen im Kaisersaal erinnert schwer an ‘Einzelkäfig-Haltung’. Da ist selbst der Bezirk Eimsbüttel in den Bezirksversammlungen weiter. Aber in Bezug auf Öffentlichkeitsbeteiligung und Teilnahme Zubenannter ist bis auf die Durchführung einer einzigen, gestreamten Bezirksversammlung bis heute, 7 Monate nach Beginn des ersten ‘Lockdowns’ kein Fortschritt in Hinsicht auf die Arbeitsfähigkeit von Bezirksversammlung und Ausschüssen fest zu stellen.

 

Vor diesem Hintergrund frage ich:

 

1)       Welche konkreten Pläne haben Leitung des Bezirksamtes sowie Präsidium der Bezirksversammlung Eimsbüttel im Einzelnen, die Arbeitsfähigkeit der Bezirksversammlung einschließlich ihrer Ausschüsse und einschließlich Wieder-Einbeziehung der Öffentlichkeit in den kommenden Monaten aufrecht zu erhalten bzw. wieder herzustellen?

2)       Welche Maßnahmen haben Bezirksamtsleitung und Bezirksversammlungs-Präsidium bereits in dieser Hinsicht über das Streaming von Bezirksversammlungen hinaus in Angriff genommen?

 

zu Frage 1) und 2):

Seit der Sitzung der Bezirksversammlung am 24.09.2020 werden die Sitzungen als Livestream über Youtube übertragen und können somit von der Bevölkerung verfolgt werden.

Für den Fall, dass die politischen Gremien des Bezirks beschließen, einen Ausschuss digital stattfinden zu lassen, hat das Bezirksamt bereits die generelle Durchführbarkeit und die notwendigen technischen Erfordernisse mit positivem Ergebnis geprüft. Ggf. könnte konkret die Software Skype for Business genutzt werden, die bereits FHH-weit eingesetzt wird. Eine Anfrage an die bezirkliche mit dem Datenschutz beauftragte Stelle zur datenschutzrechtlichen Bewertung ist ebenfalls positiv geprüft worden, die Durchführung wäre zulässig.

Die öffentlichen Unterlagen (Tagesordnungen) wären in diesem Fall weiterhin im Bürgerinformationssystem einsehbar. Die virtuelle Sitzung an sich wäre gem. § 13 Abs. 3 BezVG nicht öffentlich.

In der 46. Kalenderwoche hat die Durchführung des HaKuS als Pilot in digitaler Form erfolgreich stattgefunden.

Die Bauvorhaben werden darüber hinaus bereits aktuell in Form eines digitalen Umlaufverfahrens den jeweiligen Regionalausschüssen zur Verfügung gestellt. Fragestellungen an die Verwaltung sind möglich und erprobt.

Die Sitzungen, die aktuell noch im großen Saal des Hamburg-Hauses mit entsprechenden Abständen stattfinden, lassen im Übrigen Öffentlichkeit unter bestimmten Voraussetzungen ausdrücklich zu.

 

3)       Beinhalten diese Pläne zur Sicherstellung gesetzeskonformer und datensicherer Abstimmungen geeignete Identifikationsinstrumente für Mitglieder der Bezirksversammlung und Zubenannte für eine Teilnahme an Ausschüssen und Bezirksversammlung im Home-Office sowie ggfs. die juristische Abklärung des Bedarfes an z.B. Zustimmungserklärungen zur Übertragung von Wort und Bild sowie Geheimhaltungserklärungen für nicht-öffentliche Themen?

 

Eine allgemeine, schriftliche Information zum Umgang mit vertraulichen Unterlagen erhält jeder zubenannte Bürger und jedes Mitglied der Bezirksversammlung nach der jeweiligen Berufung. Die (vertraulichen) Unterlagen in den Gremien sind an sich immer mit vertraulich gekennzeichnet. Ein mündlicher Hinweis erfolgt zusätzlich separat in den Ausschüssen durch die Vertretenden der Verwaltung.

Eine Einverständniserklärung zur Übertragung von Wort und Bild im Falle eines digital durchgeführten Ausschusses ist gem. Art. 6 DSGVO nicht erforderlich (siehe auch Antwort zu Frage 1).

 

Hinsichtlich der Identifikation der einzelnen Mitglieder der Gremien gilt Folgendes:

 

  • Die Einladungen zu virtuellen Sitzungen (Link zur Teilnahme an einer Skype for Business-Sitzung) werden an die individuellen E-Mailadressen der Mitglieder der Gremien versandt. Dort hat jeder Mandatsträger selbst dafür zu sorgen, dass keine unbefugten Personen Zugang erhalten.
  • In der virtuellen Sitzung werden die Teilnehmenden akustisch und/oder visuell durch alle anderen Teilnehmenden wahrgenommen. Eine eindeutige Identifikation der Teilnehmenden ist hinreichend möglich.
  • Alle Teilnehmenden sind im Rahmen ihrer Mandatsträgerschaft verpflichtet, für einen rechtskonformen Ablauf der virtuellen Sitzungen Sorge zu tragen.
  • Eine Mischform von persönlicher Teilnahme und virtueller Teilnahme ist laut Auskunft der Bezirksaufsichtsbehörde nicht zulässig.

 

4)       Innerhalb welchen Zeitraumes ist mit der Realisierung welcher Einzelmaßnahmen zu rechnen?

 

Siehe Antwort zu Frage 1) + 2).

 

5)       Aus welchen Konten des Finanzhaushaltes wären Ausgaben in diesem Sinne zu finanzieren / finanzierbar, welche Budgetreste bestehen in diesen Konten jetzt und bis Ende 2020 und welche Budgetanteile der zu belastenden Haushaltskonten verfallen evtl. Ende des Jahres 2020 durch Nicht-Inanspruchnahme?

 

Für die o.g. Maßnahmen entstehen keine gesonderten Kosten. Die vorhandenen Ressourcen (Ratsinformationssystem, Skype for Business) genügen den Anforderungen. Sollten weitere, budgetrelevanten Maßnahmen erforderlich sein, wird maßnahmenbezogen geprüft, welche Budgets dafür nutzbar sind.

 

6)       Welche Kosten verursacht ein Video-Streaming wie es in der September-Bezirksversammlung durchgeführt wurde?

 

Für die Durchführung von Übertragungen wurde ein ordentliches Ausschreibungsverfahren für alle Bezirksversammlungen durchgeführt. Der Grundpreis für eine Übertragung beträgt demnach 1194.- EUR. Zur Absicherung einer kontinuierlichen Übertragung wurde eine LTE-Leitung zusätzlich zum Preis von 75 EUR gebucht.

 

7)       Erwägen Bezirksamtsleitung und/oder Präsidium der Bezirksversammlung eventuell (nicht-öffentliche) Abstimmungsverfahren ohne Präsenz-Sitzungen wie sie z.B. die Kommission für Bodenordnung während des Lockdowns praktizierte?

 

Abstimmungsverfahren ohne Präsenz-Sitzungen sind in § 13 Abs. 4 BezVG wie folgt geregelt:

Das vorsitzende Mitglied der Bezirksversammlung kann auf Antrag der Mehrheit der Bezirksversammlung in den in Absatz 3 Satz 1 genannten Fällen und im Benehmen mit den stellvertretenden vorsitzenden Mitgliedern zulassen, dass Angelegenheiten im schriftlichen oder elektronischen Beschlussverfahren behandelt werden. Den Mitgliedern des Ausschusses ist die jeweilige entsprechende Vorlage einschließlich einer Fristsetzung für Rückäerungen schriftlich oder elektronisch zu übermitteln. Die Frist beträgt mindestens zwei Werktage. Rückäerungen haben schriftlich oder elektronisch zu erfolgen. Im Falle einer nicht fristgemäßen Rückäerung gilt dies als Ablehnung der Vorlage. Beantragt ein Mitglied des Ausschusses Änderungen zu einer Vorlage, gilt die Zustimmung als nicht erteilt und die Entscheidung über die Änderungen und die Vorlage insgesamt sind in der nächsten Sitzung des Ausschusses aufzurufen. Die oder der Vorsitzende des Ausschusses informiert die Mitglieder über das Ergebnis des schriftlichen oder elektronischen Umlaufverfahrens in der nächsten Sitzung. Die oder der jeweilige Vorsitzende des Ausschusses ist von einem Antrag nach Satz 1 unverzüglich in Kenntnis zu setzen.“

Falls einzelne oder alle Antworten (besonders zu den Punkten 5 und 6) Geheimhaltungsanforderungen unterliegen, bitte ich um eine den Anforderungen genügende Form evtl. separater Nachrichtenübermittlung.

 

 

Petitum/Beschluss

 

ohne

 

Anhänge

 

keine