22-1304

Clever navigieren – Wohngebiete entlasten!

Anfrage gem. § 27 BezVG

Sachverhalt

13.05.2025

Lfd. Nr. 37 (22)

Anfrage nach § 27 BezVG der Mitglieder der Bezirksversammlung Eimsbüttel, Armita Kazemi, Koorosh Armi, Roland Oehlmann (SPD-Fraktion)

Clever navigieren Wohngebiete entlasten!

Die Anfrage wird von der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende wie folgt beantwortet:

Sachverhalt:

Was früher Straßenschilder waren, sind heute Algorithmen: Digitale Navigationssysteme steuern den Verkehr und damit auch die Lebensqualität in unseren Quartieren.

Sie optimieren Routen nach Kriterien wie kürzester Strecke oder geringster Fahrzeit was für viele Verkehrsteilnehmende von Vorteil ist, führt jedoch zunehmend zu unerwünschtem Schleichverkehr durch Wohngebiete.

Die Folgen sind eine steigende Lärm- und Emissionsbelastung, eine sinkende Aufenthaltsqualität sowie ein erhöhtes Unfallrisiko insbesondere für Kinder und andere ungeschützte Verkehrsteilnehmende.

Marktführende Anbieter wie Google, Apple Maps, TomTom oder HERE Technologies steuern mit ihren Algorithmen heute ganz wesentlich, wohin der Verkehr fließt. Die Digitalisierung des Verkehrs bietet hier große Chancen: Mit einer intelligenten Steuerung lassen sich kommunale Interessen besser berücksichtigen auch im Sinne des Lärmschutzes und der Verkehrssicherheit.

Dass eine solche Zusammenarbeit möglich ist, zeigt das Beispiel Berlin: Dort kooperiert die Verwaltung bereits mit Google Maps, um Radfahrenden sicherere und stadtverträgliche Routen durch die Stadt anzubieten. Solche Ansätze lassen sich auch auf andere sensible Bereiche der Verkehrslenkung übertragen etwa zum Schutz von Wohnquartieren und Schulwegen.

Auch die Freie und Hansestadt Hamburg engagiert sich bereits aktiv in der digitalen Verkehrssteuerung. So wurde beispielsweise in Kooperation mit Google das Projekt „Green Light“ gestartet, das mithilfe von Künstlicher Intelligenz die Ampelschaltungen im Hauptverkehrsnetz optimiert, um den Verkehrsfluss zu verbessern und Emissionen zu reduzieren. Diese Initiativen konzentrieren sich bislang jedoch auf Ampelschaltungen und Verkehrsdaten im Hauptstraßennetz nicht auf die digital gestützte Verkehrslenkung in Wohngebieten, Spielstraßen oder an Schulwegen. Besonders diese sensiblen Bereiche sind jedoch besonders von Schleich- und Durchgangsverkehr betroffen. Um die Lebensqualität und Sicherheit vor Ort zu verbessern, braucht es ergänzende Maßnahmen, die auch digitale Routenführung und Navigation berücksichtigen.

Gerade auf Bezirksebene lassen sich Impulse setzen damit digitale Steuerung nicht an der Quartiersgrenze endet.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die zuständige Fachbehörde:

  1. Welche Lösungsansätze zur Optimierung der digitalen Routenführung werden in Hamburg derzeit verfolgt, und welche weiteren Initiativen sind in Planung, um den Verkehrsfluss in Wohngebieten und an sensiblen Bereichen wie Schulwegen und Spielstraßen zu steuern?
  2. Welche Zusammenarbeit existiert derzeit zwischen der Stadt Hamburg und großen digitalen Navigationsdiensten (z. B. Google Maps, Apple Maps, TomTom) zur gezielten Lenkung des Verkehrs in sensiblen Bereichen?

Die BVM pflegt eine digitale Straßeninformationsbank (HH-SIB), sowie Echtzeit-Verkehrsinformationen und stellt diese allen Betreibern von digitalen Navigationssystemen für ihre Routenalgorithmen zur Verfügung (https://metaver.de/trefferanzeige?cmd=doShowDocument&docuuid=5262159C-D358-11D5-88C8-000102DCCF41; https://metaver.de/trefferanzeige?docuuid=4ADDBB29-154D-40FF-B5BC-D6E86D890658). Das Netz der Straßeninformationsbank führt z.B. die Attribute „Straßenklasse“, „Fahrstreifenanzahl“, „zulässige Höchstgeschwindigkeit“ und Abbiegebeziehungen. Aus diesen digitalen Datensätzen lassen sich Rückschlüsse auf die Routingeignung ziehen. Weitere digitale Datensätze wie z.B. Baustellen auf Hauptverkehrsstraßen oder Verkehrsstärken werden auch in der Mobilithek des Bundes (der „nationale Zugangspunkt“r Daten) bereitgestellt. Diese Daten sind dort als open Data auch für die Navigationsanbieter zur freien Verfügung abrufbar.

Darüber hinaus fanden bereits in der Vergangenheit aber auch aktuell Gespräche mit unterschiedlichen Anbietenden von Routingdiensten statt, um zielgerichteteres Routing zu ermöglichen und um zu erreichen, dass einzelne Straßen aus Streckenempfehlungen herausgenommen werden können. Hier gab es u.a. mit der Begründung „komplexer Routing-Algorithmen“, in die vielfältige (Echtzeit-)Daten einfließen, seitens der Anbietenden vielschichtige Gründe, warum dies nicht nach Belieben erfolgen könne. Ungeachtet dessen platzierte die BVM diesen Wunsch weiterhin bei verschiedenen Routing-Anbietenden. Insbesondere mit dem Unternehmen „Google“ wurde der Austausch intensiviert.

Zudem hat die BVM alle regulativen Möglichkeiten geprüft, wie und ob Routingdienste verpflichtet werden könnten, bestimmte Routen auszunehmen oder andere prioritär zu verwenden. Rechtlich ist es Routing-Anbietenden allerdings allgemein freigestellt, welche Strecken und ggf. auch Alternativen angeboten werden, sofern diese den gültigen Rahmenbedingungen (z.B. Straßenverkehrs-Ordnung) entsprechen. Mit den Mitteln des Straßenverkehrsrechts kann daher nur der Verkehr auf der Straße, nicht aber das Routing geordnet werden. Zwar kann mittels wegweisender Beschilderungeine Empfehlung zur Streckenführung ausgesprochen werden, zwingenden Charakter im Sinne eines Ge- oder Verbots entfalten Wegweisungen indes nicht. Die Verkehrsteilnehmenden bleiben, ebenso wie Routing-Anbieter, frei in der konkreten Streckenwahl.

Verkehrsbeschränkungen, die nur für Anliegende ausgenommen würden, bedürfen im Einzelfall konkreter Begründungen (besondere Gefahrenlage, örtliche Umweltbelastung, Belastungsschäden am Straßenkörper etc.). Hier kann nicht im Bedarfsfall zur Beeinflussung von Routing-Diensten auf Durchfahrtsbeschränkungen zurückgegriffen werden, zumal ein solcher Eingriff in den erlaubnisfreien Gemeingebrauch auch straßenrechtliche Relevanz erlangen kann. Ungeachtet dessen verfolgt die BVM weiterhin das Ziel, die Routing-Anbietenden auf freiwilliger Basis dazu zu bringen, bestimmte Strecken vom Routing auszunehmen und die Empfehlungen z.B. auf das Hauptverkehrsstraßennetz und auf die Bezirksstraßen mit gesamtstädtischer Bedeutung zu konzentrieren.

  1. Wie werden die Interessen der Anwohner:innen und anderer betroffener Gruppen in die Entwicklung und Umsetzung digitaler Verkehrssteuerungsmaßnahmen einbezogen? Sind hierfür Bürgerbeteiligungen vorgesehen?

Das Routing der privaten Navigationsdienste ist aktuell nicht mit digitalen Steuerungsmaßnahmen zu regulieren. Dementsprechend sind hier keine Bürgerbeteiligungen vorgesehen.

  1. Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz (KI) in der Planung und Umsetzung der digitalen Verkehrssteuerung, und inwiefern kann KI dazu beitragen, Lärm- und Emissions- und Verkehrsbelastungen in Wohngebieten zu reduzieren?

KI-Algorithmen können historische Verkehrsdaten und Echtzeit-Daten aus Kameras und Sensoren analysieren, um Muster zu erkennen und zukünftige Verkehrsströme vorherzusagen. Diese Prognosen helfen bei der langfristigen Verkehrsplanung und der Optimierung von Verkehrsnetzen. KI kann außerdem in Navigationssysteme integriert werden, um Verkehrsteilnehmenden die besten Routen basierend auf Echtzeit-Verkehrsdaten und Vorhersagen zu empfehlen. Dies kann dazu beitragen, den Verkehr gleichmäßiger zu verteilen und Wohngebiete zu entlasten. Aktuell ist die vom BVM beauftragte, KI-gestützte Software #transmove in der Verkehrsleitzentrale der Polizei im Einsatz. Die Software prognostiziert den Verkehrsfluss und ermöglicht es der Verkehrsleitung, den Verkehr proaktiv (z.B. mit Ampelschaltungen) zu steuern.

Aktuell wird dieses System unter dem Projektnamen „Mobility Operating System (MOS)“ zu einem KI-gestützten, übergeordnetem Verkehrsmanagementsystem weiterentwickelt. MOS ist Teil der Digitalen Strategie Mobilität der BVM und hat die Ziele, die wichtigsten verkehrlichen Informationen in Echtzeit zu bündeln, Verkehrsflüsse mit Hilfe von KI über alle Verkehrsträger zu prognostizieren, frühzeitig allen städtischen Leit- und Betriebszentralen szenarienbasierte Handlungsempfehlungen bereitzustellen und direkt (teil-)automatisiert in die steuernden Systeme zu übergeben.

Petitum/Beschluss

ohne

Anhänge

keine

Lokalisation Beta
Hamburg

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