21-2693

Bündnis für den Fuß- und Radverkehr – Stellungnahme der Bezirksversammlung Eimsbüttel

Gemeinsamer Antrag

Letzte Beratung: 10.02.2022 Hauptausschuss Ö 9.4

Sachverhalt

 

Der Bezirk Eimsbüttel will die Mobilitätswende gestalten und vorantreiben. Um dem veränderten Mobilitätsverhalten sowie steigenden Anforderungen an den Umwelt- und Klima- und Immissionsschutz (Lärm und Luft) gerecht zu werden, haben sich Stadt und Bezirk aufgemacht, den Mobilitätsmix zu verändern und Straßenräume der gestiegenen Bedeutung des Umweltverbundes entsprechend zu gestalten. Dabei gilt der Grundsatz, dass Straßen regelwerkkonform von außen, also von den Bedürfnissen des Umweltverbundes und des Baum- und Grünschutzes aus, nach innen geplant werden sollen.

Das Bündnis für den Radverkehr der Stadt Hamburg aus dem Jahr 2016 wird in dieser Legislatur fortgeschrieben und um den Fußverkehr erweitert. Eine Grundlage für die Fortschreibung bildet die Einigung mit der Volksinitiative „Radentscheid Hamburg“, die im Bürgerschaftsbeschluss Drs. 22/106 mündete.

Der Bezirk Eimsbüttel erarbeitet derzeit ein neues Bezirksroutennetz, in dem auch die Belange von Schüler*innen der weiterführenden Schulen berücksichtigt werden sollen. Der Ausbau der Velorouten 2 (Richtung Eidelstedt) und 3 (Richtung Niendorf) ist weit fortgeschritten, in der Verantwortung des LSBG liegt der Ausbau der Veloroute 13 (Von Altona-Nord über Eimsbüttel, den Eppendorfer Weg nach Hoheluft und Eppendorf) und Veloroute 14 (Ring 3 von Lurup über Eidelstedt, Schnelsen, Niendorf Richtung Langenhorn).

Parallel wird ein Klimaschutzkonzept im Bezirk mit breiter Beteiligung erarbeitet. 40% der Online-Beiträge und 56% der Beiträge an den Klimakiosken in den Stadtteilen bezogen sich dabei auf das Handlungsfeld Mobilität. Radinfrastruktur war das Thema, welches am häufigsten benannt wurde. Mit Bezug auf den Fuß- und Radverkehr sind weitere durch die Befragung identifizierte Themen relevant: Sicherheit & Fairness im Straßenraum, Reduktion auf Tempo 30 (Ausnahme Hauptverkehrsachsen) und autoarme Quartiere.

Zur Förderung des Fußverkehrs hat die Bezirksversammlung im Jahr 2018 ein Fußwegekonzept auf den Weg gebracht (Drs. 20-3297). Aktuell wird dieses Instrument in einem ersten Schritt in Eidelstedt umgesetzt. Die Erfahrungen daraus sollen in weitere Konzepte einfließen. U.a. für Schnelsen ist im Rahmen der Integrierten Stadtteilentwicklung ein „Nahmobilitätskonzept“ vorgesehen, in Lokstedt soll ein verkehrsberuhigtes Zentrum entwickelt werden und auch die Neue Mitte Stellingen soll kurze Wege und alternative Mobilitätsformen fördern. Im Kerngebiet des Bezirks stehen Fragen der Förderung des Fußverkehrs, insbesondere bei unübersichtlichen und zugeparkten Kreuzungen und Fußwegen immer wieder auf der Agenda. Hier sind es auch die Grundschulen und Elternräte, die sich für sichere Schulwege einsetzen. Das Projekt des ADFC „Quartiere für Menschen“ sowie die Initiative „Superbüttel“ setzten sich für eine Mobilitätswende im Stadtteil Eimsbüttel ein. Die Perspektive älterer Menschen ist im Projekt „Green SAM“ – zu Förderung Klimaschonender Mobilität älterer Menschen -bearbeitet worden und wurden im Leitfaden „Seniorenfreundliche Umstiegspunkte“ veröffentlicht (www.hamburg.de///).

Vor diesem Hintergrund der Erfahrung von Fuß- und Radverkehrsförderung im Bezirk Eimsbüttel, der Notwendigkeit einer Mobilitätswende für den Klimaschutz, einer Erhöhung von Verkehrssicherheit (Vision Zero) sowie einer lebenswerten und attraktiven Gestaltung öffentlichen Raums wird zur Fortschreibung des Bündnisses für den Fuß- und Radverkehr folgende Stellungnahme abgegeben.

 

 

Petitum/Beschluss

 

Der Vorsitzende der Bezirksversammlung wird gebeten, folgende Stellungnahme zum Bündnis für den Fuß- und Radverkehr an die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende zu übermitteln mit der Bitte folgende Punkte zu berücksichtigen:

 

  1. Velorouten im Bezirk Eimsbüttel
    1. Die Veloroute 3 soll um einen Ast bis zur Stadtgrenze in Schnelsen ergänzt werden. Der Ast verläuft von Niendorf Markt nach Schnelsen und Burgwedel und schließt in Burgwedel an das Radwegenetz im Kreis Pinneberg an. Dieser wichtige Anschluss an das Veloroutennetz stellt eine zu allen Tages- und Jahreszeiten sichere Anbindung von Schnelsen mit seinen 30.000 EW Richtung Innenstadt sicher. Eine städtebauliche Verdichtung rund um den AKN-Station Burgwedel hat bereits stattgefunden, weitere städtebauliche Verdichtung entlang der Magistrale und der Neubau einer weiterführenden Schule sind in Schnelsen vorgesehen. Ein Verlauf über die Wendlohstraße/Frohmestraße wird empfohlen, alternativ wäre ein Verlauf über die B447 (Friedrich-Ebert-Straße/Schleswiger Damm) zu prüfen.
    2. Die Entwicklung einer mittleren Ringroute wird begrüßt. Sie verbindet die „Urbanisierungszonen“ Science-City-Bahrenfeld, Stellingen und Lokstedt und führt weiter in die stark verdichteten Gebiete Eppendorf und Winterhude.
    3. Für die Veloroute 3 in Lokstedt soll  der Abschnitt zwischen Stresemannallee und Niendorfer Straße überplant werden. Dabei soll insbesondere das Ziel eines verkehrsberuhigten Stadtteilzentrums in der Grelckstraße berücksichtigt werden.
    4. Eine Anbindung der Veloroute 4 an die Uni durch eine Veloroutenverbindungsstrecke zwischen V3 und V4 mit einem Verlauf z.B. über die Johnsallee - Alte Rabenstraße.

 

  1. Entwicklung der Freizeitrouten auf alltagstauglichen Abschnitten
    1. Im Bezirk Eimsbüttel gibt es großflächige Grün- und Naherholungsbereiche wie das Niendorfer Gehege und die Eidelstedter Feldmark. Durch diese zentral liegenden Grünzonen führen einige Freizeitrouten und insbesondere die stark durch Alltags- und Freizeitverkehre genutzte und ausgeschilderte Freizeitroute 11. Aufgrund der starken Nutzung sollten an einzelnen Kreuzungspunkten an Hauptverkehrsstraßen sichere Querungsstellen an Hauptverkehrsstraßen eingerichtet werden, da unsichere Querungsstellen oder Querungsstellen, die zum Fahren auf der falschen Straßenseite verleiten, gefährliche Situationen darstellen.
    2. Es sind Standards für Freizeitrouten zu entwickeln, die sich am Naherholungscharakter orientieren, gemeinsame Nutzung durch Jogger und Spaziergänger berücksichtigen, mit dem Landschafts- und Naturschutzbelangen vereinbar sind und sichere Querungsmöglichkeiten an Hauptverkehrsstraßen beinhalten. Dies ist auch in der Wegweisung kenntlich zu machen, insbesondere da Freizeitrouten abends/‌nachts nicht beleuchtet sind, abends/nachts eine geringe soziale Sicherheit aufweisen und auch kein Winterdienst stattfindet.

 

  1. Bei der Planung von Knotenpunkten die Perspektive radfahrender Kinder und Jugendlicher sowie auch von erwachsenen unerfahrenen Radfahrenden berücksichtigen.
    1. Durch intuitive Verkehrsführung an Knotenpunkten für diese Zielgruppen wird dem häufig anzutreffenden gefährlichen Fahren auf der linken Straßenseite vorgebeugt.
    2. Bei Einmündenden untergeordneten Straßen mit Fußgängerbedarfsampel an Hauptverkehrsstraßen soll regelhaft eine Vollsignalisierung eingerichtet werden. Damit kön­nen Radfahrende in beiden Richtungen sicher die Hauptstraße queren, ohne zweimalig die Straßenseite zu wechseln und über die Fußgängerbedarfsampel schieben zu müssen.
    3. Bei Einmündungen untergeordneter Straßen an Hauptverkehrsstraßen sollen Querungshilfen für Radfahrende baulich vorgesehen werden, insbesondere an stark genutzten Schulwegen.

 

  1. Bezirksnetze und Anbindung an Schulen

Es sollen in der Fortschreibung der ReStra Lösungen entwickelt werden, die an stark frequentierten Schulradwegen insbesondere die Belange von Kindern und Jugendlichen priorisieren. Insbesondere Breiten und Aufstellflächen sind bei der punktuell starken Radverkehrsaufkommens vor Schulbeginn und zu Schulschluss Rechnung zu tragen.

 

  1. Fahrradstraßen – kostengünstige Umsetzung

Für Fahrradstraßen sind in weniger dicht besiedelten Abschnitten außerhalb des Ring 2 einfache – auch provisorische – Standards zu entwickeln, um schnell attraktive Lösungen mit geringem finanziellem Aufwand anbieten zu können. Erst im Rahmen einer generellen Maßnahme des Erhaltungsmanagements soll ein hochwertiger Umbau erfolgen.

 

  1. Planungsprinzipien
    1. Es ist bei der Planung von Knotenpunkten immer sicherzustellen, dass Radinfrastruktur regelkonform hergestellt wird und ein Linksabbiegen möglich ist. Fehlende oder nicht verständliche Linksabbiegeangebote und die Lösung das Fahrrad über die Fußgängerquerung zu schieben (mit der Folge, meist auf der linken Straßenseite auf dem Fußweg zu landen) führt zu gefährlichen Situationen und Überforderung ungeübter Radfahrender, insbesondere Kinder und Jugendlicher.
    2. Bei Umlaufsperren, z.B. in Naherholungsgebieten und öffentlichen Wegen, sind die Dimensionen von Lastenrädern und Fahrrädern mit Anhängern zu berücksichtigen.

 

  1. Bäume und Straßenbegleitgrün
    1. Entlang von Radschnellwegen und Velorouten sind Bäume zugunsten von Beschattung und Luftqualität zu pflanzen und zu erhalten.
    2. Auf das Fällen von Bäumen entlang von Straßen soll verzichtet werden. Bäume sind Stadtbildprägend, erhöhen die Aufenthaltsqualität und die Luftqualität, sie beschatten Fuß- und Radwege und wirken der sommerlichen Erhitzung der Stadt entgegen. Eine Neupflanzung ersetzt alten Baumbestand nicht.

 

  1. Verkehrssicherheit – Hamburg gibt 8

Der Einsatz der Fahrradstaffel und der Öffentlichkeitsarbeit wird unterstützt. Der Einsatz soll hinwirken auf das Einhalten von Verkehrsregeln (Ahnden von Falschparkern, zu enges Überholen, Fahren auf der rechten Seite, kein Fahren auf Fußwegen, Anpassen der Geschwindigkeit an Gefahrenstellen) und die Rücksichtnahme auf andere Radfahrende, Fußgänger*innen, Kinder und älteren Menschen.

 

  1. Fokus auf gute Fußwege: Fuß- und Schüler*innenverkehre – Anregung, folgende Punkte in die ReStra aufzunehmen:
    1. Insbesondere im Umfeld stark frequentierter ÖPNV-Haltestellen, insbesondere an Schulstandorten, bzw. mit hohen Schüleranteilen, ist eine höhere Regelbreite der Fußwege vorzusehen sowie sichere und in räumlicher Nähe liegende Fußgängerquerungsstellen einzurichten (LSA, Sprunginseln, Zebrastreifen).
    2. Bei der Installation von Lichtsignalanlagen (LSA) soll auf eine fußgängerfreundliche Schaltung sowie möglichst kurz getaktete Grünphasen geachtet werden.
    3. Zur Förderung des Fußverkehrs insbesondere älterer Menschen sind im öffentlichen Raum Sitzgelegenheiten/Bänke in regelmäßigen Abständen vorzusehen. Dies gilt nicht allein für Wege mit wichtigen Verbindungsfunktionen oder hohem Fußverkehrsaufkommen.
    4. Eine jederzeit ausreichende Beleuchtung der Gehwege ist sicherzustellen. Dies betrifft das Umfeld von Straßenbäumen, in dem Gehwege oft nicht hell genug beleuchtet werden.
    5. Grundschüler*innen sind in der ReStra konkret als eigene Zielgruppe zu benennen und ihre Belange mit Planungsmaßgaben zu hinterlegen wie: ausreichend breite Fußwege, Sichtbeziehungen z.B. durch aufgepflasterte Querungsstellen, ausreichend sichere Querungsstellen, nicht nur vor dem Schulgelände, sondern auch auf identifizierten Schulwegen.
    6. die Belange von Kindern, die bis zum 10. Lebensjahr auf dem Fußweg fahren dürfen, sind in entsprechend breiteren Regelmaßen von Fußwegen rund um Grundschulstandorte aufzunehmen. Insbesondere Engstellen von 1,50m sollten im engen Umfeld von Grundschulstandorten ausgeschlossen werden.
    7. Für eine fußverkehrsfreundliche Ausgestaltung des öffentlichen Raums sollte bei weiteren Planungen der Verein FUSS e.V. als Interessenvertretung des Fußverkehrs beteiligt werden.

 

  1. Kurzfristige Maßnahmen für den fußverkehrsfreundlichen Straßenraum:

Es wird die Überarbeitung der Verwaltungsvorschrift für die Einrichtung von LSA an mehrspurigen Hauptverkehrsstraßen oder bei Tempo-50-Straßen neben LSA auch Fußgängerüberwegen angeregt. Ziel der Überarbeitung sollte sein, Grundschüler*innen zu ermöglichen, allein den Schulweg zu bewältigen und ein Angebot an sicheren Querungsstellen an Wegekreuzungen vorzufinden. Auch an Bushaltestellen sollten regelhaft sichere Querungsstellen angeboten werden. Dies kommt neben Grundschüler*innen auch älteren mobilitätseingeschränkten Menschen zugute, wenn sie sicher Tempo-50-Straßen queren können.

 

 

Robert Klein und GRÜNE-Fraktion

Koorosh Armi und SPD-Fraktion

 

 

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