Die Tagesordnung wird ohne Änderungen einstimmig beschlossen.
Herr Jarchow begrüßt eingangs die Vertreter/in der Bürgerinitiative und stellt den vorgesehenen dreiteiligen Ablauf vor, dem folgend zunächst die Vertreter/in die Möglichkeit haben ihr Anliegen vorzutragen. Im Anschluss werden Sprecher der Fraktionen hierzu ihre Statements abgeben, bevor dann noch Fragen erörtert werden können.
Herr Diegelmann stellt zu Beginn seines Vortrages seine mit vortragenden Mitstreiter/in der Bürgerinitiative, Frau Klönne und Herrn Prof. Dr. Weichert vor.
Er beginnt seinen Vortrag mit einer Rüge, dass man nicht damit einverstanden sei, wie in dem derzeitigen Verfahren die angemessene Öffentlichkeit hergestellt wird, Möglichkeiten wie z.B. Livestreams nicht anbieten würde. Zudem würden politische Vertreter der SPD und Grünen die betreffenden Landschaftsbereiche in Billwerder als wertlose bzw. glyphosat-verseuchte Landschaft herabwürdigen. Tatsächlich handelt es sich um eine "Perlenkette" von Bau- und Bodendenkmälern von herausragender Bedeutung der Kulturlandschaft in den Vier- und Marschlanden, die jedoch auch identitätsstiftend für Neuallermöhe und Bergedorf-West sei. Dreiviertel der Elbinsellandschaft Billwerders wurden in den letzten Jahrhunderten für Wohnen und Gewerbeansiedlungen bereits an andere Stadtteile wie Billbrook und Rothenburgsort abgegeben.
Aus seiner Sicht hätte man zunächst Nachverdichtungen bestehender Strukturen (Innenentwicklung) vornehmen sollen, bevor man sich für die Option Oberbillwerder entschieden hat.
Er vermutete, wenn es jetzt nicht gelänge Oberbillwerder zu verhindern, dass dann auch der Bann für eine südlich der A 25 gelegene Wohnungsbauentwicklung gebrochen wäre und beispielsweise nach Ochsenwerder auch weiteres Landgebiet, z.B. Mittlerer Landweg, den Spekulanten gehören würde. Oberbillwerder wird sich aus seiner Sicht zudem als Erbpachtland nicht vermarkten lassen.
Für den fachlichen Beitrag zu Flora und Fauna übergibt Herr Diegelmann an Frau Klönne.
Frau Klönne berichtet zu den Auswirkungen auf die Natur und weist auf die besondere Artenvielfalt in den Boberger Niederungen und auf den Wiesen des Planungsgebietes hin. Von weltweiter Bedeutung ist der bedrohte Wachtelkönig in den Boberger Niederungen ansässig aber auch Kiebitze, verschiedene Entenarten sowie der Wanderfalke. Dieses Leben gilt es für nachfolgende Generationen zu schützen. Schon heute und gerade in dieser Corona-Zeit sind die Boberger Niederungen in den Schlagzeilen, weil z. T. Tausende von Menschen durch die Dünenlandschaft laufen, picknicken, Feuer machen und ihre Hunde frei durch die Landschaft streunen lassen. Motorradfahrer/innen fahren häufig direkt zu den Badeseen durch. In Billwerder wird kein 105. Hamburger Stadtteil Oberbillwerder gebraucht, wohl aber das erste Dorf auf Hamburger Gebiet.
Der neue Stadtteil Oberbillwerder würde die Boberger Niederungen zum Stadtpark von bis zu 20.000 weiteren Menschen machen und den Klimafaktor Boberger Düne vernichten, was auch für die umliegenden Stadtteile Bergedorf-West und Neuallermöhe spürbar wäre, da die durch Sandflächen und Grundwasser entstehende Verdunstungskälte nachließe bzw. durch erhöhte Lärmschutzmaßnahmen entlang des Bahndammes unterbunden würde. Grünflächen werden zukünftig eine immer größere Rolle beim Stadtklima spielen, wofür jedoch alternative Anpassungsmaßnahmen dringend erforderlich seien.
Für einen kulturellen Ausblick übergibt Frau Klönne an Herrn Prof. Dr. Weichert.
Herr Prof. Dr. Weichert wirft der Stadt Hamburg vor, dass der Bezirk Bergedorf über die Maßen zerstört und ausgebeutet wird. Als Beispiele der Veränderung nennt er die massive Veränderung der Boberger Dünenlandschaft, in der vor gut 100 Jahren noch eine Dünenhöhe von 30 m gemessen wurde, wovon aktuell nur noch 4 m vorhanden seien. Für die Flächenausbeutung benennt er den ehem. Deponie-Schlickhügel an der BAB 1, die Erweiterungen des Güterverkehr-Verladebahnhofes Billwerder-Moorfleet, die JVA Billwerder und die anstehende Erweiterung aber auch die Flüchtlingsunterkunft am Mittleren Landweg.
Die Beteiligung der Öffentlichkeit am Verfahren bezeichnet er als eine Farce, zudem seien gefälschte und geschwärzte Gutachten herangezogen worden. Das Demokratieverständnis der Politik sei schlecht und der Bezirk Bergedorf hat bislang nicht die Wünsche der Bürger sondern des Senats vertreten, was sich jetzt ändern sollte.
Diese Entwicklung, Oberbillwerder mit ca. 7.000 Wohnungen wegen Wohnungsnot zu bauen, zerstört die Kulturlandschaft obwohl zeitgleich alleine im ländlichen Raum Billwerders zahlreiche Wohnungen leerstehen. Es sei offensichtlich, dass hier etwas nicht stimmt.
Herr Jarchow nimmt für die SPD-Fraktion gegenüber den Vertretern/innen der Bürgerinitiative Stellung. Er hebt hervor, dass die Bürgerbeteiligung mit dem Zustandekommen eines Bürgerentscheides ein hohes Gut sei und er dem bislang Erreichten seinen vollen Respekt entgegenbringt. In der zurückliegenden Zeit hat es seitens der IBA in Zusammenwirken mit dem Bezirksamt Bergedorf bereits einige Veranstaltungen mit großer Beteiligung der Öffentlichkeit gegeben, sodass die Aussage von Herrn Prof. Dr. Weichert nicht korrekt sei. Auch in der Koalition ist die Entwicklung von Oberbillwerder fortlaufend ein Thema und man wird sich weiterhin für eine vernünftige Umsetzung einsetzen.
In Richtung von Herrn Diegelmann stellt er klar, dass er nicht gesagt habe, dass es sich um wertlose landwirtschaftliche Flächen handelt, auf denen Oberbillwerder entstehen soll. Diese Aussage stamme nicht von ihm.
Für die Grünen-Fraktion dankt Frau Lühr der Bürgerinitiative für den ersten Schritt zum Bürgerentscheid, man werde das Anliegen in der Fraktion beraten und für die Initiative immer gesprächsbereit sein.
Für die CDU-Fraktion trägt Herr Noetzel vor, dass man das Bürgerbegehren unterstützen wird. Die These der „gefälschten“ Gutachten weist er zurück, seine Fraktion habe alle erforderlichen Unterlagen bekommen, auch wenn man sich manchmal ein anderes Untersuchungsergebnis gewünscht hätte. Tatsächlich sieht er ebenfalls viele flächenintensive Entwicklungen in den Bezirk Bergedorf „abgeschoben“, in der Stadt Hamburg würde hiermit aber das Geld verdient.
Herr Heilmann macht für die Linke-Fraktion die seit Jahren bestehende Position klar, dass man das Bürgerbegehren unterstützen wird. Im bisherigen Verfahren blieben wesentliche Kritikpunkte ungehört, sodass man sagen kann, dass die öffentliche Beteiligung bislang wirkungslos blieb und daher als „Pseudobeteiligung“ wahrgenommen wird.
Da Oberbillwerder zu den Vier- und Marschlanden gehört, werden diese zerstört. Es wird nicht geschaut, welche Wohnungen benötigt werden und es sei noch nicht klar, ob die Entwicklung des Zuzuges nach Hamburg weiterhin so bleiben wird, hier sei die zu erwartende wirtschaftliche Entwicklung durch Corona auch zu betrachten.
Er fürchtet jedoch, dass das Bürgerbegehren keine Wirkung auf das Handeln des Senates haben wird, sodass vermutlich aktiver Widerstand nötig wird.
Die FDP-Fraktion gibt kein Statement ab, von der AfD-Fraktion ist kein Vertreter in der Sitzung anwesend.
Frau Pein (Geschäftsführerin IBA) merkt eingangs an, dass letztmalig im September 2019 im Stadtentwicklungsausschuss zu Oberbillwerder berichtet wurde und seither zwei weitere Veranstaltungen (Projektdialog Nov. 2019, Netzwerkfrühstück März. 2020) stattgefunden haben. Zukünftig plane die IBA regelmäßige Präsenz in den optionalen Stadtentwicklungsausschüssen.
Zum weiteren Vortrag wird ich auf den Inhalt der beiliegenden Präsentation verwiesen.
Abschließend teilt Frau Pein mit, dass die Ziele der Bergedorfer Koalition zwischenzeitlich mit den Planungsbüros kommuniziert wurden.
Herr Kleszcz dankt für den Überblick und fragt nach der Zielsetzung für den Konzeptvorgang Einzelhandel und Gewerbe.
Frau de Buhr teilt mit, dass man in dieser Phase erst einmal die grundlegenden Bedarfe ermittelt und wie man diese im Planungsgebiet verteilt. Das von Herrn Kleszcz angesprochene Thema wird zu einem späteren Zeitpunkt erörtert.
Herr Froh merkt an, dass das Freizeitverhalten der zukünftigen Bewohner/innen von Ober- billwerder zunehmend das Umland und hier besonders in die Boberger Niederungen belasten wird, die jetzt schon grenzwertig belastet seien. Er fragt, was im Zuge der Entwicklung hierzu geplant und organisiert wird. Weiterhin fragt er, ob die Verkehrsdirektion hinsichtlich ihrer Zuständigkeit beteiligt ist.
Frau Pein antwortet hierauf, dass im Rahmen der konzeptionellen Entwicklung vielfältige Möglichkeiten der Freizeitgestaltung im Quartier im Fokus stehen sollen. Konkret die Boberger Niederungen habe man bislang noch nicht näher im Blick. Bezüglich der verkehrlichen Belange ist die Verkehrsdirektion beteiligt, zumal man keine Baustraßen sondern konkrete Verkehrswege anlegen will.
Herr Froh fragt weiterhin, ob bezüglich der anstehenden Sanierung der Brücke am Ladenbeker Furtweg auch die möglichen Erfordernisse für Oberbillwerder berücksichtigt wurden.
Frau Pein wird diesen Zusammenhang nochmals mit dem LSBG besprechen, zumal es der gleiche Planer sei.
Frau Lühr merkt für die Phase der grundsätzlichen Flächenaufteilung zum „Grünen Loop“ an, dass dieser von einigen Fachplanern als an einigen Stellen zu eng bemessen gesehen wurde. Sie fragt nach seiner Funktion.
Frau Pein bestätigt, das die Größe des „Grünen Loop“ an einigen Stellen variiert, sollten momentan laufende Untersuchungen eine Aufweitung für erforderlich halten, müssten ggf. Baufelder entfallen.
Der Stadtentwicklungsausschuss nimmt Kenntnis.
Öffentliche Plandiskussion (ÖPD) - Oberbillwerder
Herr Dornquast teilt mit, dass verwaltungsseitig verschiedene Beteiligungsmöglichkeiten der Öffentlichkeit erörtert wurden. Wegen der herausragenden Bedeutung des Bebauungsplanverfahrens würde man von einem Online-Format derzeit abraten, weil man hierzu noch nicht über ausreichende Erfahrungen verfüge. Aus diesem Grunde beabsichtigt die Verwaltung eine konventionelle ÖPD mit einzelnen neuen Elementen durchzuführen. Aufgrund der vorerst bis zum 31.08.2020 weiter bestehenden Versammlungs- und Kontaktbeschränkungen, wird die ÖPD voraussichtlich erst anschließend möglich sein können.
Er kündigt eine Beschlussvorlage für die kommende Bezirksversammlung an, dass der optionale Stadtentwicklungsausschuss am 20.08.2020 zwingend stattfinden muss, um anschließend in die Planungen eine ÖPD gehen zu können, die sicherlich erst nach dem 16.10.2020 stattfinden kann.
Der Bezirk präferiert einen innerbezirklichen Veranstaltungsort (für bis zu 400 Personen, ggf. auch unter Fortbestand von Abstandsregeln), würde mangels Optionen notfalls jedoch auch ausweichen.
Stadtwerkstatt Moorfleet
Herr Froh fragt nach, ob es zwischenzeitlich einen aktuellen Zeitplan für die Stadtwerkstatt gibt.
Herr Czaplenski berichtet, dass man eine große öffentliche Veranstaltung machen möchte, die aufgrund der weiterhin bestehenden Versammlungs- und Kontaktbeschränkungen nicht planen kann.
Man habe das Vorhaben jedoch im Blick und werde es anstoßen, sobald sich die Rahmenbedingungen ausreichend verändern würden.