Dolmetscherleistungen
Mit der Drucksache 20-1239 „Finanzierung von Dolmetschern für Flüchtlinge“ schlägt die CDU-Fraktion vor zu beschließen, dass ein „angemessenes Budget für die Bezahlung von Dolmetschern zur Verfügung gestellt wird“.
Hierzu teilt das Bezirksamt Bergedorf mit:
Ein Gespräch mit dem im genannten Antrag erwähnten Verein Bergedorfer für Völkerverständigung e.V. ergab, dass dieser von einem geschätzten Bedarf von ca. 100 qualifizierten Dolmetscherstunden im Jahr ausgeht. Diese können nicht über die engagierten Sprachmittler abgedeckt werden, da hier Spezialvokabular und besondere Kenntnisse im Gespräch nötig sind.
Bei einem angenommenen Kostensatz von ca. 30,- Euro brutto/Stunde ließe sich somit ein geschätzter Bedarf, allein für die Erstattung von Dolmetscherleistungen, von ca. 3.000,- Euro pro Jahr formulieren.
Hier ist zu beachten, dass die Kosten pro Einsatz je nach inhaltlichem sowie technischem Schwierigkeitsgrad, der nachgefragten Sprache sowie der zeitlichen Eile sehr unterschiedlich sind. Nicht eingerechnet sind außerdem die Kosten für die Koordinierung der einzelnen Einsätze (Matching sowie die Bewertung, ob diese Einsätze notwendig und für den jeweiligen Einzelfall geeignet sind) und den Aufbau sowie die Verwaltung eines angemessen Dolmetscherpools, der die Bedarfe zu großen Teilen abdecken kann (mehrere Sprachen, alle Geschlechter sowie zusätzliche Sonderkenntnisse und geeignete Kompetenzen).
Darüber hinaus ist festzustellen:
Grundsätzlich sind die Behörden dazu verpflichtet, im Falle von Beratungen in der eigenen Zuständigkeit, geeignete Instrumente für eine angemessene Verständigung mit Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung zu stellen. Dies umfasst unter anderem auch, dass, wo nötig und eine Verständigung nicht auf anderem Wege möglich ist, Dolmetscher genutzt werden.
Das Bezirksamt Bergedorf selbst erstattet notwendige Dolmetscherleistungen im Rahmen seiner Zuständigkeiten. Allein beim Jugendamt wurden im Jahr 2016 Leistungen in Höhe von fast 11.000,- Euro erstattet. Im Jahr 2017 waren es bisher ca. 2.400,- Euro (Stand: 06.07.2017). Bei den anderen Fachämtern ist die Nachfrage jedoch verhalten.
Fördern & Wohnen teilt mit, dass notwenige Dolmetscherkosten unter bestimmten Voraussetzungen nach Bedarf und Möglichkeiten ebenfalls übernommen werden können. Die Bedarfe von Bewohnerinnen und Bewohner von Erstaufnahmeeinrichtunen, Wohnunterkünften sowie Unterkünften mit der Perspektive Wohnen sind dabei unterschiedlich. F&W hat Rahmenverträge mit geeigneten Dolmetschern.
Eine Nachfrage beim Jobcenter team.arbeit.hamburg hat bestätigt, dass dort im Rahmen der Antragsstellung sogenannte „Dolmetscher-Gutscheine“ ausgegeben werden können, um im Bedarfsfall eine angemessene Verständigung mittels Dolmetscher zu gewährleisten. Auch hier ist die Nachfrage bisher verhalten.
Darüber hinaus stehen in Bergedorf im Zusammenhang mit Beratungsleistung der derzeitigen SHA-Projekte insgesamt bis zu 40.000,- Euro (brutto) ausdrücklich für Dolmetscherleistungen zur Verfügung (vgl. Drucksache 20-1130). Diese Mittel können im Gesamten SHA-Netzwerk abgerufen werden. Beispielsweise stehen dem Projekt „Mobile Flüchtlingsfamilienhilfe MiLa“ ca. 8.500,- Euro für diese Zwecke zur Verfügung. Ähnliche Projekte für die Unterkünfte Brookkehre sowie Curslacker Neuer Deich I und II verfügen über weitere 8.500,- Euro. Zudem entfallen 6.000,- Euro für Dolmetscherleistung im Rahmen der Integration in Bildung und Arbeit von Jungerwachsenen in Kooperation mit der Jugendberufsagentur.
Die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration, die Behörde für Inneres und Sport (teilweise vertreten durch den Zentralen Koordinierungsstab Flüchtlinge) sowie die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz prüfen derzeit die Notwendigkeit von Dolmetschern im Gesundheitsbereich, insbesondere bei Arzt- sowie Krankenhausbesuchen für Bewohnerinnen und Bewohnern von Erstaufnahmeeinrichtungen.
Mit der Drucksache 21-8893 erhält der Verein SEGEMI Seelische Gesundheit Migration und Flucht e.V. Mittel in Höhe von 90.000,- Euro für den Aufbau eines Dolmetscherpools zur Unterstützung bei der Integration von geflüchteten Menschen mit psychischen und/oder geistigen Behinderungen in die Regelsysteme.
Insgesamt fällt es schwer, weitere konkrete Bedarfe im Zusammenhang mit Dolmetscherleistungen zu formulieren, die über die geschilderten Angebote hinausgehen. Festzustellen ist, dass die bestehenden Angebote bisher nur verhalten in Anspruch genommen werden. Zudem ist die Frage zu beantworten, für welche Dolmetscherleistungen die Freie und Hansestadt tatsächlich verantwortlich sein sollte und welche in der eigenen Verantwortung des Einzelnen oder der Verantwortung anderer Leistungsträger (Bund, Krankenkassen, Sportvereine etc.) liegen.
Ungeachtet dessen, scheinen nicht alle Akteure die genannten Informationen zu besitzen.
Die Bezirksversammlung nimmt Kenntnis.
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