22-0324

8. Mai 2025 – 80 Jahre Befreiung vom Faschismus: Für eine wehrhafte Demokratie und den Schutz der offenen Gesellschaft

Antrag

Letzte Beratung: 24.04.2025 Bezirksversammlung Bergedorf Ö 11.2

Sachverhalt

Antrag

der BAbg. Feiler-Siegert, Graßhoff, Cantay, Jobs und Fraktion Die Linke

der BAbg. Potthast, Brodbeck, Vlamynck und Fraktion der GRÜNEN

Am 8. Mai jährt sich das Ende des Zweiten Weltkriegs und damit die Befreiung vom NS-Faschismus zum 80. Mal. Am 8. Mai 1945 endete mit dem Sieg der Alliierten ein beispielloser Vernichtungskrieg. Es war auch das Ende des nationalsozialistischen Terrorregimes, das Millionen Menschen das Leben kostete. Dieser Tag ist ein Tag der Befreiung von Krieg, Gewalt, Faschismus, Rassismus und der systematischen Verfolgung und Ermordung von Jüdinnenund Juden, von politischen Gegnerinnen und Gegnern von Menschen mit Behinderungen, von Roma und Sinti und anderen Gruppen.

Am 3. Mai 2025 jährt sich ebenso zum 80. Mal die Befreiung des Konzentrationslagers Neuengamme. Es war das größte Konzentrationslager Norddeutschlands, das mit seinen Außenlagern mindestens 42.900 Todesopfer forderte. Gerade im Bezirk Bergedorf, auf dessen Gebiet sich das KZ Neuengamme befand, ist es unsere Verantwortung, sich an den Tag der Befreiung zu erinnern und gleichzeitig Verantwortung zu übernehmen, sodass die Bedeutung des Tages auch für kommende Generationen erfahrbar bleibt.

Der 8. Mai erinnert uns nicht nur an die unermesslichen Verbrechen des Nationalsozialismus, sondern mahnt uns auch eindringlich, welche Konsequenzen das Schweigen der Mehrheit, die Erosion demokratischer Prinzipien und die systematische Entmenschlichung von Minderheiten haben können. Gerade in Bergedorf tragen wir eine besondere Verantwortung. Die Geschichte verpflichtet uns nicht nur zum Erinnern, sondern zum aktiven Handeln. Das Gedenken am 8. Mai ist nicht nur ein Ritual, sondern es ist ein Bekenntnis und eine Haltung: Nie wieder Krieg. Nie wieder Faschismus. Es ist notwendig, sich einzumischen, wenn Menschen heutzutage diskriminiert werden. Es ist eine Aufforderung, sich klar zur Demokratie zu bekennen. Aus der Geschichte lernen wir, dass Freiheit, Frieden und Menschlichkeit keine

Selbstverständlichkeiten sind. Diese Werte müssen immer wieder neu verteidigt werden.

Gerade in diesen Tagen wird deutlich, dass rechtspopulistische und rechtsextreme Bewegungen auch in den Parlamenten die freiheitliche demokratische Grundordnung infrage stellen und beseitigen wollen. Unsere Demokratie steht unter Druck. Weltweit und auch in Deutschland gewinnen die autoritären, antidemokratischen und menschenfeindlichen Kräfte an Einfluss. Sie arbeiten mit Desinformation, Hasspropaganda und gezielten Angriffen auf das Vertrauen in unsere Institutionen. Dabei werden Grenzen des Sagbaren verschoben, Debattenräume verengt, Gewalt relativiert. Die historische Verantwortung für die Verbrechen der NS-Herrschaft wird relativiert oder gar geleugnet.

Diese Entwicklung ist gefährlich, nicht nur für Menschen, die ohnehin von Diskriminierung betroffen sind, sondern für die demokratische Gesellschaft als Ganzes. Rechte Narrative verfangen auch deshalb, weil soziale Unsicherheit zunimmt und sich viele Menschen von politischen Prozessen entfremdet fühlen. Umso wichtiger ist es, genau jetzt für demokratische Teilhabe, soziale Gerechtigkeit und einen respektvollen, solidarischen Umgang miteinander einzustehen. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, die offene Gesellschaft zu verteidigen, gegen Antisemitismus, Rassismus, Antifeminismus, Queerfeindlichkeit und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Für uns bedeutet das: Wir treten ein für eine vielfältige Gesellschaft, in der alle Menschen in Freiheit, Sicherheit und Würde leben können, unabhängig von Herkunft, Religion, Geschlecht oder sexueller Orientierung. Wir bekennen uns zur wehrhaften Demokratie, die nicht zuschaut, sondern handelt mit klarer Haltung und konkretem Engagement. Demokratie lebt von einer aktiven Zivilgesellschaft, von freien Medien, von einer lebendigen Debattenkultur und vom Mut, sich einzumischen.

Deshalb ist es unsere Verantwortung, sich an den Tag der Befreiung zu erinnern und gleichzeitig Verantwortung zu übernehmen, so dass die Bedeutung des Tages auch für kommende Generationen erfahrbar bleibt.

Petitum/Beschluss

Vor diesem Hintergrund beschließt die Bezirksversammlung:

1. Die Bezirksversammlung Bergedorf spricht sich aus für ein friedliches Miteinander und Füreinander, für Toleranz und Respekt gegenüber allen Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, für das aktive Eintreten für Grund- und Menschenrechte sowie das zivilgesellschaftliche Engagement gegen alle Formen von Rechtsextremismus, Rechtspopulismus, Diskriminierung, Rassismus, Antisemitismus und Gewalt. Sie bekennt sich zur wehrhaften Demokratie. Politische Auseinandersetzungen müssen auf Grundlage von Rechtsstaatlichkeit und im Geist des gegenseitigen Respekts geführt werden.

2. Die Bezirksversammlung Bergedorf gedenkt aller Opfer der NS-Diktatur und lehnt alle Versuche der Relativierung der Verbrechen durch die NS-Herrschaft ab.

3. Die Bezirksversammlung Bergedorf stellt sich gegen jede Form von Angriffen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung. Angriffe auf Engagierte, Journalist*innen, Amtsträger*innen oder zivilgesellschaftliche Organisationen duldet sie nicht. Ausgrenzungen, Diskriminierungen, Rassismus und Antisemitismus müssen durch eine wehrhafte Demokratie in den Parlamenten und außerhalb bekämpft werden. Besonders gefährdete Gruppen, etwa Geflüchtete, jüdische Gemeinden oder queere Menschen brauchen Schutz, Sichtbarkeit und Solidarität.

4. Die Bezirksversammlung setzt sich aktiv für die Stärkung demokratischer Strukturen ein. Politische Bildung, insbesondere für junge Menschen, muss gestärkt werden. Sie unterstützt Initiativen, die sich gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und jede Form von Menschenfeindlichkeit engagieren. Die Förderung von Debattenkultur und demokratischer Teilhabe ist für sie zentral.

5. Eine Zusammenarbeit mit extremistischen Gruppen und Organisationen, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Frage stellen oder unterwandern, schließt die Bezirksversammlung aus. Demokratische Kräfte müssen sich klar von solchen Positionen abgrenzen und ihnen keine Bühne bieten.

5. Parteien oder Akteur*innen, die extremistisches Gedankengut verharmlosen oder mittragen, können sich nicht glaubwürdig als Verteidiger*innen der Demokratie inszenieren. Wer Täter- und Opferrollen bewusst umkehrt, Geschichte relativiert und Hetze betreibt, trägt zur Spaltung und Radikalisierung bei. Die Bezirksversammlung stellt sich dem entschieden entgegen.

6. Die Bezirksversammlung steht an der Seite aller Menschen, die sich für Demokratie, Aufklärung und eine offene Gesellschaft einsetzen. Ihr Engagement verdient unseren Respekt, unsere Anerkennung und unsere solidarische Unterstützung.

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